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Flowertown - Die Sperrzone

Flowertown - Die Sperrzone

Titel: Flowertown - Die Sperrzone
Autoren: S.G. Redling
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umfassend.«
    Sie blätterte weiter durch die Akte, als suche sie etwas, klappte den Ordner dann zu, presste ihn gegen die Brust und schaute auf Ellie. »Ich kann nirgends einen Vermerk über Angehörige im Lagerbezirk finden. Sind ihre Daten korrekt?«
    »Das sind sie.« Ellie saß jetzt ganz still und schwor sich, dass sie Dr. Lavange treten würde, wenn sie ihren Kopf nur noch einen Zentimeter weiter nach unten bewegte. Lavange rührte sich nicht. »Ich stamme nicht aus Iowa.«
    »Darf ich fragen, wie es dazu kam, dass Sie sich in dieser Gegend aufhielten?«
    »Sie meinen in der kontaminierten Zone? Sie können es ruhig so nennen, Doktor Lavange. Das tun wir alle. Wir wissen alle, warum wir hier sind.«
    Dieses Mal ließ sich die ältere Frau nicht provozieren. Ellie wünschte, sie könnte den anderen Little-Debbie-Kuchen essen, der in ihrer Handtasche war, um nicht weiter reden zu müssen.
    »Ich bin aus Pennsylvania. Aus der Nähe von Hershey.«
    »Lebt Ihre Familie noch dort?«
    »Ja. Anfangs mieteten meine Eltern eine Wohnung in Iowa City. Sie und meine Schwestern blieben abwechselnd dort, um mich zu besuchen, damals, als man die Anzüge und den ganzen Kram noch benutzte. Na ja, meine Mutter kam nie, zu Besuch, meine ich. Sie konnte mit dem Anzug und allem anderen nicht umgehen.«
    Lavange nickte und hielt den Ordner noch immer an sich gedrückt. »Und kommen sie immer noch zu Besuch? Die Reinräume sind in den letzten zwei Jahren viel besser geworden.« Als Ellie nicht antwortete, fragte Dr. Lavange: »Haben Sie noch Kontakt?«
    Ellie spürte, wie sich ihr die Kehle zusammenschnürte und die graue, pelzige Panik zurückkehrte. »Na ja, wissen Sie, alle haben sie Kinder und so weiter. Wir schreiben E-Mails, wenn es klappt.« Sie schlug mit dem Fuß gegen ein Bein der Liege. Der Rhythmus beruhigte sie. Lavange sagte nichts und ließ sie weiter schlagen, tapp-tapp-tapp, bis Ellie nicht mehr anders konnte und einfach lossprudelte.
    »Ich hätte eigentlich gar nicht hier sein sollen. Ich hatte meinen Job gekündigt. Werbebranche. Ich hatte einen gut bezahlten Job in Chicago, aber ich hasste ihn, also entschieden mein Freund Josh und ich, Geld zur Seite zu legen und den Sommer über nach Spanien zu reisen. Meine Eltern waren stinksauer. Sie sagten, dass ich meine ganze Ausbildung wegwarf und meine Karriere zerstörte, aber wenn ich an die Zukunft dachte, dann konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, die nächsten vierzig Jahre damit zu verbringen, demografische Studien durchzukauen und Jingles testweise zu vermarkten.« Die Worte überschlugen sich, sodass Ellie Mühe hatte, Atem zu holen, aber sie konnte ihre Gedanken nicht anhalten.
    »Ich hatte schon gepackt. Ich hatte schon gepackt.« Ihr Fuß schlug gegen den Tisch. »Ich hatte all meinen Krempel in meinem Kofferraum und wir besuchten Joshs Eltern für den einen Monat vor unserer Abreise, draußen an der Blair’s Branch Road, am äußersten Ende des Landkreises. Sie hatten so eine bezaubernde kleine Farm. Und wissen Sie, was echt komisch ist? Ich weiß noch, wie ich dachte: ›Oh Gott, es ist so schön hier, warum lassen wir Spanien nicht einfach sausen und bleiben hier?‹ Ist das nicht komisch?« Ellie atmete hektisch ein und verknotete ihre Knöchel, um das nervöse Trommeln zu unterbinden. Sie musste ihre Hände unter die Schenkel schieben, damit ihre Finger nicht weiter zuckten. Nach einem weiteren Atemzug, der diesmal etwas ruhiger ausfiel, normalisierte sich ihr Tonfall wieder. »Also, langer Rede kurzer Sinn: Nein, ich habe kein Angehörigen hier.«
    »Und Ihr Freund Josh und seine Familie?«
    Ellie grinste sie noch einmal höhnisch an. »Sie scheinen mit der Gegend nicht vertraut zu sein. Blair’s Branch Road liegt direkt neben dem Furman Creek. Das, was Ihre Leute gerne als das Epizentrum des Vorfalls bezeichnen.«
    Die Laborantin, an die Lavange Ellie übergeben hatte, stach in Ellies Finger, als wollte sie ihr persönlich wehtun, aber Ellie wich nicht zurück. Sie brauchten nur einen Tropfen Blut, und ihr Finger erfüllte die Anforderung. Bing hatte ihr einmal erzählt, dass die Therapiemedikamente einen Blutverdünner enthielten, damit es leichter fiele, die regelmäßigen Blutproben abzuzapfen. Ellie hatte sich damals nicht darum geschert und scherte sich jetzt noch viel weniger darum. In Flowertown hatte jeder andauernd Blutergüsse oder Nadelstiche an Armen, Händen oder Füßen. Die Laborantin unterzeichnete das blaue Formular,
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