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Flammenpferd

Flammenpferd

Titel: Flammenpferd
Autoren: Susanne Kronenberg
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Hopfen und Malz verloren ist. Niemand will sie haben, und hier werden sie nur geduldet, weil weit und breit kein Portugiese lebt, der sich an ihnen stören könnte.“
    Hella hatte von verschiedenen Projekten dieser Art gehört. Mal wurden als hoffnungslos kriminell geltende Jugendliche zu Segeltörns ins Mittelmeer geschickt, oder sie brachen zu einer Abenteuerreise nach Südamerika auf. Dabei hatte sie sich immer gefragt, ob es den braven Kindern gegenüber nicht ungerecht war, wenn andere für ihr schlechtes Benehmen mit einer Reise belohnt wurden. Die Verbannung in diese verlassene Gegend mochte einem jungen Menschen allerdings nicht unbedingt als erstrebenswert erscheinen. Schlimmes konnten die Jugendlichen hier kaum anstellen. Es sei denn, sie brachen in Klinghöfers Reiterhof ein.
    „Und nun haben Sie auf Ihrem Hof Ärger mit den jungen Leuten?“, fragte sie in eine Pause hinein.
    Klinghöfer schüttelte den Kopf. „Im Allgemeinen nicht. Es liegen anderthalb Kilometer zwischen beiden Höfen, und zum Laufen sind die Kinder zu träge. Nur dieses eine Mädchen macht eine Ausnahme. Immer wieder schleicht sie um den Hengst herum.“
    „Wissen Sie Näheres über diese Kati?“
    „Sie meinen, warum man das Mädchen hierher nach Portugal abgeschoben hat?“, fragte er und hielt den Blick aufmerksam auf die Schotterpiste gerichtet. „Ich weiß nur das wenige, was mein Sohn mir erzählt hat. Die beiden haben sich angefreundet – was mir keinesfalls recht ist. Offenbar kommt sie aus gut betuchten Verhältnissen. Der Vater soll ein hoher Polizeibeamter sein, und die Mutter betreibt eine Reihe von Modegeschäften. Aber was sie angestellt hat? Keine Ahnung. Ihr Spitzname mag ein Hinweis sein. Man nennt sie die Kokel-Kati.“
    „Eine Brandstifterin?“, fragte Hella erschrocken.
    „Wie gesagt, genaueres weiß ich nicht“, erklärte Klinghöfer. „Aber es ist Grund genug, sie vom Hof fern zu halten. Abgesehen davon, dass der Hengst sie in Gefahr bringen könnte.“
    Mit einem geübtem Griff ins Lenkrad wich er einem tiefen Schlagloch aus und steuerte den Wagen dicht an den Straßenrand. Die Scheinwerfer leuchteten ins Nichts. Wie tief der Abgrund dahinter war, konnte sie nicht einmal ahnen.
    Er wechselte das Thema und erzählte von dem Lusitano, den seine Frau vor kurzem von einem Stierkämpfer übernommen hatte. „Die meisten Leute hier gehen ordentlich mit ihren Pferden um. Doch dieser Mann ist bekannt dafür, dass er seine Pferde hart anfasst. Lusitanos haben einen gutmütigen Charakter, aber wenn sich das Mädchen zu dem Hengst in die Box schleicht und einfach nur lieb ist, wittert er möglicherweise die Chance, endlich einmal selbst das Sagen zu haben. Ein Tier von fünfhundert Kilo Gewicht. Mit vier flinken Hufen und scharfen Zähnen! Soll ich dieses Risiko eingehen?“
    Hella griff an den Türrahmen, um einen heftigen Rumpler abzufangen. „Ohne Respekt vor dem Menschen geht nichts. Aber wer möchte ein Pferd, das aus Angst gehorcht?“
    Klinghöfer pflichtete ihr bei und erklärte im Lehrmeisterton: „Wir alle wollen ein Pferd, das nicht aus Furcht vor Strafe gehorcht, sondern aufgrund von Vertrauen. Es soll Respekt und Freude am Miteinander mit uns haben und angenehm und freundlich im Umgang sein. Doch mit diesem Hengst, der schlechte Erfahrungen gemacht hat, funktioniert das nicht von heute auf morgen.“
    Hellas Neugier war geweckt und sie fragte nach Einzelheiten. Aber Klinghöfer zeigte sich plötzlich wenig gesprächig. „Er ist schön, unser Fadista“, sagte er nur. „Gleich sind wir am Ziel. Sehen Sie!“
    In der Ferne waren hell erleuchtete Fenster zu erkennen. Kurz darauf hielt der Wagen vor einem flachen weißen Gebäude mit vielen Fenstern zur Hofseite. Ein pummeliger Labrador trottete heran, begrüßte erst seinen Herrn und beschnupperte, mit freundlicher Herablassung, den neuen Gast. Hella klopfte den breiten schwarzen Rücken und folgte Klinghöfer ins Haus. Eine warme Dusche, ein gutes Essen mit einem Glas Wein und einen Plausch mit den anderen Reitgästen, die abends am Kamin zusammen saßen, wie Klinghöfer erzählt hatte, das waren ihre Wünsche für die nächsten Stunden. Sie wollte den Urlaub in vollen Zügen genießen. Und am Morgen würde sie diesen Lusitanohengst kennen lernen, einen Kastanienbraunen namens Fadista.
     

5
    „Der Name bedeutet Fadosänger“, erklärte Uschi Klinghöfer. „Also ein Sänger todtrauriger Lieder. Ziemlich passend für dieses Pferd.“
    Sie
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