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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag
Autoren: Alan Bradley
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Daffy ist ein Bücherwurm. Vater ist Philatelist. Briefmarken sind seine Leidenschaft.«
    »Und deine Mutter?«
    »Die ist tot. Sie kam bei einem Unfall ums Leben, als ich ein Jahr alt war.«
    »Gütiger Himmel! Jemand hat mir von einer Familie erzählt, die in einem riesengroßen alten Herrenhaus hier ganz in der Nähe wohnt: ein exzentrischer Colonel und eine Horde junger Mädchen, die so wild aufwachsen wie ein Indianerstamm. Du bist doch nicht etwa eine von denen, oder?«
    Sie sah mir die Antwort an der Nasenspitze an.
    »Oje, du armes Kind!«, rief sie aus. »Entschuldige bitte, ich wollte nicht … ich meine …«
    »Schon in Ordnung. In Wirklichkeit ist es noch viel schlimmer, aber ich rede nicht gern drüber.«
    Der entrückte Blick kehrte in ihre Augen zurück, der Blick einer Erwachsenen, die sich verzweifelt abmüht, mit einem viel jüngeren Gegenüber eine gemeinsame Ebene zu finden.
    »Nun … was machst du so den ganzen Tag?«, fragte sie. »Hast du denn keine Interessen … oder Hobbys?«
    »Ich interessiere mich sehr für Chemie«, antwortete ich, »und ich bastle gerne an meinen Sammelalben.«

    Sie war ganz begeistert. »Ach, wirklich? Stell dir vor, das hab ich in deinem Alter auch furchtbar gern gemacht! Zigarettenbildchen und gepresste Blumen: Stiefmütterchen, Gelbkraut, Fingerhut, Rittersporn; alte Knöpfe, Grußkarten, Gedichte über Omas Spinnrad aus dem Jahrbuch für Mädchen … ach, das hat immer einen Riesenspaß gemacht!«
    Meine Sammelalben bestanden aus drei dicken violetten Bänden mit ausgeschnittenen Artikeln und Bildern aus der Flut alter Zeitschriften und Zeitungen, welche die Bibliothek und den Salon von Buckshaw erst überflutet und dann unter sich begraben hatten und von dort in leer stehende Schlafräume und Abstellkammern geschwappt waren, ehe sie schließlich in eine Kellergruft gekarrt wurden, wo sie seither in feuchten, schimmligen Stapeln vor sich hin siechten. Ich hatte alles ausgeschnitten, was ich über Gifte und Giftmischer finden konnte, bis meine Sammelalben aus allen Nähten platzten. Artikel über Major Herbert Rowse Armstrong beispielsweise, den Hobbygärtner und Anwalt, der seine Frau mit liebevoll präparierten Tränken aus arsenhaltigem Unkrautvernichter ins Jenseits beförderte, über Thomas Neill Cream, Hawley Harvey Crippen und George Chapman (erstaunlich, dass die Nachnamen vieler großer Giftmischer mit »C« anfangen!), die eine ansehnliche Armee von Ehegattinnen und anderer Frauen mithilfe von Strychnin, Hyoscin bzw. Antimon ins Grab geschickt hatten, über Mary Ann Cotton (schon wieder!), die sich nach etlichen Jahren erfolgreicher Versuche an Schweinen daran machte, siebzehn Menschen mit Arsen zu vergiften, über Daisy de Melker, die Südafrikanerin, die mit Vorliebe Klempner vergiftete: Erst heiratete sie die Männer, dann trennte sie sich mithilfe einer Dosis Strychnin wieder von ihnen.
    »So ein Sammelalbum ist das allerschönste Hobby für eine junge Dame«, sagte Nialla. »Vornehm … aber trotzdem erzieherisch wertvoll.«
    Ich selbst hätte es nicht besser ausdrücken können.

    »Als ich von zu Hause ausgebüxt bin, hat meine Mama die Alben in den Müll geworfen.« Sie gab ein Geräusch von sich, das, wenn es hätte leben dürfen, vielleicht ein leises Kichern geworden wäre.
    »Sie sind von zu Hause ausgebüxt?«
    Das fand ich fast so spannend wie ihre Sammlung von gepresstem Rittersporn und Fingerhut - Letzteres immerhin eine Pflanze, aus der sich, wie mir sofort einfiel, das pflanzliche Alkaloid Digitalin (den Chemikern unter uns besser als C 36 H 56 O 14 bekannt) extrahieren ließ. Freudig dachte ich an die nicht wenigen Male, bei denen ich in meinem Labor die Blätter einer im Garten gepflückten Fingerhutpflanze mithilfe von Alkohol hatte auslaugen lassen. Anschließend hatte ich den schmalen, glitzernden Nadeln bei der Kristallisation zugesehen und mich an der wunderschön smaragdgrünen Lösung erfreut, die sich bildete, nachdem ich die Kristalle in Salzsäure aufgelöst und ein wenig Wasser hinzugefügt hatte. Dem ausgeschiedenen Granulat konnte natürlich mit Schwefelsäure wieder zu seiner ursprünglichen grünen Tönung verholfen werden; man konnte es mittels Bromdampf hellrot färben und durch Zugabe von Wasser wieder smaragdgrün. Es war die reinste Zauberei! Außerdem war es natürlich ein tödliches Gift und als solches wesentlich spannender als alberne Knöpfe und das Jahrbuch für Mädchen.
    »Mmmmm«, bestätigte Nialla.
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