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Flames 'n' Roses

Flames 'n' Roses

Titel: Flames 'n' Roses
Autoren: Kiersten White
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an.
    Die meisten Paranormalen haben keine Ahnung von meinen Fähigkeiten. Und das sollte auch so bleiben. »Raquel würde nie ›Heia‹ sagen.«
    Nicht-Jacques schüttelte den Kopf. Er beugte sich noch weiter vor und ich betrachtete sein Gesicht, suchte nach seinen eigenen Zügen. Das Einzige, was ich einigermaßen problemlos fixieren konnte, waren seine Augen. Schockiert richtete er sich auf. Eins musste man ihm lassen: Er verlieh Jacques’ Gesicht mehr Ausdruck, als Jacques selbst das je geschafft hatte.
    »Du kannst mich sehen«, flüsterte er.
    »Äh, jaaa? Du stehst ja auch direkt vor mir. Verkleidet als Jacques. Steht dir übrigens besser als Raquel.«
    Er lächelte wieder sein geheimnisvolles Lächeln. Dann kräuselte sich seine Haut wie Wasser im Wind und Jacques zerrann. Jetzt war er fast unsichtbar – bis auf seine Fußfessel. Er ging auf die andere Seite der Zelle, wo er sich ganz unvermittelt zu Boden fallen ließ.
    Mein Blick fand seine Augen, die mich anstarrten, und ich begriff zu spät, dass das ein Test gewesen war. Er hatte sehen wollen, ob ich seinen Bewegungen folgen konnte, wenn er seinen Unsichtbarkeitsmodus anschmiss.
    Farbe breitete sich auf seinen Wangen aus, sein ganzer Körper schimmerte und plötzlich stand ich mir selbst gegenüber – mir, in allen Einzelheiten, bis hin zum flauschigen, leuchtend rosa Bademantel. »Du kannst mich sehen«, ertönte meine erstaunte Stimme aus seinem Mund.
    »Evie!« Raquel stöckelte in ihren bequemen (sprich hässlichen) schwarzen Pumps auf uns zu, ein Stirnrunzeln meißelte eine tiefe Falte zwischen ihre Augenbrauen. Erwischt. »Du solltest gar nicht hier sein.«
    »Tja, wenn dir das lieber ist: Ich bin auch da drüben.« Ich deutete auf die Zelle.
    Raquel blieb wie angewurzelt stehen, ihre Stirn glättete sich vor lauter Überraschung, als sie Nicht-Mich hinter der Glasscheibe anstarrte.
    »Erstaunlich«, hauchte sie.
    »Na ja, geht so.« Nicht-Ich gähnte und fing an, mit seinem … meinem platinblonden Haar zu spielen.
    »Was bist du?« Raquel wurde plötzlich ganz geschäftsmäßig.
    Nicht-Ich schenkte ihr ein verschmitztes Lächeln.
    Mich selbst dabei zu beobachten, wie ich all diese Dinge tat, war extrem eigenartig. Ich sah mein Gesicht aus Blickwinkeln, aus denen ich es noch nie betrachtet hatte – das war mal was ganz anderes, als in den Spiegel zu gucken.
    Nicht-Ich sah wieder zu mir und schüttelte meinen – äh, seinen? – Kopf. »Ich krieg deine Augenfarbe nicht richtig hin.« Er stand auf und spazierte direkt auf das elektrische Feld zu, ohne den Blick von mir zu wenden.
    Ich konnte nicht anders, als mich gründlich unter die Lupe zu nehmen. Ich war hübsch. Na ja, etwas zu dünn, aber ich war schon immer ein ziemlicher Strich in der Landschaft gewesen. Und noch dazu ziemlich flach. Leider. Langsam wurde mir das nun aber doch zu freakig. »Hör auf damit«, verlangte ich stirnrunzelnd.
    Er starrte mich jedoch einfach weiter an, mit meinem Gesicht. Ich hatte mich bisher hauptsächlich auf seine echten Augen konzentriert, darum fiel mir erst jetzt auf, dass er bei meinen Augen verschiedene Farben ausprobierte. »Passt nicht ganz«, murmelte er vor sich hin. »Zu silbrig. Und jetzt ist es zu dunkel. Sie sind so blass.«
    Er hatte recht. Das Grau meiner Augen war so hell, dass es fast schien, als hätten sie gar keine Farbpigmente.
    »Was ist das für eine Farbe?«, überlegte Nicht-Ich. Seine Augen flackerten jetzt, wechselten die Farbe so schnell, als hätte jemand auf Vorspulen gedrückt. »Wie eine Wolke mit einem winzigen Anflug von Regen.«
    »Bäche aus Schnee und aus Eis«, antwortete ich, ohne nachzudenken.
    Abrupt richtete er sich kerzengerade auf und wich in eine Ecke seiner Zelle zurück. Ich sah, wie Angst und Misstrauen über mein Gesicht huschten. »Ja, das ist es«, flüsterte Nicht-Ich.

Leih mir dein Ohr … und nicht nur das
    »Wo ist Denise?«, wollte Raquel wissen und starrte Waterboy in seiner Zelle finster an.
    Ich seufzte erleichtert auf, als mein Gesicht von seinem herunterschmolz und das von Denise an seinen Platz trat.
    »Noch genau da, wo ich sie zurückgelassen habe«, antwortete Nicht-Denise. Immer wieder wanderte sein Blick zu mir.
    »Und das wäre wo?«
    »Auf dem Friedhof. Sie werden sie schon finden.«
    »Denise oder ihre Leiche?« Raquels Stimme klang hart.
    Nicht-Denise verdrehte die Augen. »Sie hat allenfalls ein bisschen Kopfschmerzen. Oh Mann, Sie scheinen mich ja echt für ein Monster zu halten.«
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