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Flandry 1: Im Dienst der Erde

Flandry 1: Im Dienst der Erde

Titel: Flandry 1: Im Dienst der Erde
Autoren: Poul Anderson
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wahr, dachte er. Einen Augenblick lang empfand er Bedauern, während er ihr makelloses Gesicht unter dem von einem Diadem geschmückten Haar betrachtete. Auch wenn seine Ehe politischer Natur war – warum war es ihnen nicht gelungen, wenigstens ein kameradschaftliches Verhältnis zu erreichen? Sogar Liebe … Nein, er brachte seine Liebe für alte Literatur mit der Wirklichkeit aus Fleisch und Blut durcheinander. Er war nicht Pelleas und sie nicht Melisande. Sie war klug, anmutig und annehmbar ehrlich zu ihm; sie hatte ihm einen Erben geschenkt – mehr hatte ihr Vertrag nie vorgesehen. Er wiederum hatte ihr eine gesellschaftliche Stellung und nahezu unbegrenzte Geldmittel gegeben. Was aber mehr Zeit betraf … Wie sollte er das möglich machen? Wenn das Universum auseinander fiel, brauchte es einen Mechaniker. Die meisten Frauen begriffen das.
    Zur Entropie damit. Alicia verdankte ihr Aussehen ohnehin einem teuren Bioskulp-Eingriff. Lord Markus hatte dieses modische Gesicht schon in vielen Varianten gesehen.
    »Ich habe es dir bereits mehr als einmal erklärt«, sagte er. »Ich wäre selber viel lieber zu Mboto oder Bhatnagar gegangen; aber mein Schiff bricht in drei Tagen auf. Das ist meine letzte Chance, etwas absolut Lebenswichtiges noch zu erledigen.«
    »Ja, ja.«
    Er traf eine Entscheidung. Bislang hatte Alicia nicht den Anschein erweckt, als bedeute der heutige Abend für sie ein sonderlich großes Opfer. Während der Monate seiner Abwesenheit würde sie in den Armen ihrer Liebhaber hinreichenden Trost finden. (Wie sonst sollte sich eine hochgeborene Dame ohne besondere Talente auf Terra die Zeit vertreiben?) Doch wenn er sie verbitterte, konnte sie ihn vernichten. Es ist immer wichtig, das Helmvisier des äußeren Anscheins geschlossen zu halten und nicht an das zu denken, was dahinter liegt. Vor dem Visier wartet offener Spott, der für den Machtmenschen genauso gefährlich ist wie Vakuum und Strahlung für einen Raumfahrer.
    Merkwürdig, sinnierte er, wie trotz aller Jahrtausende aufgezeichneter Geschichte, trotz aller soziodynamischen Daten und Theorien die Grundlage der Macht auch heute noch im Wesentlichen magischer Natur ist. Wenn man über mich lacht, kann ich mich gleich auf meinen Landsitz zurückziehen. Und Terra braucht mich.
    »Liebling«, sagte er, »ich konnte dir bisher noch nichts anvertrauen. Zu viele Ohren – lebendig und elektronisch, du weißt schon. Wenn die Opposition Wind von meinem Vorhaben bekommt, lässt sie mich abfangen. Nicht weil sie wirklich anderer Ansicht ist, sondern weil sie einfach nicht will, dass ich mit einem überragenden Erfolg nach Hause komme. Damit hätte ich nämlich eine Anwartschaft auf den Politischen Rat, und dort möchte jeder sitzen. Wenn die Opposition aber ein Fait accompli schafft … verstehst du?«
    Sie bedachte ihn mit einem harten Blick. Er war groß, schlank und blond. Seine Züge waren ein wenig zu scharf geschnitten, doch in grünem Jackett mit Orden und Ehrenzeichen, einem Gazecape, goldenen Kniehosen und Halbstiefeln aus Rindsleder wirkte er schon verdammt stattlich. »Deine Karriere«, stichelte sie.
    Er nickte. »Allerdings. Aber es geht auch um den Frieden. Möchtest du gern erleben, wie Terra angegriffen wird? Es könnte geschehen.«
    »Mark!« Plötzlich war sie wie verwandelt. Ihre Finger, die sich über seiner Spitzenmanschette schlossen, fühlten sich kalt an. »So ernst kann es doch nicht sein?«
    »Mit Kernwaffen«, sagte er. »Die Sache auf Starkad ist keine gewöhnliche Grenzstreitigkeit. Sie wird zwar als solche gehandelt, und etliche Personen glauben aufrichtig, es wäre eine. Sie haben dann aber nur Berichte gelesen, die schon in hundert Amtsstuben gefiltert wurden, von denen jede einzelne sich bemüht, alles zu übertünchen, was nicht die eigenen Aufgabenbereiche brandwichtig erscheinen lässt. Ich habe Rohdaten sammeln und eigene Auswertungen vornehmen lassen. Eine konservative Extrapolation ergibt eine Wahrscheinlichkeit von vierzig Prozent, dass es innerhalb der nächsten fünf Jahre zu einem Krieg gegen Merseia kommen wird. Und damit meine ich einen echten Krieg, einen Krieg von der Sorte, die total werden kann. Gegen solche Chancen wettest du nicht, oder?«
    »Nein«, wisperte sie.
    »Ich soll auf Starkad Tatsachen ermitteln und dem Kaiser Bericht erstatten. Danach leitet die Bürokratie vielleicht den Prozess ein, der zur Vorbereitung der Aufnahme von Verhandlungen führt – vielleicht aber auch nicht; einige mächtige
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