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Fluch des Magiers

Fluch des Magiers

Titel: Fluch des Magiers
Autoren: Sandra Melli
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schrien beide vor Schmerz.
    Zwar gelang es Erulim noch, den Falken abzuschütteln, doch das Verhängnis nahm seinen Lauf. Das Blau des magischen Tieres fraß sich rasend schnell in ihn hinein und traf seinen innersten Kern. Er hatte seine jetzige Gestalt bereits weit über die Zeit besessen, die normalerweise zwischen seinen Verwandlungen lag, und so reagierte sein Körper mit ungewohnter Heftigkeit. Verzweifelt stemmte er sich gegen die Umfärbung, doch die Kraft seiner Natur war stärker als sein Wille. Er stieß einen Schmerzensschrei aus, der grauenvoll von den Bäumen des Eirun-Waldes widerhallte. Sofort wandten alle Augen sich ihm zu, und er konnte auf ihren Gesichtern lesen, was sie sahen.
    Erulims Körper war zu einem Zerrbild seiner selbst geworden. Zwar ähnelte seine Gestalt noch einem Eirun, doch bildete sich bereits der Schwanz, den er als Schlangenmensch besaß. Auch flammte das Blau in ihm immer stärker auf und verbrannte Zelle für Zelle das Grün.
    »Warum muss das ausgerechnet jetzt passieren? Ich hatte den Sieg doch schon in der Tasche!«, stieß er hervor und überlegte verzweifelt, was er noch tun konnte. Da sein Geist bereits mehr blau als grün strahlte, war es ihm unmöglich, die Eirun noch einmal zu beeinflussen. Er würde sie damit nur endgültig betäuben und Laisavaneh und deren Helfern die Chance bieten, ihn zu fangen. Doch das durfte nicht sein.
    Unterdessen hatte Laisa Helesian an sich gezogen und begann, ihr das Grün aus dem Kopf zu lösen. Sie bekam auch etliches Blau mit, das von Rogon stammte, doch gelang es ihr, die beiden Farben mit ihrer eigenen Magie zu trennen und sie auf eine ihr unbegreifliche Weise in Weiß umzufärben.
    Schon nach kurzer Zeit kam Helesian wieder zu Bewusstsein und begriff, was geschehen war. Voller Grauen beugte sie sich über ihren verletzten Bruder und schloss ihn in die Arme. Durch die Kraft ihres Willens lösten sich die Pfeile aus seinem Körper, und die Wunden schlossen sich.
    »Das kann doch nicht sein, Bruder?«, fragte sie Heleandhal. »Erulim war doch unser Freund!«
    »Er ist ein Verräter und ein Lump, der die Reiche der Menschen gegeneinanderhetzt«, antwortete Heleandhal mit schwacher Stimme. »Wir werden ihn fangen und dem weißen Evari ausliefern, damit wieder Frieden auf unserer Seite herrscht.«
    »Aber was geschieht jetzt mit ihm? Ist dies eine Waffe deiner Begleiter?« Für einen Augenblick empfand Helesian Mitleid mit Erulim, der sich oben schmerzerfüllt auf der Plattform vor dem Haus wälzte.
    Laisa roch die beiden Magien, die in Erulim tobten, und schüttelte den Kopf. »Der Kerl besteht aus zwei Farben, die er wechseln kann, nämlich Grün und Blau. Als Grüner tritt er als der Eirun Erulim auf, und als Blauer …«
    »… ist er der Gestaltwandlermagier Gayyad!«, vollendete N’ghar ihren Satz. Er hatte Gayyad mehrmals getroffen und erkannte jetzt dessen Magie.
    »… und ganz sicher auch Frong«, ergänzte Laisa, die das verbrannte Blau wahrnahm, mit dem sie es das erste Mal in T’wool zu tun bekommen hatte.
    »Der ist er auch – in seiner menschlichen Gestalt. Ich habe den Kerl die letzten drei Jahre gejagt und weiß bereits einiges über ihn. Doch niemals hätte ich erwartet, dass die Wahrheit so unglaublich sein könnte. Wir sollten ihn gefangen nehmen, denn er ist immer noch gefährlich.«
    N’ghar wandte sich dem Baum zu, in dessen Krone Erulims Haus hing. Reodendhor, Arelinon und einige andere, deren Köpfe inzwischen frei von Fremdmagie waren, folgten ihm.
    Trotz seiner fürchterlichen Schmerzen begriff Erulim, dass es ihm an den Kragen gehen würde, wenn er sich nicht ein letztes Mal aufraffte, etwas zu tun, bevor ihn die Schmerzen ohnmächtig werden ließen. Seine Hand tastete bereits zu seinem Versetzungsartefakt. Doch da begriff er, dass er niemals mehr Ruhe haben würde, wenn er Laisavaneh Baragain am Leben ließ. Auch das verschiedenfarbige Gesindel, das sie um sich versammelt hatte, musste sterben – und die Eirun dieses Waldes gleich mit dazu.
    Erulims Blick suchte den Heiligen Baum von Gilthonian, der höher als jeder andere Baum in den Dämmerlanden aufragte und dem diesseits des Stromes nur die Heiligen Bäume von Marandhil und Gimloth nahekamen. Zum Glück hatte er für den Fall vorgesorgt, dass sich die Gilthonian-Eirun einmal gegen ihn wenden würden.
    »Ihr glaubt, mich besiegt zu haben!«, rief er mit knirschender Stimme. »Dabei seid ihr doch nur Narren, die ihrem eigenen Untergang entgegengehen.
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