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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika
Autoren: Martina André
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man sich über Sir Blake erzählt, ist etwas Wahres dran?» Unterschwellig verspürte sie eine gewisse Unruhe, und es wäre ihr lieber gewesen, wenn sie Maggie hätte mitnehmen dürfen.
    «Ich frage mich andauernd», bemerkte Lena mit einem Stirnrunzeln, «was wohl die Beweggründe von Edward Blake sein mögen, einen solch weiten Weg übers Meer auf sich zu nehmen, um ausgerechnet in London seine zukünftige Frau zu finden?»
    «Hieß es nicht beim letzten Debütantinnen-Tee», ergänzte Maggie, «dass Edward Blake dank seines Vaters, einem weithin bekannten Baronet, über ein äußerst stattliches Vermögen verfüge? Neben einer riesigen Plantage in Jamaika soll er der zukünftige Erbe etlicher anderer Ländereien in Übersee sein.»
    «Ja, ich erinnere mich. Allein in Redfield Hall auf Jamaika sollen es Hunderte Arbeiter sein, die dort ihr tägliches Werk verrichten, ja, wenn nicht Tausende!», sagte Lena mit verklärtem Blick.
    «Wer weiß.» Maggie legte den Kopf schief. «Vielleicht sehen die Frauen in Jamaika ja alle aus wie Vogelscheuchen? Oder er sucht sich lieber ein ehrliches, schönes Mädchen in Europa, das es nicht auf sein Geld abgesehen hat.»
    Lena machte sich selten Gedanken über Geld und Besitz. Aber das musste sie ja auch nicht. Schließlich war ihre Familie alles andere als arm. Johann Huvstedt war ein recht vermögender Hamburger Kaufmann, der mit seiner einzigen Tochter die halbe Zeit des Jahres in London lebte, um von hier aus seine Geschäfte mit Tabak, Tee, Baumwolle und Zucker aus Übersee zu koordinieren.
    Doch Lena wusste, dass Reichtum für ihren Vater auch Verpflichtung bedeutete: Verpflichtung gegenüber seinem Unternehmen und den darin beschäftigten Personen. Aber auch gegenüber der Gesellschaft. Schon vor dem frühen Tod von Lenas Mutter ging er jeden Sonntag zur Kirche und organisierte Wohltätigkeitsveranstaltungen, die aus den Elendsvierteln Hamburgs und Londons bewohnbare Orte machen sollten. Regelmäßig spendete er hohe Summen, sodass die Straßen von Hamburg auch in den Armenvierteln gepflastert werden konnten, und er förderte die Erbauung von Abwasserkanälen, damit das Trinkwasser aus der Themse endlich wieder genießbar wurde. Darüber hinaus unterstützte er in beiden Städten im Winter die kostenlose Verteilung von Brennholz und Brot an Bedürftige.
    Mehrfach hatte sich Lena die Frage gestellt, warum ihr Vater überhaupt eine Verbindung mit einem Mann wie Edward Blake für empfehlenswert hielt. Denn im Gegensatz zu den karibischen Pflanzern wie den Blakes legte er stets Wert darauf, keine Sklaven zu beschäftigen, sondern seine Arbeiter angemessen zu entlohnen. Handelten Plantagenbesitzer wie die Blakes nicht mit Gütern, an denen angeblich Sklavenblut klebte? Das behaupteten jedenfalls die Demonstranten diverser kirchlicher Abolitionisten-Organisationen, die sich gegen die Sklaverei stellten und in London manchmal zu nicht genehmigten Versammlungen aufriefen.
    Aber dann verwarf Lena ihre Zweifel wieder. Rosanna Rhys-Patrick, eine Freundin aus Internatszeiten, die ebenfalls an dem bevorstehenden Ball teilnehmen würde und deren Vater auch im Zucker- und Kaffeegeschäft reich geworden war, hatte die Gegner der Sklaverei Lügner genannt. Wenn die Neger nicht auf den Plantagen arbeiten könnten, müssten sie ihr Dasein in irgendeiner afrikanischen Wildnis fristen, wo es ihnen weitaus schlechter erging als in der Obhut ihrer weißen Herren. Und überhaupt hatte noch nie jemand etwas so Grauenhaftes wie Blut an Kaffee oder Teesäcken zu Gesicht bekommen. Rosanna vertrat die weit verbreitete Meinung, dass die Gerüchte eine Erfindung von irgendwelchen verrückt gewordenen Fanatikern waren, die sich aus Neid und Streitlust gegen die von Gott gegebene Ordnung auflehnten.
    «Ich an deiner Stelle …» Maggies Stimme riss Lena aus ihren Gedanken. «… würde selbst herausfinden wollen, ob mit dem Mann etwas nicht stimmt. Lass dein Herz sprechen, es wird dir den richtigen Rat geben.»

Kapitel 2
    1831  Januar // London // Almack’s Assembly Rooms

    S teh endlich auf!», polterte eine dunkle, männliche Stimme quer durch das prunkvoll eingerichtete Schlafzimmer, von dessen hohen Fenstern man auf den halb fertigen Buckingham Palace sehen konnte. «Anstatt am späten Nachmittag mit einer Negerhure im Bett zu liegen, solltest du ein wohlriechendes Bad nehmen und dich endlich für den Ball fertig machen! Ich habe Henry schon Bescheid gegeben, dass er heißes Wasser bringt und
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