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Fix und forty: Roman (German Edition)

Fix und forty: Roman (German Edition)

Titel: Fix und forty: Roman (German Edition)
Autoren: Rhoda Janzen
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nickte sie freundlich. »Ein entspannter Kiffer, das klingt nett.«
    Es musste irgendetwas dahinterstecken, wenn ein Kiffer für eine Frau, die sich für Endogamie aussprach, keinen Grund zur Sorge darstellte. Ich beschloss nachzuhaken.
    »Vielleicht raucht Vetter Wally auch ab und zu ein bisschen Gras«, spekulierte ich (obwohl ich mein karges Restvermögen darauf verwettet hätte, dass er es nicht tat).
    »Oh nein!«, rief Mom. »Dein Vetter Waldemar würde NIEMALS Gras rauchen! Er fährt Traktor! In seiner Freizeit!«
    »Und inwiefern hält ihn das Traktorfahren vom Grasrauchen ab?«
    Mehrere Leute in der Schlange folgten inzwischen unserem Gespräch. Der Mann vor uns versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken.
    »Wenn du in deiner Freizeit Traktor fährst«, erklärte meine Mutter voller Überzeugung, »heißt das, dass du eine strenge Arbeitsethik hast. Es kommt nicht von ungefähr, dass Waldemar sich ein hübsches Haus am Strand leisten kann.«
    »Er wird seinen Traktor doch nicht am Strand fahren?«
    »Nein! Den fährt er natürlich bei Orrin und Maria! Er lässt seine Nichten und Neffen mitfahren.«
    »Ach. Ich dachte er arbeitet auf dem Traktor und fährt nicht nur so zum Spaß herum.«
    »Waldemar arbeitet sehr hart«, entgegnete meine Mutter stolz. »Du weißt genau, dass Traktorfahren sowohl mit harter Arbeit als auch mit Spaß verbunden sein kann. Genau wie die Ehe.«
    Eine der besten Eigenschaften meiner Mutter ist, dass sie einem im Gespräch überallhin folgt. Sie beantwortet jede Frage, je absurder, desto lieber. Natürlich kann ich der Versuchung nicht widerstehen, ihr Fragen zu stellen, die kein normaler Mensch sich gefallen lassen würde. »Mom«, sagte ich mit gespieltem Ernst, »würdest du lieber einen freundlichen Kiffer oder deinen Cousin ersten Grades auf einem Traktor heiraten? Beide sind Lehrbeauftragte«, fügte ich hastig hinzu.
    »Heirate du ruhig deinen Kiffer, wenn du magst«, sagte sie großherzig, »solange du dir Zeit lässt. Sagen wir zwei Jahre. Aber was mich und die meinen betrifft, so ehren wir Gott in der Höhe.«
    »Mama!«, entgegnete ich entrüstet. »Woher willst du wissen, dass der Kiffer Gott nicht ehrt? Das tut er nämlich sehr wohl! Religion ist ihm sogar wichtiger als mir!« (Zu dieser Überzeugung kam ich, weil ich einmal gehört hatte, wie der Kiffer leise Amazing Grace sang.)
    »Ich glaube, dass der Herr einen Mann auf einem Traktor mehr achtet als einen Mann, der im Schlafanzug Marihuana raucht«, sagte meine Mutter ernst. »Und ich kann ihn gut verstehen.«
    »Na schön«, sagte ich, als wir uns dem Umtauschschalter näherten. »Ich gebe auf. Dann heirate ich eben meinen Vetter Wally. Aber er muss mich erst fragen. Du wirst unser erster Übernachtungsgast in unserem Strandhaus in Nova Scotia sein. Doch ich warne dich, es wird ein Joint unter dem Kopfkissen liegen. Anstatt des Pfefferminzbonbons.«
    Sie kicherte vergnügt. »Das ist in Ordnung. Ich kann Pfefferminzbonbons nicht ausstehen.«

ZWEI
    Fühl mir auf den Zahn
    Ich hoffe, inzwischen ist klar, dass die Mennoniten nichts mit mir anfangen können. Der einzige Grund, warum sie nett zu mir sind, ist die Tatsache, dass mein Vater ein hohes Tier ist, meine Mutter leckeren Kuchen backt und ich auf ihre Kinder aufgepasst habe, als ich zwölf war. Einmal habe ich Jamie Isaac, der mit fünf Jahren immer noch Windeln trug und heute ein erfolgreicher Computeranalyst sowie Vater dreier Kinder ist, beim Babysitten überredet, Katzenfutter aus der Dose zu essen.
    Connie Isaac, Jamies Mutter, war eine mennonitische Folk-Sängerin und hatte gerade ein Album mit dem bestechenden Titel Sing Alleluia! herausgebracht. Die Isaacs wohnten vier Häuser weiter – Mennoniten neigen dazu, in Rudeln zu leben –, und wir kannten den Text von Sing Alleluia! in- und auswendig. Radio hören war bei uns zu Hause verboten, genauso wie jegliche Art von Musik, die auch nur im Entferntesten weltlich roch, Rock ’n’ Roll sowieso. Aber gegen Connie Isaacs Sing Alleluia! konnten meine Eltern nichts einwenden. Damit hatten wir einen Song, den wir schonungslos rauf und runter sangen.
    Sing Alleluia! handelte von einem mennonitischen Bauernmädchen, der kleinen Anna Barkman, die nicht zum Spielen rausgehen durfte, weil sie die mennonitischen Arbeitsbräuche lernen musste. Emsig zählte sie in ihrem stillen Kämmerchen die Körner des harten roten Winterweizens. Auf dem Album ließ Connie Isaac die Rolle der kleinen Anna von ihrer Tochter
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