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Flammen über Arcadion

Flammen über Arcadion

Titel: Flammen über Arcadion
Autoren: B Perplies
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des Universums, so gerne das mancher da oben in der Engelsburg hätte.«
    »Sei nicht albern, Giac.« Caryas Vater runzelte die Stirn. »Niemand behauptet, die Erde wäre eine Scheibe.«
    »Das war Sarkasmus, Edoardo. Darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass ich auf jedes meiner Worte achten muss. Dass die Freiheit der Wissenschaft mehr und mehr den Zwängen des Systems untergeordnet wird, das der Lux Dei geschaffen hat.«
    »Ein System, das uns aus der Not der Dunklen Jahren gerettet hat und das es uns erlaubt, auch in heutigen Zeiten ein anständiges Leben zu führen.« Unwillkürlich hatte der Tonfall von Caryas Vater an Schärfe gewonnen.
    »Ein anständiges Leben?«, fuhr Giac auf.
    Oh je, dachte Carya. Jetzt fängt er damit schon wieder an. Sie mochte ihren Onkel wirklich. Manchmal allerdings ging ihr sein Hang, Missstände aufzeigen zu wollen, auch auf die Nerven.
    »Giac«, warf ihre Mutter beschwichtigend ein, die ähnlich wie Carya eine weitere Tirade befürchtete.
    »Nein, Andetta!«, rief Caryas Onkel. »Ich weiß, dass an diesem Tisch die Dinge gerne totgeschwiegen werden, aber wenn alle so handeln würden, hätte es in den letzten Jahren überhaupt keine Veränderungen gegeben. Dann würden Mädchen wie Carya ab vierzehn noch immer in den Webereien oder den Gewächshäusern arbeiten, statt eine höhere Schule besuchen zu können.«
    Er hatte recht. Das war vor Caryas Geburt wirklich noch anders gewesen.
    »Schaut euch doch mal um! Natürlich ermöglicht der Lux Dei uns normalen Bürgern und braven Kirchgängern ein leidlich angenehmes Leben. Es fehlt zwar hier an Fleisch und dort an Treibstoff, aber alles in allem kann man es in dieser Stadt schon aushalten. Wenn ihr allerdings mal über den Rand eures Suppentellers blickt, was sieht man da? Außerhalb von Arcadion leben die Menschen in bitterster Armut. Und auch in den Arbeitervierteln in der Südstadt herrschen nur schwer erträgliche Zustände, weil dort einfach viel zu viele Menschen leben. Dazu kommt die Verfolgung von vermeintlichen Invitros. Und dann führen wir seit einer halben Ewigkeit Krieg gegen unsere Nachbarn. Dabei ist das kein Krieg um Ressourcen oder Land. Nein, im Kern geht es nur um Glaubensfragen, was nun wirklich der dümmste Grund ist, um sich gegenseitig totzuschlagen.«
    »Denkst du, den Templern macht der Krieg Spaß?«, fragte Caryas Vater herausfordernd. »Sie schützen uns, damit unsere Nachbarn uns nicht für schwach halten und einfach ausrauben.«
    »Ach was! Kein Mensch, der halbwegs bei Verstand ist, kann diesen ständigen Schwelbrand an unseren Grenzen wollen. Andererseits ist die Gefahr von außen natürlich wunderbar geeignet, um von den Problemen im Inneren abzulenken. Vielleicht ist das sogar der wahre Grund, warum sich der Lux Dei nicht die geringste Mühe gibt, auf unsere Feinde zuzugehen.«
    »Genug jetzt!« Caryas Vater sprang auf. »Wenn du aufrührerische Reden schwingen willst, geh zu deinen Professoren an der Universität. Ich werde mir das hier nicht länger anhören. Ich habe es mir ohnehin schon oft und lange genug angehört. Irgendwann muss auch mal Schluss sein.«
    Giac schnaubte. »Gott, wenn du dich nur selbst reden hören könntest: › Irgendwann muss Schluss sein. ‹ Ganz im Gegenteil!« Er erhob sich ebenfalls. »Irgendwann sollte mal jemand anfangen, klare Worte zu finden!« Er wandte sich Caryas Mutter zu. »Danke für das gute Essen,Andetta. Und sei uns Männern nicht böse, weil wir ständig streiten. So sind Brüder eben.« Die beiden Männer wechselten einen finsteren Blick.
    »Kommst du nächste Woche wieder vorbei?«, fragte Carya leise. »Du wolltest mir noch etwas über deine Himmelserforschung erzählen.«
    Giac strich ihr liebevoll über den Rücken. »Mal sehen, cara Carya. Mal sehen.«

Kapitel 3
    Nach dem Mittagessen zog Carya sich erneut um und machte sich einmal mehr auf den Weg hinunter in die Stadt. Das Vereinshaus ihrer Templerjugendgruppe lag keinen Kilometer entfernt westlich von ihrem Zuhause am Ufer des Tevere, der Arcadion als geschwungenes, grünbraunes Band durchströmte. Bei dem Gebäude handelte es sich um ein schmales, zwischen anderen Häusern eingeklemmtes Bauwerk, das im Erdgeschoss Büroräume aufwies und in den oberen Stockwerken Lehr- und Aufenthaltsbereiche sowie eine Küche und einen Esssaal für die insgesamt fünfzig Kinder und Jugendlichen ihrer Gruppe.
    Der Lux Dei hatte die Templerjugend seinerzeit aus der Taufe gehoben, um in den Dunklen Jahren die
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