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Fix und forty: Roman (German Edition)

Fix und forty: Roman (German Edition)

Titel: Fix und forty: Roman (German Edition)
Autoren: Rhoda Janzen
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genetisches Rosa
    Mennoniten heiraten ihre Cousins und Cousinen und ihre Cousins und Cousinen zweiten Grades. Mennoniten erkennen sich immer sofort am Aussehen und am Geruch. Wir haben die gleichen Nachnamen. Wir haben einen heimlichen Händedruck. Wenn Sie Mennonit sind, kann ich Ihnen mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass Sie mit einem Cousin oder einer Cousine zweiten Grades meiner Mutter verheiratet sind. Wir sind alle irgendwie miteinander verwandt, und daher ist der Gen-Pool seicht. Kommen Sie rein und planschen Sie, wenn Sie müssen, aber braun werden Sie dabei nicht. Wir sind teutonische Riesen, die Badeanzüge in Übergrößen tragen und Sonnenbrand bekommen.
    Reingefallen! Wir tragen keine Badeanzüge! Wenn wir Badeanzüge tragen würden, hieße das, wir müssten uns nackt ausziehen! Wir haben Besseres zu tun. Zum Beispiel aufmerksam in der Kirche zu sitzen und zu beten, dass Gott uns nicht beruft, den Chaco zu missionieren!

Multitasking
    Früher wuchsen alle nordamerikanischen Mennoniten damit auf, Plautdietsch zu sprechen, ein Plumpsklo im Hof zu benutzen und Erbsen zu schälen, manchmal alles zur gleichen Zeit. Dadurch sind wir brillante Multitasker geworden. Meine Mutter, eine von siebzehn Geschwistern, wuchs sogar mit einem Tandem-Plumpsklo auf, damit die Leute nicht so lange warten mussten, bis sie an der Reihe waren; man ging paarweise rein, verrichtete sein Geschäft, und dann ging man schnell wieder an die Arbeit. Wer zusammen stinkt, der auch zusammen strickt.
    Das Plumpsklo hinter der Kirche, in der mein Vater Pfarrer war, hatte nur einen Einzelsitz, aber das war mir recht. Ich ging gern allein aufs Klo. Draußen holte ich einmal tief Luft und versuchte, während der ganzen Sitzung nicht zu atmen. Ich schaffte es nie, und am Ende musste ich immer den gewaltigen Gestank inhalieren. Aber nach etwa zehn Sekunden gewöhnt man sich daran: Es ist ein schlichter, natürlicher Geruch. Irgendwie mochte ich ihn. Und ich starrte auch gern mal durch das Loch runter auf den schauderlichen Unrat mit den großen feuchten Schmeißfliegen. Da lagen die kernigen Würstchen, leicht deformiert durch ihren Fall; dort waren interessante dunkle Stellen, die das verschmierte Papier verschluckten. Einmal sah ich den Schatten einer Ratte im langsam schwindenden Dämmerlicht vorbeihuschen. Oft blieb ich in dem Plumpsklo länger als nötig.
    Ich kann es nicht erklären, aber es hatte etwas zutiefst Befriedigendes, dem Schlimmsten, das die Menschheit produzieren konnte, ins Angesicht zu blicken. Was dort unten unter dem hölzernen Sitz brodelte, war die gemeinschaftliche Versicherung, dass all die prüden Damen aus der Kirche – Mrs. Franz Redekopp, Mrs. Heinrich Braun, Mrs. Jakob Liebelt – unter ihren matronenhaften Röcken doch nicht so prüde waren.
    Aber ich schweife ab. Vielleicht ist man als siebzehntes Kind einfach nur dankbar, überhaupt einen Platz zu haben, und froh, dass der eigene Mist Teil des größeren Mists wird. Außerdem lernt man hart zu arbeiten und den vielen gleichzeitigen Gesprächen zuzuhören, die um einen herum geführt werden. Selbst wenn Sie zu viert in einem Bett schlafen, meistern Sie die Kunst des Multitaskings. Fünf verschiedene Aufgaben für fünf verschiedene Schwestern zu erledigen, die ihrerseits auch verschiedene Dinge gleichzeitig tun, erzeugt ein tröstliches Gefühl der Anonymität. Nennen Sie uns Legion, denn wir sind viele!

Der Liederabend
    Die Freuden der Nacktheit mögen den Mennoniten fremd sein, doch dafür können wir in entzückender Harmonie die Kirchenlieder unserer Jugend a capella singen. Dies ist auch einer der Gründe, warum Mennoniten so große Familien haben. Die Eltern versuchen, einen Familienchor zusammenzustellen. Wenn sie noch keinen Tenor haben, was soll’s, sie versuchen es weiter, bis es klappt. Ich bin alles andere als musikalisch begabt, auch wenn ich den ein oder anderen Ton halten kann und eine einigermaßen akzeptable Altstimme habe. Ich erinnere mich, wie überrascht ich war, als ich zum ersten Mal auf eine öffentliche Schule ging und meine Klassenkameraden aus dem Easterby-Grundschulchor ihre Interpretation des Klassikers Jimmy Crack Corn zum Besten gaben. Die Darbietung war eher euphorisch denn melodisch, und fast kein Schüler schien je etwas von Harmonik gehört zu haben außer Lola, die schon als Kind eine herrliche Stimme hatte. Die arme Lola war kurz davor, in Tränen auszubrechen.
    Als ich einmal als Erwachsene eine Bildungsreise mit einer
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