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Flames 'n' Roses

Flames 'n' Roses

Titel: Flames 'n' Roses
Autoren: Kiersten White
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dir sicher sein, dass sie dir gehören soll, und sie dir wünschen, nach ihr rufen. Sie wird dich hören, denn genau dafür sind wir erschaffen worden. Wir sind die Leeren Wesen und die Seelen wollen zu uns kommen. Darum können wir alles sehen, auch das, was unter den Covern ist. Und wenn du erst mal mehr davon hast, kannst du sogar direkt bis zu den Seelen hindurchsehen.« Sie legte mir ihre freie Hand auf den Arm und ich hörte, wie glücklich ihre Stimme klang. »Es ist ein wunderschönes Gefühl, Evie, und sie werden alle uns gehören. Uns gemeinsam.«
    Ich nickte und legte Reth meine Hand auf die Brust. Sein schmerzhaft schönes Gesicht war ganz entspannt und er beobachtete mich mit ruhigem Blick.
    »Du musst es wollen«, feuerte Vivian mich an. »Nimm sie dir.«
    Und da wusste ich es plötzlich. Ich wusste, was ich wollte.
    »Hey, Viv«, sagte ich und unterdrückte mit Mühe die Tränen, als ich sie ansah. Ich spürte ihre Freude darüber, endlich jemanden gefunden zu haben, der wie sie war. »Es tut mir leid, dass du so lange allein warst. Und es tut mir leid, dass … Es tut mir so leid.« Ich drückte meine Handfläche auf ihre Brust. Sie strahlte so viel Hitze aus, dass es brannte. Ich fühlte, wie sie meine Hand versengte, aber ich ließ nicht los, schloss die Augen und öffnete mich, zum ersten Mal, um die Seelen hereinzulassen.
    Nichts geschah.
    Vivian riss meine Hand von ihrer Brust und schleuderte mich durch den Raum, gegen die Wand. Der Schmerz breitete sich in meinem ganzen Körper aus.
    »Was soll denn das? Willst du, dass ich dich umbringe? Nichts leichter als das! Ich hab dein Mitleid nicht nötig, du erbärmliches kleines Ding. Weißt du überhaupt, was ich bin? Ich bin Gott, Evie. Ich bringe den Tod und das Leben! Und ich fasse es einfach nicht, dass ich das tatsächlich mit dir teilen wollte. Die Feen hatten recht.« Kopfschüttelnd durchquerte sie den Raum, bis sie vor mir stand, flammend hell und schrecklich. »Es gibt wirklich keinen Grund, dich am Leben zu lassen.«
    Sie zog mich an den Haaren hoch, bis mein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von ihrem entfernt war. Ich fühlte, wie meine Haut sich in der Hitze rötete. Der Gestank versengter Haare brannte mir in der Nase. Ihre Stimme wurde leiser, sanfter.
    »Ich hätte wissen müssen, dass du es nicht verstehst, dass du es nicht wirklich willst. Aber keine Sorge. Ich nehme mir das armselige bisschen Seele, das du bis jetzt zusammenkratzen konntest, und füge es meiner Sammlung hinzu. So können wir dann wirklich für immer zusammen sein.« Sie legte mir die Hand aufs Herz.
    Ich hielt die Luft an und krallte mich an den letzten, wertvollen Sekunden meines Lebens fest. Wie würde es sich anfühlen zu sterben? Ihre Hand war glühend heiß und brannte. Aber das war alles – das Leben strömte nicht aus meinem Körper.
    Ihre Schultern fingen an zu zittern und ich begriff, warum es nicht funktionierte. »Du musst es wollen«, flüsterte ich. Vivian wollte mich nicht töten. Ich hob die Hand und legte sie sanft auf ihr Herz. Jetzt verstand ich – ich – wollte es. Ich wollte diese Seelen, wollte sie aus ihr befreien. »Lass sie gehen, Viv.«
    Ich keuchte auf. Mein ganzer Körper versteifte sich, als die Hitze durch ihre Haut brach und mich durchzuckte wie ein Stromschlag. Sie durchflutete, überwältigte mich. Nichts existierte mehr außer mir und dem Feuer, das von jeder einzelnen meiner Zellen Besitz ergriff.
    Vivians Leuchten ließ nach, all ihre Glut wich aus ihr. Ihre Gesichtszüge wurden immer klarer und die Flammen verloschen, bis ich sie nur noch in ihrem Herzen und in ihren Augen erkennen konnte. Nur noch ein kleines bisschen, das wusste ich, und sie würde sterben. Und dann spürte ich sie. Ich spürte Vivian, ihre eigene Seele. Sie war ein winziges, zerbrochenes Etwas und ich wollte sie haben, wollte ihr einen Zufluchtsort in meinem eigenen Körper geben. Und beinahe hätte ich es auch getan, doch dann sah ich ihre Augen. Sie waren ganz kalt geworden – kalt und ausdruckslos.
    Ich riss meine Hand weg und Vivian fiel zu Boden. Ich dachte, noch einen Funken in ihr zu erkennen, die winzigste Spur einer Seele. Und dann war es mir egal.
    Mit dem Feuer in meinen Adern schien plötzlich alles weit entfernt, so als würde ich die Welt zum ersten Mal sehen, wie sie wirklich war – nichts als ein flüchtiger Traum, dunkel, kalt und tot. Ich dagegen war ewig und nichts von dieser irdischen Existenz, nichts von dem normalen Leben, das ich
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