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Flinx

Flinx

Titel: Flinx
Autoren: Alan Dean Foster
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Plattform durch. Der Junge achtete nicht auf sie; seine Augen fuhren fort, die gleichgültige Menge abzusuchen.
    »Bitte meine Damen und Herren und sonstige Geschöpfe«, bat die Beamtin auf der Plattform, »ist denn niemand von Ihnen bereit, diesem gesunden Jungen ein Zuhause zu bieten? Ihre Regierung bittet Sie darum; die Zivilisation fordert es von Ihnen. Heute haben Sie die Chance, gleich zwei gute Taten auf einmal zu begehen; eine für Ihren König und die andere für diesen unglücklichen Jungen.«
    »Ich würde für den König schon gern eine gute Tat verrichten«, sagte eine Stimme aus der Menge, »und zwar dort, wo sie ihm am meisten gut tun würde.«
    Die Beamtin warf dem Zwischenrufer einen zornigen Blick zu, sagte aber nichts.
    »Was ist denn das niedrigste Gebot?« Ist das meine Stimme? dachte Mutter Mastiff verblüfft.
    »Bloße fünfzig Credits, Madam, um für die Verpflichtungen der Abteilung aufzukommen, und der Junge gehört Ihnen. Dann können Sie für ihn sorgen.« Sie zögerte und fügte dann hinzu: »Wenn Sie glauben, dass Sie mit einem so aktiven Jungen wie diesem zurande kommen.«
    »Ich bin zu meiner Zeit mit genügend Jungs zurande gekommen«, erwiderte Mutter Mastiff knapp. Die amüsierte Menge reagierte mit ein paar zustimmenden Rufen. Sie studierte den Jungen, der jetzt wieder auf sie herunterblickte. Das Gefühl der Übelkeit, das sie kurzzeitig empfunden hatte, als ihre Blicke sich zum erstenmal begegnet waren, stellte sich nicht wieder ein. Das war schon das fette Essen, dachte sie, ich muss besser aufpassen, was ich brate.
    »Fünfzig Credits also«, sagte sie.
    »Sechzig.« Die tiefe Stimme, die irgendwo hinten aus der Menge dröhnte, riss sie aus ihren Gedanken.
    »Siebzig«, reagierte Mutter Mastiff automatisch. Die Beamtin auf der Plattform warf einen schnellen Blick in die Menge.
    »Achtzig«, tönte der unsichtbare Konkurrent.
    Mit Konkurrenz hatte sie nicht gerechnet. Es war eine Sache, um einen vernünftigen Preis einem Kind etwas Gutes zu tun. Sich unvernünftige Kosten aufzuladen, war da etwas ganz anderes.
    »Neunzig - verflucht sollen Sie sein«, sagte sie. Sie drehte sich um und versuchte, ihren Widersacher auszumachen, konnte aber nicht über die Köpfe der Menge hinwegsehen. Die Stimme, die gegen sie bot, war männlich, kräftig und durchdringend. Was, zum Teufel, konnte der Besitzer einer solchen Stimme mit einem solchen Kind schon vorhaben? dachte sie.
    »Fünfundneunzig«, konterte die Stimme.
    »Danke, danke. Die Regierung dankt Ihnen beiden.« Tonfall und Ausdruck der Beamtin waren sichtlich freundlicher geworden. Die lebhaften und völlig unerwarteten Gebote für den rotschöpfigen Knirps hatten ihre Langeweile und ihre Besorgnis gelindert. Wenn das so weiterging, würde sie ihrem Vorgesetzten eine bessere Abrechnung als üblich vorlegen können. »Gegen Sie ist geboten, Madam.«
    »Der Teufel soll das Gebot holen«, murmelte Mutter Mastiff. Sie schickte sich schon an wegzugehen, aber da war etwas, das sie zurückhielt. Sie verstand sich ebensogut auf Menschen wie auf die Ware, die sie an sie verkaufte, und an diesem Jungen war irgend etwas Besonderes - wenn sie auch nicht genau sagen konnte, was, was ihr wiederum als ungewöhnlich vorkam. Aber am Ungewöhnlichen war auch immer Profit zu machen. Und außerdem rührte dieser traurige Blick an einen Teil ihres Wesens, den sie gewöhnlich verborgen hielt.
    »Oh, zur Hölle, dann eben hundert, und zum Teufel damit!« Sie brachte es kaum fertig, die Zahl auszusprechen. Ihre Gedanken kreisten wie wild. Was machte sie da bloß, warum vernachlässigte sie ihr gewöhnliches Geschäft, ließ sich hier vom Regen aufweichen und bot für ein Waisenkind? Ihre mütterlichen Instinkte waren es doch ganz bestimmt nicht, die hier angeregt wurden. Gott sei Dank hatte sie ihr ganzes Leben lang niemals auch nur den Hauch von mütterlichen Instinkten verspürt.
    Sie wartete auf ein dröhnendes ›Einhundertfünf‹, hörte statt dessen aber, wie sich hinten in der Menge etwas regte. Sie reckte den Hals, versuchte, etwas zu sehen, und verfluchte ihre Gene, die dafür gesorgt hatten, dass sie so klein geblieben war. Schreie waren zu hören, dann wütende Rufe und laute Flüche aus einem Dutzend verschiedener Kehlen. Jetzt konnte sie zu ihrer Linken hinter dem Ornithorpen, der hinter ihr stand, die purpurne Uniform von Gendarmen sehen, deren Slickers im schwachen Licht glänzten. Die Gruppe schien sich mit größerem Tempo zu bewegen, als
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