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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht
Autoren: Markolf Hoffmann
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emporgebracht und so der Tathrilya großen Reichtum beschert. Aus dem Kelch aber hatte er der Legende zufolge stets einen Schluck Wein getrunken, bevor er in das unheimliche Verlies hinabgestiegen war.
    Im hinteren Teil der Halle, nahe der halbrunden Apsis, führten zehn Stufen in die Tiefe. Sie endeten vor einer Tür. Im Gegensatz zu dem allgegenwärtigen Prunk wirkte sie beinahe schlicht; das Silber rund um den Knauf war schwärzlich angelaufen. Keine Verzierung schmückte die glatte Türfläche, und auch ein Schlüsselloch fehlte.
    Seit der Vertreibung der Weißstirne hatte Bars Balicor viele Tage und Nächte vor der silbernen Tür zugebracht. Gemeinsam mit den troublinischen Priestern hatte er versucht, die Tür zu öffnen; doch auch die dunklen Künste der Bathaquar hatten die Bannzauber, mit denen Alplaudo Carxives das Verlies der Schriften versiegelt hatte, nicht brechen können. Balicors Plan, mit Hilfe dieser Quelle den Brennenden Berg zurückzuerobern, schien in weite Ferne gerückt. Zu allem Überfluß hatte der Thronrat verfügt, den Arphatern Zutritt zum Dom zu gewähren; eine Entscheidung, die Bars Balicor äußerst mißfiel.
    Argwöhnisch starrte er auf die hagere, dunkelhaarige Frau, die neben ihm auf den untersten Stufen vor der Tür stand. Sai'Kanee, die Priester in des arphatischen Todesgottes Kubeth, hatte ein goldbesticktes Gewand angelegt, ihr Gesicht war golden geschminkt. In ihren Händen ruhte ein schwarzes Tuch; ein länglicher Gegenstand war in den Stoff eingewickelt.
    »Wir haben alles Erdenkliche versucht«, schnarrte Balicor. »Dieser elende Kurator hat seine Bannzauber mehrfach verschleiert. Gegen diese tückische Magie kommen wir nicht an!« Bedauerlicherweise war Alplaudo Carxives während der Erstürmung des Doms den Zauberkräften Ulimans zum Opfer gefallen. Balicor war sich sicher, daß der Kurator unter der Folter das Geheimnis seines Bannzaubers verraten hätte. Doch nun war es zu spät, seinen Tod zu betrauern.
    Sai'Kanee gab keine Antwort. Sie war ganz in sich versunken. Ihre Hände umschlossen das dunkle Tuch. »Ich bezweifle, daß Ihr größeren Erfolg haben werdet«, fuhr Balicor fort. »Das Verlies der Schriften ist ein heiliger Ort; eine Anhängerin der alten Götter wird niemals den Weg in diese Gänge finden.» »Nicht die Götter werden mich in das Verlies führen«, antwortete Sai'Kanee. »Andere Mächte sind hier am Werk, Hohepriester; Mächte, die halb vergessen sind und in den Tiefen der Sphäre schlummern. Sie warten auf den Tag, an dem sie zurückkehren können.« Vorsichtig schlug sie das Tuch zur Seite und enthüllte den darin eingewickelten Gegenstand. Es war ein länglicher, schwarzer Stab, spröde wie Kohle. Balicor bemerkte, daß er aus drei Stücken zusammengesetzt war, verbunden durch einen dünnen goldenen Draht.
    »Das Metall der Täuschung«, entfuhr es ihm. Er deutete auf ihr Gesicht und ihre Kutte. »Genügt es Euch nicht, daß Ihr diese Halle durch Euer schandhaftes Auftreten entweiht? Müßt Ihr auch noch verruchtes Gold in den Dom tragen?«
    Sie würdigte ihn keines Blickes. »Tretet zurück, Priester! Ich werde die verborgenen Gänge öffnen; doch was dort unten auf uns wartet, weiß ich nicht zu sagen.«
    Sie hob den drahtumwickelten Stab. »Der Stab des Durtha Slargo«, murmelte sie. Ihre Worte waren so leise, daß der Hohepriester sie nicht verstehen konnte. »Aus Harsas gerettet und nun nach Vara zurückgekehrt… es ist lange her, daß er sich an diesem Ort befand.«
    Schon wollte sie den Stab auf die Tür richten, als eine helle Stimme sie zurückhielt. »Laßt diese Tür verschlossen!«
    Sai'Kanee und Bars Balicor fuhren herum. Auf der oberen Stufe stand in Begleitung einiger Leibritter der junge Kaiser. Uliman Thayrin war verstört; er starrte auf die silberne Tür. »Ich habe in das Herz der Quelle geblickt. Es war ein Fehler, Kraft aus ihr zu schöpfen, als ich den Dom von den Weißstirnen befreite. Sie ist zornig; sie möchte Rache nehmen.« Er senkte den Blick. »Mein Lehrmeister hatte mich gewarnt. Er sagte, ich solle mich von der Magie fernhalten. Mein Geist sei zu ungestüm, und ich wüßte nicht genug über das Leben, um ein Zauberer zu sein.«
    Bars Balicor runzelte die Stirn. »Das hat Rumos zu Euch gesagt?«
    »Nicht Rumos«, erwiderte Uliman. »Mein erster Lehrmeister, Aelarian Trurac. Ich habe ihm damals nicht geglaubt. Nun weiß ich, daß er die Wahrheit sprach. Doch es ist zu spät; ich habe meinen Weg gewählt.« Er deutete
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