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Flames 'n' Roses

Flames 'n' Roses

Titel: Flames 'n' Roses
Autoren: Kiersten White
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mir so sehr gewünscht hatte, spielte noch eine Rolle.
    »Das wurde aber auch Zeit«, sagte Reth und lehnte sich lässig an den Tresen.

Wege und Möglichkeiten
    Ich sah Reth an. Erfüllt, wie ich nun war, konnte ich besser denn je durch seine gewohnte Gestalt hindurchblicken, direkt bis zu seiner Seele. Sie war wunderschön. Im Gegensatz zu den flüssigen Flammen, mit denen er mich hatte erfüllen wollen, war seine Seele fest, wie kristallisiert. Sie leuchtete in demselben hellen Goldton wie die anderen, nur dass sie vollkommen beständig blieb.
    »Eigentlich müsste ich jetzt mit dir schimpfen – einfach so eine Unseelie herbeizurufen! Wenn du gestorben wärst, wäre ich wirklich sehr enttäuscht gewesen. Aber es hat ja alles wunderbar funktioniert. Nun müssen wir noch nicht einmal mehr Zeit damit verschwenden, dich zu erfüllen.« Lächelnd richtete er sich gerade auf. »Das heißt, wir können gleich zum angenehmen Teil übergehen.«
    »Zum angenehmen Teil?« Sogar meine Stimme klang anders; sie war voller, vielschichtiger, als würden unzählige Versionen meiner selbst gleichzeitig sprechen. Die Stimme einer Unsterblichen.
    »Aber ja.« Reth klatschte in die Hände. »Wir können die ganze Nacht tanzen, jede Nacht, und du wirst ewig leben, Evelyn. Natürlich gibt es auch ein bisschen Arbeit. Aber die kann warten, bis ich dich bei Hofe vorgestellt habe. Sie werden alle ganz begeistert sein, dich kennenzulernen. Und jetzt, da du endlich zu uns gehörst, kann ich dir auch alles erklären. Aber ich plappere und plappere! Nun ja, es freut mich einfach so sehr, dass wir gewonnen haben und dass du endlich mit mir heimkommen kannst, dorthin, wo du hingehörst.«
    »Warum?«
    Er sah mich verwirrt an. »Warum was?«
    »Warum sollte ich mit dir gehen?«
    »Nun, hierher gehörst du schließlich nicht mehr! Du spürst es doch auch, nicht wahr? Wie flüchtig, wie fadenscheinig diese Welt ist? Und ständig macht man sich irgendwo schmutzig.« Stirnrunzelnd sah er hinunter auf seine Weste und fegte ein Stäubchen weg. »Außerdem gibt es viel zu tun. Ach, ich bin so froh, dass es nun deine Prophezeiung werden wird. Da sieht doch alles gleich viel fröhlicher aus.«
    »Meine Prophezeiung.« Früher wäre ich begierig gewesen, sie zu hören, ich hätte alles dafür gegeben, aber jetzt fiel es mir schwer, überhaupt Interesse aufzubringen, nun, da ich vor Leben geradezu brannte.
    »Mal überlegen, wie ging das noch gleich … ›Augen wie Bäche aus Schnee und aus Eis‹, und so faszinierend, wenn ich das anmerken darf. ›Voll Kälte – so vieles, das sie noch nicht weiß. Zwischen Himmel und Hölle, seit Anfang der Zeit. Flüssige Flammen beenden ihr Leid. Ihr Feuer ist’s, das alle befreit. Ihr Feuer ist’s, das alle befreit.‹«
    Das Haus fühlte sich so klein an – zu eng, zu vergänglich. Der Verfall, den ich plötzlich spürte, war niederdrückend.
    Ich ging zur Haustür und merkte kaum, wie der Türknauf in meinen Händen zerschmolz. Vor der Veranda blieb ich stehen, atmete tief ein und hob den Blick zum Himmel. Die Sterne, so kalt und hell – in ihrer Gesellschaft fühlte ich mich wohl. Seltsam geformte Schatten und schwache Spuren von Licht umgaben mich. Ich sah alles. Jedes Blatt, jeder Grashalm war vollkommen klar umrissen, aber da war noch mehr – direkt hinter dem, was ich sah.
    »Evelyn, mein Herz, wo willst du hin?« Reth hatte mich eingeholt und stand neben mir.
    »Das Licht und die Schatten. Wo kommen die her?«
    »Das sind Wege und Möglichkeiten. Ich kann dir zeigen, wie man sie beeinflusst, wenn du möchtest.«
    Ich sah weiter auf zu den Sternen, hob eine meiner brennenden Hände und streckte sie flach zum Himmel aus. »Hier ist irgendwas«, sagte ich leise. Meine Stimme klang fremdartig in meinen Ohren. Zu dieser Welt gehörte so viel mehr, viel mehr, als ich je gespürt hatte. »Eine Tür.«
    Reth legte mir eine Hand auf den Arm. »Ach, darum brauchst du dich nicht zu kümmern. Das ist unwichtig. Ich mache uns eine Pforte. Du gehörst zu mir, an meine Seite, für immer.«
    Wieder wandte ich mich dem Himmel zu. Wenn ich mich auf ein paar Sterne konzentrierte, formten sie den Umriss eines Tors. Komisch, dass mir das noch nie aufgefallen war.
    »Evelyn, lass das!«, rief Reth, dessen Stimme nun leicht panisch klang.
    »Was soll ich lassen?«
    »Du willst sie doch nicht gehen lassen. Nicht so.«
    Stirnrunzelnd drehte ich mich zu ihm um. »Wovon redest du?«
    »Die Seelen. Du brauchst sie. Das ist nicht
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