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Fleischessünde (German Edition)

Fleischessünde (German Edition)

Titel: Fleischessünde (German Edition)
Autoren: Eve Silver
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Winde verstreut. Wenn er und seine verbliebenen Brüder ihn zurückholen wollten, mussten sie sich beeilen. Sie mussten seine Leiche bekommen und herausfinden, wer für Lokans Tod verantwortlich war. Um nichts anderes ging es.
    Dabei konnte es gut sein, dass ihnen nichts weiter blieb, als Rache zu nehmen, blutige Rache mit kaltem Herzen. Im Gegensatz zu seinen Brüdern glaubte Malthus nicht mehr daran, dass es ihnen gelingen konnte, Lokan zurückzuholen. Auch wenn sie seine sterblichen Überreste fanden, wurde es immer unwahrscheinlicher, dass es ihnen gelang, beizeiten noch seine Seele zu finden, wo immer sie verborgen sein mochte. Hatte Lokan erst einmal von der Speise der Toten gekostet, war er für alle Zeit verloren.
    Kuznetsov war jedenfalls die richtige Adresse. Er war Augenzeuge gewesen. Oder Mittäter. In jedem Fall verfügte er über Informationen, die Malthus haben musste.
    Malthus fixierte das gegenüberliegende Gebäude, in dem Kuznetsov verschwunden war. Ungeduldig trommelte er mit den Fingern auf das Balkongeländer und wartete. Im Geiste sah erden Reverend, wie er in die Halle trat, den Pförtner begrüßte, den Fahrstuhl nahm und in seine Penthousewohnung hinauffuhr. Ein fahles Licht schien durch die hohen Fenster in das Appartement Nr. 2602.
    „Schätzchen, ich bin zu Hause“, flüsterte Malthus. Nur dass das Schätzchen gar nicht da war. Es war in einem Taxi abgerauscht. Ohne Gruß, ohne Kuss. Malthus lächelte böse. Aus irgendeinem Grund gefiel ihm dieser Gedanke.
    Er wartete und gab seinem Opfer reichlich Zeit, es sich bequem zu machen. Dann, nach etwa zwanzig Minuten, begab er sich zurück in die Wohnung, zu der der Balkon gehörte, auf dem er auf der Lauer gelegen hatte. Sie war unbewohnt und roch noch nach Lack und Farbe. Hier war er ungestört. Er hatte seine Hausaufgaben gemacht. Der Vormieter war schon vor Wochen ausgezogen. Sein Nachfolger ließ die Räume von Grund auf renovieren, bevor er einzog. Ein idealer Platz für eine Beschattung.
    Malthus stand im leer geräumten Wohnzimmer und war schon auf dem Weg zur Tür. Dann zögerte er, drehte sich um und warf einen Blick zurück auf den Balkon. Sein Adrenalinspiegel stieg. Zwölf Stockwerke hatte er schon ohne einen Kratzer bewältigt. Sechzehn wären sein neuer Rekord. Außerdem konnte er Fahrstühle nicht leiden. Ihre Enge erinnerte ihn zu sehr an Gefängniszellen.
    Er musste lachen. Er sprintete zurück auf den Balkon und sprang mit einer eleganten Bewegung über die Brüstung.

3. KAPITEL
    Hierher bin ich meinem Herzen gefolgt,
    Den Feuersee habe ich durchquert und seine Flammen gelöscht.
    Nach dem Ägyptischen Totenbuch, Kapitel 22
    C alliope nannte dem Taxifahrer eine Adresse am anderen Ende der Stadt. Während der Wagen losfuhr, drehte sie sich noch einmal um und sah Kuznetsov, wie er am Straßenrand stand und ihr hinterherschaute. Aber nicht er war der Grund dafür, dass sich ihr die Nackenhaare aufstellten. Die ganze Zeit hatte sie jemand beobachtet.
    Ein Zeichen von übernatürlicher Kraft hatte sie nicht ausmachen können, weshalb sie zunächst vermutet hatte, dass der Beobachter ein Sterblicher gewesen war. Aber es war eben nur eine Vermutung. Alles andere als sicher. Erst recht nach dem Irrtum letzte Nacht in den Kellerräumen der Disco.
    Aber daran wollte sie jetzt nicht denken. Was sollte sie sich auch ewig damit herumquälen? Aus Fehlern lernen, nach vorn blicken, weitermachen – das war ihre Devise. Trotzdem blieb da immer noch etwas von dem, das sich in ihr aufgestaut hatte und sie fast zum Explodieren brachte. Und das musste sie wieder loswerden.
    Als das Taxi einige Blocks weitergefahren war, beugte sich Calliope zum Fahrer nach vorne und sagte: „Ich hab’s mir anders überlegt. Halten Sie hier. Ich geh den Rest zu Fuß.“
    Der Fahrer warf ihr einen Blick über die Schulter zu. „Von hier aus?“, fragte er und hielt sich offenbar gerade noch zurück, sie zu fragen, ob sie noch bei Trost sei.
    Calliope sah aus dem Wagenfenster. Sie waren in einem Geschäftsviertel in der Innenstadt, das zu dieser späten Stunde wie ausgestorben wirkte. Keinem normalen Menschen wäre es eingefallen, sich für einen Abendspaziergang diese menschenleerenStraßen mit ihren dunklen Hauseingängen auszusuchen.
    „Wollen Sie sich das nicht noch mal überlegen? Das ist keine besonders sichere Gegend“, mahnte der Mann am Steuer sichtlich besorgt. „Ich habe eine Tochter in Ihrem Alter. Ich würde ihr nicht erlauben, um diese Zeit
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