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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman
Autoren: Patricia Cornwell
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überdurchschnittlich intelligent.«
    Marino schwieg.
    Ich murmelte: »Sein IQ lag gut über hundertzwanzig.« »Ja, ja«, sagte Marino ungeduldig.
    »Ich meine ja bloß.«
    »Quatsch. Sie nehmen solche Tests doch wohl nicht ernst, oder?«
    »Sie sind ein ganz passabler Anhaltspunkt.«
    »Aber sie sind nicht der Weisheit letzter Schluss.«
    »Stimmt, ich würde auch nicht behaupten, dass Intelligenzquotienten der Weisheit letzter Schluss sind«, stimmte ich zu.
    »Vielleicht ist es ganz gut, dass ich nicht weiß, wie hoch der meinige ist.«
    »Sie können Ihren Intelligenzquotienten immer noch ermitteln lassen, Marino. Es ist nie zu spät.«
    »Ich hoffe nur, dass er höher als meine verdammten Bowling- Ergebnisse ist. Das ist alles, was ich dazu bemerken möchte.«
    »Das wird wohl kaum möglich sein. Dazu müssten Sie schon ein verdammt mieser Bowlingspieler sein.«
    »Beim letzten Mal war ich das auch.«
    Ich nahm meine Brille ab und rieb mir vorsichtig die Augen. Mir war, als würde das Kopfweh, das ich hatte, niemals wieder vergehen.
    Marino fuhr fort. »Benton und ich können uns eigentlich nur vorstellen, dass Frankie Beryls Nummer aus dem Computer hatte und später auf diese Weise auch ihre Flüge herausfand. Wahrscheinlich hat er dem Computer entnommen, dass sie im Juli nach Miami geflogen war, nachdem sie das eingekratzte Herz an ihrer Autotür entdeckt hatte.«
    »Haben Sie irgendeine Vorstellung davon, wann er das gemacht haben könnte?«, unterbrach ich ihn und zog den Papierkorb näher heran.
    »Wenn Beryl nach Baltimore flog, ließ sie ihr Auto am Flughafen stehen, und das letzte Mal hat sie sich Anfang Juli dort mitMiss Harper getroffen, weniger als eine Woche bevor sie das Herz an der Tür entdeckte«, erwiderte er.
    »Dann hat er es vermutlich getan, während ihr Wagen am Flughafen stand?«
    »Was meinen Sie?«
    »Ich denke, das klingt sehr plausibel.«
    »Das denke ich auch.«
    »Dann flog Beryl nach Key West.« Ich nahm meinen Angriff auf die Post wieder auf. »Und Frankie überprüfte am Computer, ob sie schon ihren Rückflug gebucht hatte. Und daher wusste er so genau, wann sie zurückkommen würde.«
    »In der Nacht des 29. Oktober«, sagte Marino, »hatte Frankie alles schon vorbereitet. Es war kinderleicht. Er hatte freien Zugang zum Gepäck der Passagiere, und wahrscheinlich hatte er die Koffer bereits durchgesehen, als sie aus dem Flugzeug auf das Transportband umgeladen wurden. Als er die Tasche mit Beryls Namensschild fand, nahm er sie an sich. Etwas später meldete sie, dass sie ihre Reisetasche aus braunem Leder nicht finden konnte.«
    Marino brauchte nicht erst zu erwähnen, dass das genau derselbe Trick war, den Frankie auch bei mir angewandt hatte. Frankie wusste, wann ich aus Florida zurückkommen würde. Er schnappte sich meinen Koffer. Und als er dann an meiner Tür erschien, ließ ich ihn herein.
    Der Gouverneur lud mich zu einem Empfang ein, der aber schon vor einer Woche stattgefunden hatte. Ich vermutete, dass Fielding für mich hingegangen war. Die Einladung landete jedenfalls im Papierkorb.
    Marino erzählte mir inzwischen, was die Polizei alles in Frankie Aims’ Apartment in der Northside gefunden hatte. In seinem Schlafzimmer stand Beryls Reisetasche, und darin befanden sich ihre blutige Bluse und ihre Unterwäsche. In einer Truhe, die Frankie als Nachttisch diente, lag eine Sammlung von Gewaltporno-Magazinen und ein Sack mit kleinen Schrotkugeln, die er in das Rohrstück gefüllt hatte, mit dem er Cary Harper denSchädel einschlug. Aus derselben Truhe kam auch ein Umschlag zum Vorschein, der Kopien von Beryls Computerdisketten beinhaltete, die immer noch mit Klebeband zwischen zwei starken Pappen befestigt waren, sowie die Fotokopie von Beryls Manuskript, unter der sich auch die verwechselte Anfangsseite von Kapitel fünfundzwanzig aus dem Original befand, das Mark und ich gelesen hatten. Benton Wesley vermutete, dass Frankie im Bett saß, Beryls Manuskript las und gleichzeitig die Kleider berührte, die sie bei dem Mord getragen hatte. Vielleicht war das so. Mit Sicherheit wusste ich allerdings, dass Beryl nie eine Chance gehabt hatte. Als Frankie vor ihrer Tür stand, hatte er ihre lederne Reisetasche dabei und gab sich als Kurier aus. Selbst wenn sie sich an ihn von der Nacht her, in der er Cary Harpers Gepäck zum Haus der McTigues brachte, erinnert hätte, wäre das kein Grund für sie gewesen, Verdacht zu schöpfen, genauso wie ich erst in dem Moment Verdacht
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