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Flegeljahre am Rhein

Flegeljahre am Rhein

Titel: Flegeljahre am Rhein
Autoren: Bernd Ruland
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ist nichts zu machen.“
    Aber wer soll der Don „Johann“ sein? Sauerbrunnen? Kann leider nicht mangels Technik. Er versteht sich nicht auf solche Dinge. Außerdem ist er sehr dick und reichlich klein, und die Haustochter ist genau das Gegenteil.
    Willi II? Wäre auch eine Fehlbesetzung. Willi II ist nicht Diplomat genug, würde nur von Musik sprechen und unter Umständen das Ziel vergessen. Außerdem hat er Angst, und ohne Mut ist überhaupt nicht viel zu hoffen.
    Und Civilis? Hat Rücksichten zu nehmen. Kann man verstehen. Die „Schwarze Hand“ ist durchaus einsichtig. Wenn Hilde erfährt, daß... Nein, also Civilis fällt auch aus. Wenn Bruno ein Hauptfach auf der Klasse gäbe, wenn der eine Prüfungsarbeit zu stellen hätte — dann sollte die Klasse etwas erleben! Da würde Civilis schon alles herausbekommen, was der Klasse helfen könnte. Gamaschke? Will sich auch drücken. Aus ähnlichen Gründen wie Civilis. Ännchen würde ihm sicherlich böse sein, wenn es erführe, daß Gamaschke auf Abwegen ist. Er will es trotzdem noch einmal erwägen. Zum Überlegen bleibt aber keine Zeit mehr. Also — Gamaschke ist ein Feigling. Wie wäre es denn mit Bobby? Ein großes Wagnis. Er ist zu rauh, bei Frauen kein Gentleman. Wenn er dem Fräulein Haustochter seine Witze erzählt, könnte das ins Auge gehen. Sie kennen das Fräulein Haustochter nicht so genau. Nein, Bobby ist auch nicht der richtige Mann.
    Bleibt also nur noch Krischan.
    Krischan ist wohl stolz auf seinen Vorschlag, aber nicht begeistert davon, daß er seine Idee nun selbst realisieren soll. Er sieht schließlich ein, daß eigentlich nur er in Frage kommen kann. Krischan fühlt sich sehr geehrt und nimmt einen tiefen Zug aus seinem Glas Bier.
    „Gut, Genossen, ich werde mein Bestes tun.“

Es schmeckt nach Überraschungen

    Tick-tack, tick-tack, tick-tack, tick-tack, tick... Munter schwingt das Pendel der Kuckucksuhr im kleinen Zimmer des Hauses Peterstraße 7a hin und her, her und hin, immerfort, emsig und frech. Im Ofen knackt die Glut. Es singt der Wind im Schornstein, bläst bis hinunter in das Ofenrohr und läßt es seltsam summen. Am Fenster des Zimmers rüttelt der Januar. Draußen ist es schwarz und kalt. Drinnen liegen müdes Licht und wohlige Wärme.
    Emma sitzt da und stickt.
    Klothilde hat sich in einen Sessel gekuschelt und liest in einem Buch. Ist es Lyrik? Nein, keine Lyrik. Klothilde orientiert sich über die Verschiedenartigkeit der Säugetiere. Sie ist in den „Brehm“ vertieft. Kleine Ausgabe. Vorne, auf der ersten Seite, der Stempel einer Leihbücherei.
    Emma bleibt ganz still.
    Klothilde denkt oft sehr laut. Lautes Denken beweist Verstehen. Klothilde versucht es. Mama kennt nichts von der Verschiedenheit der Säugetiere. Aber Mama hat viel Farbensinn. Sie stickt und zaubert aus bunten Fäden einen Hund auf das Tuch. Einen sehr bunten, einen sehr komischen, einen anatomisch sehr falschen Hund. Was soli’s?
    Man darf Emma nicht belehren. Sie weiß, was sie tut. Ein bunter Hund ist eben ein bunter Hund. „Kind, wo ist denn Murri?“
    Murri ist nebenan. Bei Balduin im Zimmer. Murri hat sich auf dem Sofa wohlig eingerichtet. Murri ist eine sehr wichtige Person im Hause Peterstraße 7a: gewissermaßen ein Pol, um den sich seit einigen Tagen manches dreht.
    „Willst du Murri nicht ein bißchen auf den Schoß nehmen, mein Kind?“
    „Ja, Mama!“
    Murri ist sehr auf Liebe und Zärtlichkeit bedacht. Er läßt sich sehr gern auf den Schoß nehmen. Murri ist ein kleiner Kater und noch sehr jung. Vor ein paar Wochen lag er noch hilflos, mit geschlossenen Augen, irgendwo in einer Kiste hinter dem Herd. Murri ist ein sehr hübscher Kater und gar nicht schwarz, sondern sehr schön schwarzweiß.
    Mutter und Tochter interessieren sich neuerdings sehr für zoologische Dinge. Man tut, was man kann. Im Hause Peterstraße 7a kann man viel. Murri fühlt sich warm und wohl in Klothildens Schoß, streicht behaglich seinen Bart und aalt sich unter den Fingern, die ihm über den Rücken streichen. Klothilde weiß mit jungen Katzen umzugehen.
    „Mama, wie ist das eigentlich mit einem Kater? Verzeih, Mama, ich meine
    „Still, mein Kind. Darüber spricht man nicht.“ Das wird sich noch finden. Außerdem kennt Mama nichts von Säugetieren.
    Tick-tack, tick-tack, tick...
    Balduin ist schon zu Bett gegangen. Morgen ist Dienstag. Zweite Stunde Erdkunde in Oberprima. Tick-tack, tick-tack, tick-tack...
    „Wie doch die Zeit vergeht! Jetzt sind schon vier
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