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Flamingos im Schnee

Flamingos im Schnee

Titel: Flamingos im Schnee
Autoren: Wendy Wunder
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zugehüpft und gab ihr einen großen Scheck. So ein Tigger ist einfach großartig , dachte Cam, wenn er einem einen dicken, fetten Scheck überbringt . Die hohen Tiere bei Disney hatten offenbar von ihrer misslichen Lage erfahren und ihr einen Scheck zum Schulabschluss ausgestellt. Und nicht mal in Disney-Dollars.
    »Den können wir für Tijuana gebrauchen«, bemerkte ihre Mom.
    Seit Dr. Handsomes Prognose war ein Monat vergangen, und Alicia hatte Wort gehalten. Sie hatte praktisch ihren Job aufgegeben, um sich auf die Jagd nach einem Wunder zu machen. Deshalb war es ein regelrechtes Wunder, dass Cam heute hatte zur Arbeit gehen können, statt einen Termin bei irgendeiner sogenannten Heilerin zu haben.
    »Ich fahre nicht nach Tijuana«, sagte Cam. Viele der Wunderkuren, die ihre Mutter aufgetrieben hatte, setzten voraus, dass man zu irgendeiner zwielichtigen, teuren Privatklinik in Tijuana reiste, wo sie einem dann allen möglichen Mist spritzten.
    In den letzten Wochen war Cam bei einem Akupunkteur gewesen, einer Reiki-Therapeutin, einem Kräuterheilkundigen, einem Hypnotiseur und einer Taulasea – einer samoanischen Medizinfrau, die sie Muttermilch trinken ließ. Obendrein hatte sie mit einer Fernheilerin in Neuseeland namens Audrey telefoniert. Sie hatten fünfundachtzig australische Dollar plus den Anruf nach Neuseeland bezahlt, dafür, dass Audrey für eine Weile ins Telefon summte und ihnen hinterher eine E-Mail mit den angeblichen Ergebnissen der Heilung schickte, inklusive einer Balkengrafik über die Stärke von Cams Aura.
    Immerhin hatte es bewirkt, dass sie sich vor Lachen ausschütteten.
    Danach hatte Cam geschworen, dass jetzt Schluss mit alledem war. Sie hatte die Nase voll davon, irgendwelchen New-Age-Quatsch über sich ergehen zu lassen. Wenn sie noch einen Ton von einem Yanni oder einer Enya oder einer Harfe hören musste, würde sie durchdrehen.
    Tigger nahm seinen riesigen Kopf ab, woraufhin das freundliche Lächeln von Jackson zum Vorschein kam. Alles an Jackson war breit. Er hatte breite Schultern und einen Haufen irischer Sommersprossen auf seiner breiten samoanischen Nase. Wenn er lachte, konnte sie die abgebrochene Ecke an seinem rechten Schneidezahn sehen, die daher rührte, dass er sich mit sieben zu schnell im Teetassen-Karussell gedreht hatte.
    »Meinen Glückwunsch, Cam«, sagte er.
    »Hey, Jackson, mit dir geht es ja richtig aufwärts! Hast den Tigger-Job bekommen, was?«
    »Na ja, nur für den Sommer.« Er wurde rot. Der Job war ideal für ihn, denn er brauchte dabei nicht zu reden.
    Jackson kam wie sie aus einer Familie von Showleuten. Seine Eltern tanzten beide in der Aloha-Show, daher waren sie zusammen aufgewachsen und hatten miteinander im Vulkanbecken des Polynesian Hotels gespielt, während die Großen arbeiteten. Mit fünf hatten sie sogar einmal einen gemeinsamen Auftritt gehabt und die Bewegungen und Haltungen der Erwachsenen nachgeahmt, zur Begeisterung des Publikums, das geseufzt hatte: »Oh, wie süß! Kleine Hawaiikinder!«
    Mittlerweile aber war Jackson superschüchtern. Als Cam einmal versucht hatte, ihn zu küssen, nur so als Mutprobe, während sie für den Space Mountain im Tomorrowland anstanden, hatte er total verdattert reagiert und monatelang nicht mehr mit ihr geredet.
    Das war ihr ganzes Liebesleben. Ein verhinderter Kuss beim Schlangestehen.
    »Den Scheck kannst du dir für deine Zukunft aufheben«, sagte Jackson, was lieb von ihm war, aber irgendwie auch ein bisschen blöd.
    »Ich war schon im Zukunftsland mit dir, Casanova, aber da war nicht viel los, weißt du noch?«
    »Das tut mir immer noch leid«, erwiderte Jackson und wurde wieder rot. »Willst du heute Abend nochmal mit mir hingehen? Zum Space Mountain?«
    »Tanz erst mal mit mir«, sagte Cam, woraufhin die ganze Gesellschaft zur Bühne im Speisesaal umzog und ein paar traditionelle, erzählende Tänze aus Hawaii und Samoa tanzte. Sie begannen langsam, mit nuancierten, fließenden Arm- und Handbewegungen und großen, schaukelnden Schritten wie Wellen. Dann übernahmen die Tahitimädchen die Bühne, und es ging richtig ab. Diese Girls hatten es drauf, mit ihren Varus und Fa’arapus . Überall zuckten und wogten die Hüften. Cam hielt mit, so gut sie konnte, aber nach etwa zehn Minuten war sie erschöpft.
    Etwas später zündeten sie und Jackson ihre Feuerstäbe an und wirbelten sie ein bisschen herum. Cam mochte den Geruch der Anzündflüssigkeit und die extreme Hitze der Flammen, die an ihrem Gesicht
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