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Fish im Trüben

Fish im Trüben

Titel: Fish im Trüben
Autoren: Susan Geason
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eine Lücke — , aber durch die kleinen Fehler sah sie verwundbar aus. Zum ersten Mal wurde sie zu einer wirklichen Person für mich, und ich fing an zu hoffen, daß sie nicht tot war.
    Grace öffnete einen riesigen begehbaren Kleiderschrank. Ich verstehe nun nicht gerade viel von Kleidern, aber selbst auf mich wirkten Devons Sachen protzig. Sie zog sich so übertrieben an wie eine Opernsängerin. Amazing Grace hätte sich in so einem Aufzug noch nicht mal tot erwischen lassen.
    Sie fuhr durch den Kleiderständer und sagte: »Roter Lederrock, rote Seidenbluse.«
    Ich war sicher, daß ich reingelegt wurde: »Schuhe?«
    Grace sah nach unten. »Rote, natürlich.« Sie lächelte triumphierend: »Schlangenleder mit Riemchen und Stöckeln.«
    Als sie meinen Gesichtsausdruck bemerkte, fügte sie hinzu: »Devons Schuhe hatten immer die gleiche Farbe wie ihre Kleidung, Mr. Fish. Ich glaube, man könnte sagen, sie war monochroman.«
    Das auch, dachte ich.
    Grace zog eine Augenbraue hoch und zeigte auf die über fünfzig Paar Schuhe. »Wie Sie sehen, war es Devon, die Schuhe sammelte, Mr. Fish.« Spiel, Satz und Sieg an Grace Ho.
    Mir fiel jedoch auf, daß Grace angefangen hatte, in der Vergangenheitsform von Devon zu sprechen.
    In die Knie gezwungen, wurde ich zur Tür verwiesen. Ich fühlte mich, als wäre ich mit einem Papierfächer zu Brei geschlagen worden. Aber ich war immer noch neugierig. »Sagen Sie, Miss Ho, wo genau paßte Devon eigentlich in Ihr System?«
    Grace wurde allmählich klar, daß Devon wahrscheinlich tot war, höchstwahrscheinlich ermordet, und ihre Maske verrutschte um einen Millimeter. »Devon war meine Freundin, Mr. Fish. Wie soll ich das erklären, außer wenn ich sage, sie war sehr...« Ihre Hände zitterten, als sie versuchte, mir eine Vorstellung von Devons Person zu geben. »Sehr lebendig.«
    Und jetzt wahrscheinlich sehr tot, dachte ich. Unsere Blicke trafen sich. Sie machte mir sanft die Tür vor der Nase zu.
    Grace hätte mir leid tun können, wenn mir die Lumpenbündel, die in den Gassen von Kings Cross lagen und nach ihrer Ware schmachteten, nicht noch mehr leid getan hätten. Die hatten wahrscheinlich auch irgendwo Freunde.
    Mein nächster Zug war, Dave Mitchell im Polizeipräsidium anzurufen: Ich mußte wissen, wo Devons Polizist war, als sie verschwand. Dave war nicht gerade begeistert, bis ich ihn fragte, ob sein Minister wisse, wer das Gerücht über die Auszeichnung seiner Frau in ihrem Kriminalistikstudium an der Universität von Sydney in die Welt gesetzt habe. In der letzten Version, die ich gehört hatte, hieß es, der Chefsekretär des Politikers habe die meisten ihrer Arbeiten geschrieben.
    An diesem Abend preßte ich Billy die Geheimnummer von Azzarro ab und rief ihn, durch diverse Biere ermutigt, in seinem Haus an. Ein mürrischer Aufpasser meldete sich, ich sagte, daß ich seinen Boss sprechen wolle, und er fragte, warum. Ich erklärte, daß ich Devon Kent suchte.
    »Was glaubst du, was das hier ist, du Scheißkerl«, schrie er, »ein beschissenes Reisebüro oder was?« und legte auf. Ich fing an, nostalgisch an meinen alten Job bei Barry Cromer zu denken. Ich wurde offensichtlich zu weich. Beim nächsten Mal würde ich mich Gefühlsduseleien über meinen Job bei der >Truth< in Melbourne hingeben.
    Um mich zu trösten, ging ich in eins der letzten echten Cafés in der Nähe des Hauptbahnhofs und aß Fisch in dicker gelber Panade, Fritten, Tiefkühlerbsen, mehrere Scheiben Weißbrot, Apfelkuchen mit Eiscreme und trank dazu eine Kanne starken Tee.
    Als ich nach Hause kam, waren zwei Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter — Billy, der wissen wollte, ob ich Neuigkeiten hatte, und die sanfte Stakkatostimme von Grace Ho: »Wissen Sie eigentlich, daß Angel Gloria an dem Abend im Haus war, als Devon verschwand, Mr. Fish?« Ich wählte Graces Nummer immer wieder, kriegte aber nur eine Tonbandabfuhr.
    Wer zum Teufel war Angel Gloria?
    Eine Person in Sydney wußte das mit Sicherheit. Lizzie war immer noch bei der Arbeit und wollte nicht gestört werden.
    »Verpiß dich, Syd«, antwortete Lizzie. »Ich warte auf einen Anruf.«
    Lizzie hatte eine wechselhafte Affäre mit einem verschlagenen Polit-Apparatschik, der in Flugzeugen lebte und glaubte, daß jede Labor-Regierung im Land stürzen würde, wenn er auch nur eine Stunde freinahm.
    »Von Machiavelli?« fragte ich.
    »Muß ich mir so was anhören?« fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Sag mir nur, wer Angel Gloria ist«,
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