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Fix und forty: Roman (German Edition)

Fix und forty: Roman (German Edition)

Titel: Fix und forty: Roman (German Edition)
Autoren: Rhoda Janzen
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. Nach achtzig Seiten historischer Fotos von mennonitischen Bauern, Pfarrern und Mühlenbesitzern sah ich plötzlich die Zeichnung eines russischen Karrens. Der klapprige Leiterwagen sah aus wie das traurige Fort, das meine Brüder im Alter von acht und fünf Jahren im Garten aus der Sperrholzkiste bauten, in der der Kühlschrank der Nachtigalls geliefert worden war. Die Zeichnung hatte der mennonitische Autor Gerhard Lohrenz mit der folgenden lakonischen Bildunterschrift versehen: »Russisches Fuhrwerk, vergleiche mit mennonitischem Fuhrwerk, S. 249.« Ich muss sagen, der dünkelhafte Unterton der Bildunterschrift überraschte mich ein bisschen. Was Pfarrer Gerhard Lohrenz implizierte, war, dass das mennonitische Fuhrwerk, verglichen mit diesem rostigen russischen Ford Pinto, ein Porsche Boxster war.

    Sein eigenes Auto muss Pfarrer Gerhard Lohrenz wie seinen Augapfel behandelt haben, damals, als er es noch samstags in der Auffahrt shampoonierte. Doch als Erinnertes Erbe herauskam, war Pfarrer Gerhard Lohrenz bereits sechsundsiebzig und eigentlich reif genug, um ohne den Vergleich von Statussymbolen auszukommen. Mann , dachte ich. Mennoniten sollten nicht mit ihren Karren angeben. Sie sollten ein einfaches bescheidenes Leben führen und Gott danken, dass sie es über das Pferd hinausgebracht hatten.

    Wie auch immer. Folgsam schlug ich S. 249 auf, wo ich nicht nur eins, nicht nur zwei, sondern drei mennonitische Fuhrwerke fand, von denen jedes einzelne offensichtlich tausendmal cooler war als die russische Kiste. Hier die Bildunterschriften. Unter dem ersten stand: »Ein geschlossenes Fuhrwerk der Mennoniten, bei den Russen unbekannt.« ( Hey, ihr Russen! Von so einer Karre TRÄUMT ihr! ) Unter dem zweiten Bild stand: »Mennonitische Droschke, wie sie jeder mennonitische Bauer besaß. Bei den Russen war die Droschke weitgehend unbekannt, außer bei sehr wohlhabenden Russen, die den Mennoniten eine abkauften.« (Pech, dass euer reichster Russe nur so viel wert ist wie der ärmste Mennonit!) Und schließlich die dritte Bildunterschrift, mit der Pfarrer Gerhard Lohrenz den Vogel abschießt: »Mennonitischer Kastenwagen. Bei den Russen unbekannt, jedoch sehr begehrt. Wohlhabende russische Bauern kauften solche Wagen den Mennoniten ab, sobald sie es sich leisten konnten.« (Gebt auf, ihr armseligen Kutschen-Loser!)
    Der Grund, warum ich all das erwähne, ist die Ironie des Schicksals, dass dieselben Mennoniten, die einst die coolsten Typen im Umkreis waren, sich knapp fünfzig Jahre später in die Über-Dorks des Universums verwandelten, gerade rechtzeitig zu meiner Kindheit. Der Lauf der Geschichte erinnert uns daran, dass jede ethnische Reise Höhen und Tiefen erlebt. Stets begleitet von einem Gruß des Propheten Jesaja, der da lautet: »Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden.« Und so drehte sich das Rad der Fortuna, und die Mennoniten waren an der Reihe, auf der Leiter der Coolness ganz unten zu stehen. Vorbei die Zeiten des triumphreichen Judenplans . Vorbei die Gunst der Zaren, vorbei die Beisitzersiedlungen, vorbei die Leibeigenen, die einer Familie über drei Generationen treue Dienste leisteten. Hallo, lange Röcke, straffe Zöpfe und Borschtsch aus der Thermosflasche. Als die Beatles am Horizont auftauchten und der Rest des Landes Here Comes the Sun sang, musste ich feststellen, dass die Mennoniten, angeführt von Connie Isaac, Halleluja sangen.
    Und hier die Wahrheit über die Mennoniten, die harten Tatsachen, die Sie in den Abhandlungen mennonitischer Historiker nicht finden werden. Aus Respekt vor Ihrer kostbaren Zeit habe ich das Material in einer Liste hilfreicher Stichwörter angeordnet. Mennoniten haben eine hohe Toleranzgrenze, was Langeweile angeht. Wie schon erwähnt können wir Stunden über Stunden in der Kirche still sitzen, und zwar auf einer Holzbank, auf einem flachen Hintern, in einem kratzigen Kleid; es ist eine Fähigkeit, die wir von Geburt an trainieren. Aber weil mir bewusst ist, dass nicht jeder über mennonitisches Sitzfleisch verfügt, biete ich hier eine Kurzübersicht, eine Art Reader’s Digest für die Eiligen und Beschäftigten.

Cannabis sativa
    Erstens, die meisten Mennoniten wissen nicht, was Dope ist.
    Zweitens wüssten sie nicht, was sie damit anfangen sollen, wenn man es ihnen sagen würde.
    Drittens, Mennoniten würden nicht nur nicht inhalieren; sie würden es klein hacken wie Petersilie und einen Teller Borschtsch damit
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