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Florentinerpakt

Florentinerpakt

Titel: Florentinerpakt
Autoren: Gmeiner Verlag
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letzten Jahren ihres Berufslebens noch mehr Verantwortung zu übernehmen.
»Ich habe als Lehrling in diesem Unternehmen begonnen«, pflegte sie Gespräche
zu diesem Thema einzuleiten und gleichzeitig auch zu beenden. »Und jetzt bin
ich stellvertretende Filialleiterin und habe Handlungsvollmacht. Das ist mehr,
als ich je zu träumen gewagt hätte.« Und damit basta.
    Heute Morgen hatte sie Garber leicht vorwurfsvoll angesehen
und dabei unmerklich den Kopf geschüttelt. Komisch, war es ihm durch den Kopf
gegangen, dass es diese Frau immer wieder schaffte, mit kleinsten Gesten und
Andeutungen bei ihm ein schlechtes Gewissen hervorzurufen. Dabei war sie nur
wenig mehr als drei Jahr älter als er.
    Mit einem knappen »Guten Morgen« war er in seinem Büro
verschwunden, hatte sich rasiert, die Zähne geputzt und ein frisches Hemd
angezogen. Dann waren ihm noch drei Minuten geblieben, um sich auf seinen
ersten Termin vorzubereiten.
    Eineinhalb Stunden, einen Liter Mineralwasser und zwei große
Braune sowie drei Kopfwehpulver später ging es Garber schon viel besser.
Während er eine Pause zwischen zwei Gesprächen dazu nutzte, die Tageszeitungen
durchzusehen, summte er entspannt vor sich hin. ›Summertime‹ aus Gershwins Oper
›Porgy and Bess‹. Warum ihm gerade dieses Thema durch den Kopf ging, eine Woche
vor Weihnachten und bei Außentemperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, konnte
er nicht sagen. Es war ihm aber auch egal, wichtig war, dass er sich wieder
einigermaßen wohlfühlte. Daran war sicher auch der Umstand schuld, dass sich
Doris heute noch nicht gemeldet hatte. Telefonisch und um sich ›kritisch mit
ihm auseinanderzusetzen‹, wie sie ihre tägliche Keiferei euphemistisch zu
bezeichnen pflegte. Auch gut, er konnte gerne darauf verzichten. Und das nicht
nur heute. Er begann gerade, ›Ol’ man river‹ zu summen, als Inge Wagleitner,
seine Sekretärin, das Büro betrat und ankündigte, dass ihn zwei Herren von der
Kriminalpolizei sprechen müssten. Und zwar dringend.
    Leicht irritiert ließ Garber bitten.

     
    *
    Dank der Mithilfe Hedda Hebsacks, die den Garbers schon
länger als zehn Jahre den Dreck wegräumte und mehr über das Paar wusste, als
diesem wahrscheinlich bewusst und sicher auch lieb war, war Major Brandtner
bald in der Lage, eine erste Einschätzung der Lage vorzunehmen.
    Obwohl die offizielle Identifizierung der schrecklich
zugerichteten Leiche natürlich noch nicht erfolgt war und es darüber hinaus
fraglich war, ob eine solche ohne Beiziehung zahnmedizinischer Unterlagen
überhaupt möglich sein würde, stand mit ziemlicher Sicherheit fest, dass es
sich dabei um Doris Garber handelte.
    Da war zum einen ein relativ neuer Silberfuchsmantel, den der
Hausherr seiner Frau nach Aussagen der Hebsack zum 50. Geburtstag im Oktober
geschenkt hatte. Gut, das teure Stück, das die Explosion erheblich besser
überstanden hatte als seine Trägerin, konnte natürlich auch gestohlen worden
sein. Oder es handelte sich um einen anderen Mantel, der dem Frau Garbers sehr
ähnlich sah. Aber dass der gestohlene oder ein anderer, zum Verwechseln gleich
aussehender Mantel dieser Art dann ausgerechnet hier auftauchen sollte, wäre
doch etwas zu viel des Zufalls gewesen.
    Da war auch noch der Schmuck, der sich an den Händen, Armen
und um den Hals der Leiche befand und von der Putzfrau als Eigentum Frau
Garbers erkannt worden war. Auch der Hausschlüssel, der sich noch in der zur
Faust verkrampften Hand des knapp unterhalb der Schulter abgetrennten linken
Arms befand, wie auch die Schlüssel für den vor dem Grundstück parkenden BMW
sprachen eine deutliche Sprache. Brandtner beschloss, bis auf Widerruf davon
auszugehen, dass es sich bei dem Opfer um Frau Garber handelte.
    Die zweite Melange, die der Kriminalist der zunächst noch
etwas unter auskunftshinderlicher Loyalität leidenden Putzfrau spendierte,
erwies sich als hervorragende Investition. Plötzlich brachen alle Dämme bei der
rüstigen Pensionistin, und die Informationen sprudelten aus ihr heraus wie der
Strokkur Geysir auf Island.
    »Ma soll ja aner Totn nix Schlechts nachsagn«, war Frau
Hebsack zwar bewusst, »aba die gnä Frau war schon a Gfrast. Wanns mi schon wie
den letzten Dreck behandelt, bitte, i bin ja in ihren Augen nur a bledes
Proletenweib gwesn. Aba wie die mitm Herrn Direktor umgsprungen is, na servas.«
Sie schüttelte den Kopf. »Wieso sie der des gfalln hat lassn, wird ma ewig a
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