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Flöte und Schwert

Flöte und Schwert

Titel: Flöte und Schwert
Autoren: Christoph Lode
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einmal Kajas Licht. Trojus hielt die Lampe wirklich für ein harmloses, kleines Spielzeug. Von ihrer verborgenen Macht ahnte er nicht das Geringste. Ein verschmitztes Grinsen huschte über Dunaris’ Gesicht. Von ihm würde der Kaufmann die Wahrheit nicht erfahren. Er musste es schon selbst herausfinden.
    „ Dum “, murmelte er. Das Leuchten erstarb, und Dunaris ging die Stufen hinunter.
    Die ersten Sonnenstrahlen des Morgens tasteten über die spiegelglatte Oberfläche des Meeres. Kaman-Share stand ein weiterer heißer Tag bevor.

DER FLÖTENSPIELER
     
    „Sie ist sehr schön.“
    Langsam ging der Fremde um Nadirah herum und ließ seinen Blick über ihren Körper gleiten. Nadirah ertrug es schweigend, und Omar sah, dass der Stolz in ihren Augen noch nicht gebrochen war.
Sie ist so viel stärker als ich
, dachte er. Die Männer des Sklavenhändlers hatten ihr blaues Kleid zerrissen und sie gezwungen, einen Fetzen anzuziehen, der die Rundungen ihrer Brüste und Hüften kaum verhüllte. Omar ballte die Fäuste, und die eisernen Ringe schnitten ins Fleisch seiner Handgelenke. Mühsam bezwang er seinen Zorn; Nadirah wäre nicht geholfen, wenn er tobte, den Sklavenhändler verfluchte und an den Ketten riss.
    Der Fremde, ein blasser Mann mit schwarzem Haar und geflochtenem Bart, wandte sich an den Sklavenhändler. „Ist sie noch Jungfrau?“
    „Nein“, sagte der Sklavenhändler mit einer Stimme, die ohne jede Leidenschaft war. Er trug einen prächtigen Kaftan aus purpurnem Tuch, der nicht so recht zu seinem vernarbten Gesicht und kahlen Kopf passte. „Dieser Kerl“ – er nickte in Omars Richtung – „hat ihre Jungfräulichkeit genommen. Aber sie hat andere Vorzüge. Gewiss kann sie Euch in jeder erdenklichen Weise zu Diensten sein.“
    Der Blick des Sklavenhändlers weckte das Interesse des Fremden. Das schwarze Tuch seiner Kandora strich über den Boden, als er näher kam. Das Gewand verströmte den schwachen Duft von Sandelholz, und sein Atem roch nach Minze.
Wie bei den reichen Kaufleuten Mekkas
, kam es Omar in den Sinn.
    Der Fremde musterte ihn. „Was kannst du?“
    Omar hielt dem Blick stand und schwieg. Er wusste, wenn er den Mund öffnete, würde er dem Fremden ins Gesicht spucken.
    „Antworte!“, zischte der Sklavenhändler und schwang mit einer knappen Bewegung die Peitsche. Fünf dünne Lederriemen rissen Omars Wange auf. Keuchend vor Schmerz warf er den Kopf zur Seite und kämpfte gegen die Tränen an, vergeblich. Er hasste sich für seine Schwäche. „Musizieren“, sagte er leise, „und Kochen.“
    Die Andeutung eines Lächelns ließ die Mundwinkel des Fremden zucken. „Sieh an, ein singender Koch.“ Er blickte den Sklavenhändler an. „Wie viel verlangst du?“
    „Zwölf Dirhem.“
    „Das ist der Preis einer Jungfrau. Ich gebe dir acht für das Mädchen und einen halben für den Koch. Mehr ist er nicht wert.“
    Der Ausdruck in den Augen des Sklavenhändlers wurde hart, doch ein Zornesausbruch blieb aus. „Ja, Herr.“ Er neigte leicht den Kopf. „Es ist mir stets eine Ehre, mit Euch Geschäfte zu machen.“
    „Du bist ein Sklavenhändler, also sprich nicht von Ehre.“ Der Fremde wandte sich ab und ging mit raschelnden Gewändern zum Ausgang des Zelts. „Mein Diener hält das Silber für dich bereit“, sagte er, bevor sich die Zeltplane hinter ihm schloss.
     
    „Steh auf, Sklave, oder wir lassen dich als Futter für die Hyänen zurück!“
    Ein schwerer Stiefel trat ihn in die Seite. Omar spürte den Schmerz kaum. Die erbarmungslose Hitze, der Durst, die Erschöpfung und die Peitschenhiebe hatten seine Empfindungen schon vor vielen Stunden abgetötet. Undeutlich hörte er die Stimmen der Männer.
    „Er ist ein Schwächling. Schneidet ihm die Kehle durch.“
    „Du bist ein Narr, Mutazz! Der Herr hat einen halben Dirhem für ihn bezahlt.“ Eine Hand rüttelte Omar an der Schulter. „Bei Allah, steh endlich auf!“
    Es wäre so einfach gewesen, hier liegen zu bleiben. Doch er durfte nicht aufgeben. Er musste überleben, um Nadirah wiederzusehen! Omar spuckte den Sand aus, sammelte seine Kräfte und stemmte sich hoch. Der Hauptmann gab ihm den Wasserschlauch. Omar trank gierig, obwohl das Wasser warm und abgestanden schmeckte.
    Kurz darauf setzten sie den Weg durch die Dünen fort. Noch immer zeigte sich am azurblauen Himmel keine Wolke; keine Brise machte die Hitze erträglich. Es war Abend, und er begann, die Kühle der Nacht herbeizusehnen. Die Männer schienen nicht weniger
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