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Fleischessünde (German Edition)

Fleischessünde (German Edition)

Titel: Fleischessünde (German Edition)
Autoren: Eve Silver
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freimachen, aber sie streckte die Handaus und rief: „Stopp! Rühr dich nicht von der Stelle.“
    „Alles ist gut“, wiederholte er. „Ich weiß nicht, was dich so verstört hat, aber dir passiert nichts. Ich tu dir nichts.“
    Calliope hätte um ein Haar laut aufgelacht. Alles ist gut. Scheiße!
    Nichts war gut.

2. KAPITEL
    Mit meiner Kraft habe ich die Macht der Finsternis gebrochen …
    Ich habe Sutekh aus den Häusern der Oberwelt verbannt.
    Nach dem Ägyptischen Totenbuch
    A lastor Krayl hielt seine Gefährtin Naphré Kurata fest, während sie den schwarzen Nebel durchquerten, um aus dem eisigen Portal zu treten, das er geformt hatte. Als sie es hinter sich gelassen hatten, machte Naphré sich von ihm los und krümmte sich, indem sie die Hände auf die Knie stützte. Ihr langes dunkles Haar fiel nach vorn und verbarg ihr Gesicht.
    Alastor wusste auch so, was mit ihr los war. Vorsorglich und um seine teuren maßgefertigten Schuhe in Sicherheit zu bringen, trat er einen Schritt beiseite – für den Fall, dass sie sich übergeben musste.
    „Geht’s wieder?“, erkundigte er sich und zupfte dabei die weißen Hemdmanschetten unter den Ärmeln seines anthrazitgrauen Jacketts zurecht.
    Naphré machte nur eine abwehrende Handbewegung.
    „Nimm Zucker. Das hilft immer.“ Er kramte aus seiner Tasche ein eingewickeltes Karamellbonbon hervor.
    „Glaub ich nicht. Besser wäre es, du würdest mich auf der Stelle totschlagen.“ Sie nahm das Bonbon trotzdem. „Irgendwann muss ich mich daran gewöhnen.“
    „Das wirst du.“ Wie lange so etwas dauern konnte, sagte er nicht. Er wollte sie nicht entmutigen. „Ist eben nicht jedermanns Geschmack.“
    Sie richtete sich auf und warf ihm einen leidenden Blick zu. „Nicht jedermanns Geschmack, du Scherzbold? Du sprichst darüber, als ginge es um … Opernmusik.“
    Alastor hatte sich nicht getäuscht. Sie sah tatsächlich etwasgrün um die Nase herum aus. „Was hast du gegen Opern? Ich liebe Opernmusik.“
    „Ich weiß. Und nicht nur ich weiß es. Alle Nachbarn wissen es auch. Morgens, mittags und abends.“
    Sie befanden sich auf einer wild wuchernden Wiese. Vor ihnen stand eine windschiefe Hütte mit einer Tür, die nur noch in einer Angel hing. Darüber breitete sich die gewaltige Krone eines riesigen Baums aus, die kaum noch etwas vom Himmel sehen ließ. Jeder freie Fleck um sie herum schien von einer dünnen Schicht aus Flechten oder Moos überzogen, sodass die Szenerie in ein kränkliches Grün getaucht war, als hätte jemand einen riesigen Kübel Erbsensuppe über dem Ganzen ausgeschüttet.
    „Sind wir hier richtig?“, fragte Naphré, die sich stirnrunzelnd umsah.
    „Ja.“ Er war sich sicher. Er konnte eine ganz leichte, verborgene Schwingung spüren, die zu Lokan gehörte. Irgendein Teil des Leichnams seines Bruders musste hier versteckt sein. Alastor hielt den Atem an.
    Er und seine verbliebenen Brüder Malthus und Dagan hatten bisher vergeblich nach Lokans Überresten gesucht. Jetzt, nach Wochen voller Fehlschlägen, schien sich erstmals ein Erfolg abzuzeichnen.
    Die Luft um sie herum war schwer von Feuchtigkeit. Kein Hauch, nichts rührte sich. Es war wie in einem Sumpf im Hochsommer. Und dennoch hatte Alastor das sichere Gefühl, dass sie nicht allein waren. Er trat näher an Naphré heran, die ihn daraufhin mit einem schiefen Blick ansah, aber nichts sagte. Sie kannte das schon – seinen Kontrollzwang, seinen Drang, sie immer und überall zu beschützen. Sie wollte ihm ein gleichberechtigter Partner sein, aber damit hatte er gehörige Schwierigkeiten.
    Zudem hatte er sich diesen Ausflug etwas anders vorgestellt. Er hatte gedacht, dass es ein mehr oder weniger entspannter Spaziergang sein würde, auf dem man sich sozusagen auf neutralemTerrain befinden und ein wenig Toleranz und Kooperation einüben könnte. Aber dem war nicht so. Die Schwingungen, die hier herrschten, waren ausgesprochen giftig. Das hier war weder Ober- noch Unterwelt, sondern irgendetwas dazwischen, ein Ort, an dem er sich nicht auskannte.
    „Ich nehme mir die Hütte vor, und du schaust dich hier draußen um“, meinte Naphré und wollte sich schon auf den Weg machen.
    Er hielt sie am Handgelenk fest. „Hier ist etwas faul, verflucht noch mal.“
    „Okay. Dann bleiben wir eben zusammen.“
    „Ich sollte dich lieber zurückschicken.“
    Sie presste die Lippen zusammen. Er kannte diesen Blick. Er verhieß nichts Gutes. „Hättest du mich lieber als Heimchen am Herd? Geht diese
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