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Florian der Geisterseher

Florian der Geisterseher

Titel: Florian der Geisterseher
Autoren: Oliver Hassencamp
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zu Madame geleitet. Florian schloß die Tür des Wandschränkchens und ging weiter in die Küche.
    „Da bist du ja!“ Agathes Stimme klang überhaupt nicht überrascht.
    „Hast du dich konzentriert, daß ich kommen soll?“ fragte er.
    „Viel einfacher.“ Sie lächelte. „August hat mir gesagt, daß du kommst.“
    „Wir müssen noch viel üben“, erwiderte Florian. „Ich hab dich gestern dauernd angepeilt, um es dir zu sagen.“
    „Gestern hatte ich keine ruhige Minute!“ erklärte sie.
    Er nickte verständnisinnig. „Ich hab auch bewegte Tage hinter mir. Mann, o Mann!“ Er holte die Fotos aus der Tasche und legte sie nebeneinander auf den Küchentisch.
    „Sind ja großartig scharf!“ lobte Agathe. „Endlich mal brauchbare Bilder von mir. Danke, Flori ! Leg sie bitte in die Schublade. August braucht sie nicht zu sehen.“
    Florian entsprach ihrem Wunsch. „Eins hab ich behalten“, sagte er.
    „Soso.“ Sie stellte Teller auf das große Tablett, Florian holte Besteck und trug es, ohne ein Wort darüber zu verlieren, hinaus zum Tischdecken.
    An Tisch drei saß eine dürre Dame und beobachtete ihn. „Du bist mal ein Musterknabe!“ näselte sie. „Wem gehörst du denn?“

    „Mir“, antwortete Florian. „Ich bin mein eigenes Eigentum!“ Und er folgte Agathe zum nächsten Tisch. Vielleicht täuschte sich Florian, aber irgendwie kam sie ihm verändert vor, ernster, als ob sie etwas bedrücke.
    „Das hast du prima gemacht, Flori !“ raunte August plötzlich hinter ihm. „Meine Lieblingsmarke. Wenn du mich brauchst, ich bin bei den Pferden. Die sind heute so unruhig.“
    „Okay“, antwortete Florian und folgte Agathe in die Küche. Dort nahm er sich ein Messer, holte ihr Schnittlauch und Petersilie aus dem Garten und erzählte die ganze Geschichte mit der Klassenarbeit. Samt allen Folgen. Dabei ging er auf und ab und schaute immer wieder hinaus in die Diele. Mitten in einem Satz sagte er: „Moment!“ und verließ die Küche.
    Lehrer Hempel war aus Tante Theklas Zimmer gekommen, blieb in der Diele stehen und wischte sich die Stirn ab. „Schwül ist das heute!“ sagte er erschöpft. „Kann ich... kann ich mal telefonieren?“
    Florian ging zum Apparat an der gegenüberliegenden Wand, nahm den Hörer ab und drückte den weißen Knopf. Jetzt ruft er seine Frau an! schloß er und schlenderte zurück zur Küche, jedoch nicht außer Hörweite.
    „Hallo, Schnuckchen, ich bin’s!“ flötete Hempel. „Du... es... es war überwältigend. Diese Frau...! Ich soll mich nicht operieren lassen, hat sie gesagt. Nur Diät halten, ein halbes Jahr. Dann wird alles wieder gut. Ja, und... Halt dich fest: Du bekommst Zwillinge! Und in fünf Jahren haben wir unsere eigene Schule! Was sagst du dazu, Schnuckchen?“
    Florian grinste. Hört sich ziemlich schwachsinnig an, wenn ein Lehrer „Schnuckchen“ sagt!
    Langsam schlenderte er wieder vor und kam gerade recht, als Hempel einhängte, sich umdrehte und ihm die Hand entgegenstreckte: „Florian, ich danke dir für deinen Streich mit der Klassenarbeit! Der hat eine entscheidende Weiche in meinem Leben gestellt. Jetzt verstehe ich, daß du das ausprobieren wolltest! Deine Tante hat wirklich die Gabe der Prophetie. Den Streich vergessen wir!“ Er sah auf seine Uhr. „Wenn wir gleich starten, sind wir zum Mittagessen pünktlich zu Hause.“
    „Ich bleibe noch“, antwortete Florian.
    „Aber ich hab doch deinen Eltern versprochen, daß ich dich wieder mitbringe, und Ich muß sofort zurück.“ Jetzt war Hempel wieder ganz Lehrer.
    Vertraulich klopfte ihm Florian auf die Schulter. „Fahren Sie nur! Meine Tante kann mich ja bringen oder meine Eltern kommen mich holen.“
    „Hm. Morgen ist Sonntag“, dachte der Lehrer laut. „Aber versprich mir, daß du sofort zu Hause anrufst.“
    „Okay.“ Florian ging zum Apparat. „Überzeugen Sie sich selbst.“
    Während er wählte, schaute der Lehrer auf die Uhr und konnte seine Ungeduld kaum zügeln. Florian wählte entsprechend langsam und genoß die Sekunden.
    „Besetzt“, sagte er und wählte noch einmal. Vier Klingelzeichen dauerte es, bis die Mutter sich meldete. Florian faßte sich sehr kurz: „Hallo... äh... Herr Doktor Hempel muß sofort zurück. Ich bin bei Tante Thekla zum Essen eingeladen. Ich rufe dann noch mal an. Wiedersehn.“
    Der Lehrer schmunzelte: „Das war keine Bitte, das war eine Meldung.“ Er klopfte Florian auf den Rücken und ging mit ihm zum Wagen. „Einzelheiten erzähle ich dir
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