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Flandry 1: Im Dienst der Erde

Flandry 1: Im Dienst der Erde

Titel: Flandry 1: Im Dienst der Erde
Autoren: Poul Anderson
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hatte. Er war genauso versessen darauf, neue Gesichter zu sehen und Neuigkeiten aus dem Universum zu hören, wie jeder andere an Bord auch. »Fast ein Jahr auf Station«, sagte er. »Ein Jahr meines Lebens, peng, und weg, einfach so. Nur dass es nicht schnell ging, wissen Sie? Es kam mir eher vor wie ein Jahrzehnt.«
    Flandrys Blick wanderte durch den Raum. Man hatte versucht, ihn mit Bildern und selbstgenähten Vorhängen ein wenig freundlicher zu machen. Diesem Versuch war nur wenig Erfolg beschieden gewesen. Heute wirkte die Messe lebendiger durch das tiefe Vibrieren der Maschinen, das bis in die Knochen drang. Ein sauberer Geruch nach Öl lag in der Luft, die rasch wieder umgewälzt wurde. Flandry wollte gar nicht daran denken, mit welchen Augen er diese Umgebung gesehen hätte, wäre er ein ereignisloses Jahr auf einer weiten Umlaufbahn darin eingeschlossen gewesen. Dragoika sah die Dinge natürlich anders: Das Schiff verwirrte, verblüffte, ängstigte, entzückte und bezauberte sie abwechselnd; nie hatte sie solche Wunder erblickt! Auf ihrem Stuhl hockte sie mit abstehendem Fell und Augen, die ständig umhertanzten.
    »Sie hatten aber Ersatz, oder?«, fragte Flandry. »Pseudo-sensorischen Input und so weiter.«
    »Sicher«, gab Karamzin zu. »Die Küche ist auch gut. Aber das ist alles nur Medizin, die einen davon abhält, vollkommen durchzudrehen.« Sein junges Gesicht wurde hart. »Ich hoffe, dass wir auf Widerstand treffen werden. Das hoffe ich wirklich.«
    »Ich«, entgegnete Flandry, »bin auf genügend Widerstand getroffen, dass es mir für eine Weile reicht.«
    Mit dem Feuerzeug entzündete er eine Zigarette. Ihm kam es merkwürdig vor, wieder Horizontblau zu tragen, Düsenflammen auf den Schulterstücken und ein Koppel ohne Strahler: wieder in einem Schiff, Disziplin und Tradition unterworfen. Er war sich nicht sicher, ob er das mochte.
    Wenigstens war seine Position erfrischend ungewöhnlich. Captain Einarsen war entgeistert gewesen, als Dragoika an Bord gekommen war – eine Eisenzeit-Xeno in seinem Schiff? Enriques hatte sich in seinen Befehlen jedoch klar ausgedrückt: Dragoika sei eine VIP, die auf der Mitreise bestand und Schwierigkeiten verursachen könne, wenn man sie nicht bei guter Laune halte. Daher sei Ensign Flandry ihr »Verbindungsoffizier«; nicht aufgeführt die Klausel, mit der Enriques ihn unter vier Augen bekannt gemacht hatte und die vorsah, dass er entweder dafür sorge, dass sein »wildes Liebchen« niemandem in den Weg gerate, sonst werde er, Enriques, ihm, Flandry, das Offizierspatent aberkennen und ihn zum einfachen Raumsoldaten degradieren. (Darüber, dass Flandry ohnehin ein Häftling war, verlor niemand noch ein Wort. Einarsen hatte Hauksbergs Depesche zwar erhalten, jedoch befunden, dass es gefährlich wäre, wenn seine Männer hörten, dass Merseianer terranische Raumschiffe stoppten. Enriques’ Nachricht hatte ihn in dieser Ansicht bestärkt.) Wie aber sollte ein junger, neunzehnjähriger kleiner Ensign wie Flandry der Versuchung widerstehen, den Eindruck zu erwecken, fragliche VIP habe tatsächlich Kenntnisse in Astronautik und müsse über alle Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten werden? Auf diese Weise erhielt er eine Verbindung zur Brücke.
    Trotz aller aufgeregten Freude spürte er einen Knoten der Anspannung in sich. Er nahm an, dass jede Minute eine Nachricht von der New Brazil eintreffen würde.
    »Verzeiht«, unterbrach ihn Dragoika. »Ich muss zur – wie sagt Ihr dazu – zur Toilette.« Diese Einrichtung fand sie von allem an Bord am amüsantesten.
    Karamzin blickte ihr hinterher. Ihr geschmeidiger Gang wurde von dem Druckhelm, den sie in terranischer Atmosphäre benötigte, in keiner Weise behindert. Am schwierigsten war gewesen, ihre Mähne so zusammenzulegen, dass sie in den Helm passte. Von ihm abgesehen bestand ihr Gewand aus einem Schwert und einem Messer.
    »Mannomann«, murmelte Karamzin. »Was für eine Figur! Wie ist es denn so mit ihr?«
    »Seien Sie so gut und sprechen Sie nicht so von ihr«, raunzte Flandry den Lieutenant an.
    »Was? Ich meine es ja nicht böse. Sie ist bloß ’ne Xeno.«
    »Sie ist meine Freundin. Sie ist mehr wert als hundert imperiale Kühe. Und was sie sich den Rest ihres Lebens stellen und überleben muss …«
    Karamzin beugte sich näher zu ihm heran. »Was denn? Was für ein Einsatz ist das hier überhaupt? Wir sollen uns irgendwas ansehen, das die Krokoschwänze in den Raum gebracht hat – mehr wurde uns nicht
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