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First Frost

First Frost

Titel: First Frost
Autoren: Jennifer Estep
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­Moment an, bevor ich es ihr abnahm.
    Ich hielt den Atem an, empfing aber keine ungewollten ­Visionsblitze oder Schwingungen von dem Papier. Nur das Gefühl, wie es durch einen Laserdrucker gerollt war, bevor Metis es in ihre Tasche gesteckt hatte. Nicht überraschend. Meistens war es ziemlich sicher, gewöhnliche Alltagsgegenstände anzufassen, die eine bestimmte Funktion erfüllten, wie Stifte, Teller oder Türklinken. Die Leute dachten nicht viel über solche Gegenstände nach und hinterließen auch kaum Schwingungen darauf. Dasselbe galt für Dinge, die jeden Tag von vielen Leuten benutzt wurden, wie die Computer in der Bibliothek meiner Schule. Meiner alten Schule , dachte ich.
    Sobald ich mir sicher war, dass ich keine ungewollten, unangenehmen Visionen vom Papier empfangen würde, begann ich zu lesen. Englisch, Chemie, Sport … Mein Blick glitt über die Liste und blieb am letzten Unterrichtsfach hängen.
    »Mythengeschichte?«, fragte ich. »Was ist das denn für ein Fach?«
    Metis lächelte nur. »Das wirst du schon noch sehen, Gwen. Ich fürchte, dass ich für den Moment zurück an die Akademie muss. Ich habe unter anderem noch einige Arbeiten zu kor­rigieren. Ich wollte nur mal vorbeischauen und mich vor­stellen.«
    Die Professorin stand auf. »Geraldine, es war schön, dich mal wieder zu sehen. Ich wünschte nur, die Umstände wären nicht so traurig.«
    »Ich ebenfalls, Professor, ich ebenfalls«, murmelte meine Grandma.
    Die beiden wechselten einen traurigen, fast wehmütigen Blick, bevor auch Grandma Frost aufstand und der Professorin die Hand schüttelte. Dann drehte sie sich zu mir um.
    »Süße, warum bringst du Professor Metis nicht zur Tür? Ich muss mich auf meinen nächsten Kunden vorbereiten.«
    »Sicher«, murmelte ich, während ich mich fragte, was zwischen ihnen abging und warum sie entschieden hatten, mich auszuschließen. »Hier entlang, Professor.«
    Metis folgte mir den Flur entlang und zur Eingangstür. Ich öffnete sie, und die Professorin trat über die Schwelle. Irgendwann während unseres Gesprächs war die Sonne herausgekommen und hatte den silbrigen Raureif vertrieben. Nur im Schatten der Veranda sah man ihn noch glitzern.
    Ich wollte schon die Tür hinter ihr schließen, aber Metis drehte sich mit einem freundlichen Ausdruck in den grünen Augen zu mir um.
    »Das mit deiner Mutter tut mir sehr leid«, sagte sie mit sanfter Stimme.
    In den letzten Wochen hatten Dutzende Leute dasselbe zu mir gesagt – von meinen Freundinnen aus der Schule bis hin zu den anderen Polizisten, mit denen meine Mom gearbeitet hatte. Aber aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, dass Metis wirklich meinte, was sie sagte, dass es ihr wirklich leidtat, dass meine Mom tot war. Fast, als … hätte sie Mom gekannt oder so. Aber das war einfach unmöglich. Ich wusste über alle Freundinnen meiner Mom Bescheid, und Metis gehörte nicht dazu.
    »Ich hoffe, du gibst der Mythos Academy eine Chance, Gwen«, fuhr Metis fort. »Ich denke wirklich, dass sie im Moment der beste Platz für dich ist. Dort kannst du lernen, deine Magie voll zu beherrschen … und anderes.«
    Da war es wieder, dieses andere , das sie immer noch nicht erklärt hatte. Ich öffnete den Mund, um danach zu fragen, aber Metis lächelte, ging die Verandastufen hinunter und trat auf den Gehweg. Dann stieg sie in einen Range Rover, der vor dem Haus parkte, und fuhr davon.
    Ich trat ebenfalls auf die Veranda und beobachtete, wie sie um die Ecke bog und verschwand. Irgendwoher wusste ich, dass sich mein gesamtes Leben gerade verändert hatte. Es ging nicht nur darum, dass ich im Herbst in irgendeine neue Schule gesteckt wurde. An der Sache war mehr dran. Ich wusste es einfach.
    Genauso wie ich wusste, dass es nichts gab, was ich tun konnte, außer nach Mythos zu gehen und mir anzusehen, was mich dort erwartete. Reiche Kinder mit Magie, so wie es klang. Vielleicht Krieger, immerhin hatte Metis Walküren und Amazonen erwähnt. Aber gegen wen sollten sie denn kämpfen?
    Für einen Moment stieg wieder das Bild dieser roten ­Augen in meinen Gedanken auf. Trotz der Frühlingssonne lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, und das nicht nur wegen des unheimlichen Traums von letzter Nacht. Nein, ich machte mir Sorgen, was mich im Herbst auf der Mythos Academy erwarten würde. All diese Geheimnisse, die es zu entdecken gab.
    Geheimnisse über mich selbst – und vielleicht auch über meine Magie.
    »Ist das wirklich nötig?«, grummelte
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