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Fleischessünde (German Edition)

Fleischessünde (German Edition)

Titel: Fleischessünde (German Edition)
Autoren: Eve Silver
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einen weiteren Schritt vor. Wieder folgten ihm die unheimlichen Kreaturen. Indem er sowohl sie wie auch die Kiste im Auge behielt, setzte er behutsam seinen Weg fort, immer von dem Rascheln und den unwilligen Knurrlauten dieser Wesen verfolgt. Dass sie keine Anstalten machten, ihn anzugreifen, hätte ihn eigentlich beruhigen müssen. Aber eher das Gegenteil war der Fall. Alastor traute dem Frieden nicht. Die Luft vibrierte förmlich vor Spannung.
    „Mach, bevor die noch hungriger werden“, ermahnte Naphré ihn.
    Alastor tat es einen Augenblick lang um seine nagelneue Hose leid, die er nun ruinieren musste. Dann kletterte er in das Gewirr des Wurzelwerks hinab, bis er bei der Kiste war. Er tastete die glitschigen Kanten ab, um sie packen zu können. Dann zog er an dem Kasten – einmal, dann noch einmal fester. Er riss daran, aber das Ding rührte sich nicht von der Stelle. Es saß fest.
    Alastor wusste, dass er ganz nah am Ziel sein musste, deshalb kam es ihm gar nicht in den Sinn, aufzugeben. Er konnte Lokans Nähe so deutlich spüren, dass er davon überzeugt war, dass sein Bruder hier war. Oder in der Kiste steckte etwas, das zu ihm gehörte. Es war ein entsetzlicher Gedanke, aber das durfte jetzt keine Rolle spielen.
    Die Wurzeln waren stark und verschlungen. Alastor hatte den Eindruck, dass sie den Behälter umso fester umklammerten, je kräftiger er daran zog. Deshalb ging er zu einer neuen Taktik über. Er griff tief in die Erde unter eine der Wurzeln, packte sie und riss sie mit einer Drehung ab.
    „Alastor“, rief Naphré, „versuch es damit.“
    Er hatte sich kaum umgedreht, da kam ihm schon ihr Messer entgegengeflogen. Geschickt fing er es am Griff auf und machte sich gleich darauf daran, halb unter die Wurzeln zu kriechen und die einzelnen Stränge abzuhacken, die die Kiste hielten. Naphré, die ihr zweites Messer aus dem Gürtel gezogen hatte, stand dicht dabei und sah ihm zu.
    Mit einem schrillen Schrei ließ sich eines der unheimlichen Wesen von seinem Ast herab auf Alastor fallen. Das Gewicht traf ihn so hart, dass ihm für einen Moment die Luft wegblieb, als es auf seinem Rücken landete. Alastor spürte heißen Atem im Nacken. Schlimmer aber war der Speichel des Ungeheuers. Er brannte wie Säure auf der Haut.
    Im nächsten Augenblick war Naphré bei ihm. Mit einem wütenden Schrei riss sie das Tier von Alastor weg, der sofort wiederauf den Füßen war und ihr zu Hilfe kommen wollte.
    Aber sie warf ihm nur einen vernichtenden Blick zu. „Der gehört mir.“
    Alastor wusste, was gemeint war. Er musste mehr Vertrauen zu ihr und ihrer Fähigkeit haben, auf sich selbst aufzupassen, und er musste den Impuls unterdrücken, sie auf Schritt und Tritt zu beschützen. Es wäre der sicherste Weg, sie zu verlieren.
    „Verflucht noch eins“, schimpfte er. „Pass auf die Spucke von diesem Scheißvieh auf. Die ist übel.“
    Die hässliche Kreatur schnappte nach Naphrés Kehle, und Alastor musste seine ganze Selbstbeherrschung aufbieten, um nicht dazwischenzugehen. Aber gleich darauf hatte Naphré den Angreifer mit einem Stich unter den Panzer eliminiert. Das Blut, das auf sie beide spritzte, war schwarz und fühlte sich eiskalt an.
    „Am meisten wäre mir geholfen, wenn du dich endlich um diese blöde Kiste kümmern würdest“, meinte sie, als das nächste Ungeheuer aus dem Baum fiel.
    Aus dem Augenwinkel sah Alastor, wie Naphré danach stach und ihm auf den Kopf schlug. Eilig beugte er sich wieder über das eingeklemmte Behältnis.
    Jetzt ließen sich weitere Exemplare der ekelhaften Tiere von den unteren Ästen herabfallen. Aber überraschenderweise griffen sie nicht ihn oder Naphré an, sondern fielen über ihren Artgenossen her, den Naphré getötet hatte. Es dauerte nur Sekunden, und von ihm war nicht mehr übrig als sein Rückenpanzer.
    Alastor hackte derweil drei dicke Wurzeln ab und konzentrierte sich darauf, die Kiste freizubekommen. Am Rande nahm er wahr, wie die bissigen Tiere inzwischen regelrecht von der Baumkrone herunterregneten. Die ganze Erde war getränkt von schwarzem Blut.
    Vierundzwanzig Stunden nach seinem denkwürdigen Besuch in der Disco, der in einem Interruptus seinen „Höhepunkt“ gefunden hatte, war Malthus zurück auf seinem Beobachtungspostenauf der Balkonbrüstung und wartete auf das Eintreffen von Pyotr Kuznetsov.
    Ganz hatte er die Begegnung mit dieser Verrückten im Keller noch nicht verarbeitet. Sie hatte ihn da mit einer Mordserektion sitzen gelassen, und er hatte
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