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Fleischessünde (German Edition)

Fleischessünde (German Edition)

Titel: Fleischessünde (German Edition)
Autoren: Eve Silver
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beugte er sich zu ihr, um verstehen zu können, was sie sagte. Dann richtete er sich wieder auf und schüttelte den Kopf. Das Mädchen verzog beleidigt den Mund, drehte sich um und war Sekunden später in der wogenden Menge verschwunden. Der Fremde hielt sich nicht damit auf, ihr nachzusehen. Seine Augen suchten wieder den Blickkontakt zu Calliope. Jetzt wusste sie, dass sie gewonnen hatte. Er gehörte ihr; wenigstens für einen kurzen Abschnitt der Nacht. Und Calliopewar fest entschlossen, sich alles zu nehmen, was sie in dieser Zeit bekommen konnte.
    Sie nahm ihn an die Hand und führte ihn von der Tanzfläche weg. Er wirkte ein wenig verdutzt, ließ sie jedoch gewähren. Etwas abseits blieb sie noch einmal stehen und wandte sich ihm zu. Die Scheinwerfer warfen farbige Schatten auf sein Gesicht, aber sie konnte deutlich erkennen, dass er hinter den dunklen Wimpern graue Augen hatte. Sie hatte eine Schwäche für dunkles Haar und helle Augen, speziell für graue Augen. Vielleicht hatte das mit dem Mann zu tun, der sie einmal gerettet hatte. Aber das war Ewigkeiten her.
    Wieder erwiderte er ihren prüfenden Blick. Calliope stutzte und runzelte die Stirn. Ihr waren Männer lieber, die nicht so genau beobachteten, am besten auch nicht so viel nachdachten. Dieser hier schaute ganz genau hin und ließ sich keine Nuance entgehen. Sie war kurz davor, sich umzudrehen und ihn stehen zu lassen, doch eine Ahnung hielt sie zurück.
    Diese Ahnung war eine besondere Gabe. Durch ihre Aufnahme in die Gemeinschaft und die Erlangung übernatürlicher Kräfte konnten Isistöchter ihre natürlichen Anlagen, die sie als Normalsterbliche gehabt hatten, zu außergewöhnlichen Fähigkeiten weiterentwickeln. Calliopes besondere Veranlagung war ihre Intuition, die sie nach der Aufnahme bei den Isistöchtern so trainiert hatte, dass sie Künftiges vorausahnen konnte.
    Nicht dass sie direkt in die Zukunft sehen konnte. Auf künftige Optionen, die Sache der freien Willensentscheidung waren, reichte ihr Gespür beispielsweise nicht. Dennoch hatte sie die Möglichkeit, Dinge, die geschehen würden, in gewissem Umfang vorauszusehen – nicht in klaren, deutlichen Bildern, aber immerhin in Schemen und Andeutungen. Und so war sie auch sicher, dass ihre Wahl nicht zufällig auf diesen Mann gefallen war. Er sollte es sein, der sie für ein paar erhebende Momente aus ihren Fesseln befreite und ihren Hunger stillte.
    Er lächelte. Sie sah seine strahlend weißen Zähne aufblitzen.Gefährlich, dachte sie unwillkürlich.
    Er beugte sich zu ihr, sodass er, ohne schreien zu müssen, die Musik übertönen konnte. „Kennen wir uns nicht? Ich könnte schwören, wir sind uns schon einmal begegnet, Darling. Aber auch wenn ich sonst ein gutes Gedächtnis für Gesichter habe, kann ich dich im Augenblick nicht unterbringen.“
    „Wir sind uns ja jetzt begegnet“, erwiderte Calliope. Und bei dieser einen Begegnung wird es auch bleiben, fügte sie im Stillen hinzu. „Komm.“ Wieder nahm sie seine Hand und schenkte ihm ein Lächeln, das ihm alles verhieß.
    Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte sie, das Knistern einer gewissen Energie zu bemerken. Sie dachte schon, sie hätte sich getäuscht und dieser Mann wäre doch kein Sterblicher, wie sie angenommen hatte. Etwas lag in der Luft, etwas wie eine statisch aufgeladene Spannung. Aber es war nicht stark genug, um die Ausstrahlung einer übernatürlichen Kraft zu sein. Calliope versuchte, es einzuordnen, gab es jedoch auf. Es war nicht greifbar. Sicherlich war sie nur übervorsichtig, zu misstrauisch. Er war ein Sterblicher. Mit ihm hatte sie einen guten Fang gemacht.
    Mit einem aus ihren Kreisen, einem Supernatural, hatte sie noch niemals etwas gehabt und wollte es auch nicht – weder was Sex noch was Blut anging. Sie wollte einen normalen Mann für ein einziges Abenteuer. Wenn sie mit ihm fertig war, würde er aus ihrem Leben wieder verschwinden, und das war’s.
    Durch das Geschiebe der Menschen und zwischen den Tischen hindurch lotste sie ihn in den hinteren Teil des Clubs, ohne seine Hand loszulassen. Es schien ihm nichts auszumachen, ihr zu folgen, wobei er ihr so dicht auf den Fersen blieb, dass sie ab und zu eine Berührung spürte, die die Spannung, unter der sie stand, noch steigerte. Trotz des durchaus nicht unangenehmen Reizes, den es ihr bereitete, passte es ihr nicht so recht, denn sie war aufs Äußerste darauf bedacht, bei diesem kleinen Unternehmen die Kontrolle zu behalten. Sie war
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