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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen
Autoren: Terry Pratchett
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und eilte mit zwei gro-
    ßen Paketen herbei.
    »Das hat meine Frau extra für euch gekocht«, sagte er. »Angeblich
    wußte sie, daß ihr vorbeikommt«, fügte er hinzu.
    Colon öffnete eins der Pakete.
    »Potzblitz«, sagte er.
    »Eine klatschianische Ankh-Morpork-Spezialität «, sagte Herr Goriff. »Be-stehend aus gelbem Currypulver, großen Kohlrübenstücken, grünen
    Erbsen und weichen Sultaninen, so groß wie…«
    »… so groß wie Eier!« entfuhr es Nobby.
    »Herzlichen Dank«, erwiderte Colon. »Wie geht es deinem Sohn, Herr
    Goriff?«
    »Er meint, ihr hättet ihm ein Beispiel gegeben. Er will ebenfalls Wäch-
    ter werden, wenn er groß ist.«
    »Oh, gut«, entgegnete Colon fröhlich. »Das wird Herrn Mumm freuen.
    Sag ihm…«
    »In Al-Khali«, fuhr Goriff fort. »Er wohnt dort bei meinem Bruder.«
    »Oh. Na schön. Äh… danke für das Essen.«
    »Was für ein Beispiel meinte er wohl?« fragte Nobby, als sie weitergin-
    gen.
    »Ein gutes, natürlich«, antwortete Colon und kaute ein mäßig gewürz-
    tes Kohlrübenstück.
    »Oh, ja.«
    Sie genossen die Mahlzeit, wanderten noch etwas langsamer und näher-
    ten sich den Docks.
    »Ich schreibe Bana einen Brief«, sagte Korporal Nobby nach einer
    Weile.
    »Ja, aber… sie hat dich für eine Frau gehalten, Nobby.«
    »Stimmt. Sie… äh…hat mein inneres Selbst gesehen, frei von…«
    Nobbys Lippen bewegten sich lautlos, als er nach den richtigen Worten
    suchte. »Frei von allen Äußerlichkeiten. Das meinte Angua. Wie dem
    auch sei: Ich dachte, daß jetzt ihr Verlobter heimkehrt, und deshalb
    möchte ich großzügig sein und sie ihm überlassen.«
    »Weil er sich als großer, ziemlich kräftig gebauter Bursche herausstellen
    könnte, nicht wahr?« fragte Feldwebel Colon.
    »Das kam mir dabei nie in den Sinn«, behauptete Nobby.
    Eine Zeitlang gingen sie schweigend.
    »Eine so gute Tat habe ich nie zuvor vol bracht«, sagte Nobby.
    »Ja«, erwiderte Feldwebel Colon. Nach einigen Sekunden besinnlicher
    Stille fügte er hinzu: »Natürlich ist das nicht besonders schwer.«
    »Ich habe noch immer das Taschentuch, das sie mir gegeben hat.«
    »Sehr hübsch, Nobby.«
    »Aus echter klatschianischer Seide.«
    »Ja, sieht wirklich gut aus.«
    »Ich werd’s nie waschen, Feldwebel.«
    »Du sentimentaler alter Knabe«, sagte Fred Colon.
    Er beobachtete, wie sich Korporal Nobby die Nase putzte.
    »Ich nehme an, von jetzt an benutzt du es nicht mehr«, bemerkte er
    skeptisch.
    »Man kann’s noch immer biegen, sieh nur.« Nobby zeigte es ihm.
    »Oh, ja. Wie dumm von mir, so etwas zu fragen.«
    »Durch diese Erfahrung habe ich viel über Frauen gelernt«, sagte Nob-
    by.
    Der verheiratete Colon schwieg.
    »Heute nachmittag bin ich bei Wilma Schubwagen gewesen«, fuhr
    Nobby fort. »Ich sagte zu ihr, wie wär’s, wenn wir heute abend ausgehen,
    und dein Schielen stört mich überhaupt nicht, und ich habe hier dieses
    exotische Parfüm, das vol kommen über deinen Geruch hinwegtäuscht,
    und sie meinte, hau ab, und außerdem hat sie mir einen Aal hinterherge-
    worfen.«
    »Das klingt nicht sehr vielversprechend«, kommentierte Colon.
    »Oh, ich weiß nicht, Feldwebel. Früher fluchte sie nur, wenn sie mich
    sah. Und ich habe einen Aal bekommen, der mindestens für eine Mahlzeit gut ist, und deshalb kann ich mich eigentlich nicht beklagen.«
    »Wie du meinst. Du solltest nur versuchen, das Parfüm möglichst
    schnel loszuwerden, in Ordnung? Selbst die Leute auf der anderen Stra-
    ßenseite beschweren sich.«
    Ihre Füße steuerten geradewegs das Hafenviertel an. Dort sahen sie
    zum aufgespießten Kopf des Klatschianers auf.
    »Der ist nur aus Holz«, sagte Colon.
    Nobby schwieg.
    »Und er ist Teil unseres Erbes an Traditionen, gewissermaßen«, fuhr
    Colon fort. Aber er zögerte dabei, als widerstrebte es ihm, seiner eigenen Stimme zu glauben.
    Nobby putzte sich erneut die Nase, was angesichts vieler Arpeggios
    und Trompetenstöße einige Zeit dauerte.
    Der Feldwebel gab nach. Einige Dinge waren nicht mehr so wie vor-
    her, das mußte er zugeben. »Eigentlich hat’s mir hier nie richtig gefal en.
    Gehen wir zur Weintraube, einverstanden?«
    Nobby nickte.
    »Außerdem schmeckt hier das Bier nicht«, fügte Colon hinzu.

    Lady Sybil trat vor ihren Mann und hob das Taschentuch.
    »Spuck!« befahl sie.
    Dann entfernte sie mit großer Sorgfalt einen winzigen Schmutzfleck
    von Mumms Wange.
    »So. Jetzt siehst du…«
    »… herzogisch aus«, sagte Mumm verdrießlich. »Ich
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