Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje

Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje

Titel: Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
hatte ich Fred und seinem »Zack, zack, du lahme Sumpfschnepfe«-Gebrüll zu verdanken. Davon abgesehen war ich mit meinem Aussehen aber hoch zufrieden. Die paar Tage bei Sonne und Wind hatten meinem blassen Stadtgesicht eine zarte Bräune, rosige Wangen und ein paar neue Sommersprossen geschenkt. Die Haare hatten jeden Schimmer von Kanadischem Ahorn verloren und fielen in goldenen Wellen auf meine Schultern. Ich schaute mein Spiegelbild voller Entzücken an.
    »Findest du nicht auch, dass ich aussehe wie die Venus von Botticelli?«, fragte ich Rebecca.
    »Nicht im Entferntesten«, antwortete sie, aber das tat meinem Selbstwertgefühl an diesem Morgen keinen Abbruch.
    »Ich sag’s euch, wegen dieser Ursel werd’ ich noch zum Altweiberhasser«, knurrte Bille, die sich neben mir die Zähne putzte.
    »Pssssst!«, machte ich. »Man weiß nie, ob sie nicht in einer der Toiletten herumhängt.«
    »Nee, tut sie nicht«, versicherte Rebecca. »Wenn die aufs Klo geht, bedient sie ununterbrochen die Wasserspülung, damit man nicht hört, dass sie furzt wie ein Waldesel.«
    Bille kicherte schadenfroh. »Die ist so unglaublich pedantisch, dass sie sich geweigert hat, aus den Gläsern zu trinken, die ich gespült habe«, erzählte sie. »Und zwar deshalb, weil ich vorher im gleichen Spülwasser die Pfanne saubergemacht habe.«
    »Ja, die ist wirklich furchtbar, diese …« Ich stockte mitten im Satz. Die Toilettentür hinter uns war aufgegangen – und heraus trat der Waldesel persönlich.
    »… diese Gerlinde. Eine wirklich furchtbare Person«, ergänzte ich lahm. »Ach, guten Morgen, Ursel.«
    Ursel würdigte uns keines Blickes. Sie hatte jedes Wort gehört und wusste genau, dass wir über sie und nicht über Gerlinde gelästert hatten. Sie stellte sich an ein freies Waschbecken und begann sich die Zähne zu putzen.
    »Einsch will ich euch aber noch schagen«, nuschelte sie, als ihr die Zahnpasta bereits aus dem Mund schäumte. »Werdet ihr erscht mal so alt wie ich! Dann sprechen wir unsch wieder.«
    Wir verstanden zwar nicht, was sie uns damit sagen wollte, aber unsere Stimmung war merklich gedämpft. Ich war nur froh, dass ich Ursels vorwurfsvollen Blicken entfliehen konnte. Bille hingegen musste den ganzen Tag mit ihr auf einem Boot ausharren.
    Aber sie erholte sich als Erste von Ursels plötzlichem Auftauchen. »Wenn wir so alt sind wie das Schrapnell«, sagte sie vor der Tür, »dann kann sie höchstens noch aus dem Jenseits zu uns sprechen.«
    Hannes war unbestritten ein netter Kerl, aber Stefan war eindeutig der bessere Skipper. Er hätte nie zugelassen, dass wir den ganzen Tag untätig an Deck herumhingen, während Rosi hinterm Steuer stand und das Boot im Zickzackkurs durch die Gegend schipperte.
    »Erst mal übst du jetzt einfach nur, geradeaus zu fahren«, sagte Hannes sehr freundlich zu Rosi. »Und wenn das gut klappt, üben wir eine Wende.«
    »Das kann dauern«, meinte Fred. Er streckte sich auf dem Kajütendach aus und schloss die Augen. Nach ein paar Minuten war er tief und fest eingeschlafen. Nicht mal das entnervende Piepsen seiner eigenen Weltuhr konnte ihn aufwecken.
    »Auf Ibiza machen wir das ganz anders«, behauptete Rosi und fuhr weiter zickzack.
    Ich dämmerte ebenfalls ein paar Sekunden weg, aber als die Weltuhr anzeigte, dass in Hongkong die Straßenlaternen ausgeschaltet wurden, schreckte ich wieder hoch. An Schlaf war bei diesem Lärm nicht zu denken.
    »Ich werfe das Ding jetzt über Bord«, kündigte Rebecca an.
    »So, jetzt habe ich genug geübt«, sagte Rosi zu Hannes. »Ich kann das alles doch schon. Lass doch mal die Mädchen üben, die haben’s nötiger.«
    »Den Kurs halten«, erwiderte Hannes. »Einfach nur geradeaus fahren.« Ich bewunderte seine Geduld und Sanftmut.
    Rosi fuhr weiter zickzack. Nach einer halben Stunde wurde es uns allmählich langweilig.
    »Wir müssen die Prüfung morgen auch bestehen«, versuchte Jack an Hannes’ Verantwortungsbewusstsein zu appellieren. »Vielleicht sollten wir wenigstens mal wenden und halsen und das eine oder andere Mann-über-Bord-Manöver fahren.«
    »Ja«, stimmte Rebecca zu. »Lassen wir Rosi ein Weltuhr-über-Bord-Manöver fahren.«
    »Erst muss sie lernen, geradeaus zu fahren, dann sehen wir weiter«, sagte Hannes. Jetzt fand ich ihn nicht mehr geduldig und sanft, sondern einfach nur noch blöd.
    Rosi fuhr weiter zickzack.
    Nach einer weiteren Stunde begann Rebecca, mit dem Kopf gegen die Reling zu schlagen.
    »Lasst uns was singen«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher