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Firkin 02 - Die Frösche des Krieges

Firkin 02 - Die Frösche des Krieges

Titel: Firkin 02 - Die Frösche des Krieges
Autoren: Andrew Harman
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Gebet zum Himmel (adressiert an fünfzehn beliebig ausgewählte Gottheiten aus der Schar der Tausend Fanatischen Götter der wohlwollend gewährten Gunst), pfiff hurtig noch einen Psalm, um das Gemüt von Gott Chramboh zu besänftigen, dem Gereizten Pannenverursacher, und schluckte ängstlich. Plötzlich sah er sie wieder vor sich, die endlosen Zahlenreihen und Berechnungen, die an die riesige Wandtafel oben im ersten Stock gekritzelt waren. Und noch einmal wanderte er im Geist voll Sorge mit dem Zeigefinger die langen Reihen entlang, prüfte erneut und kontrollierte, machte die Gegenprobe, verglich und kontrollierte abermals. Und wieder fand er keinen Fehler: die Zahlen stimmten. Noch einmal durchlebte er jenen Moment entsetzlicher Angst, den Augenblick, als er festgestellt hatte …: Der Raum ist zu klein, viel zu klein für diese Energiemenge! Mein Gott! Gott! Ganz gleich, welcher Gott, Hauptsache irgendeiner … Hört überhaupt einer zu?
    Stumm ließ er die endlos langen Monate stumpfsinnig geisttötender Rechnerei Revue passieren. Sie alle, das komplette Team, hatten zäh und unermüdlich alles getan, um seine Befürchtungen zu zerstreuen und seine Theorie zu widerlegen. Sie hatten die Größe der kritischen Masse überprüft, die inhärenten Zerfallskonstanten, die Rupturkoeffizienten, und waren immer wieder zum gleichen Schluß gekommen: Falls die resultierende Implosion nicht durch die thaumaturgischen Wellenleiter in Schach gehalten werden konnte und der Sophismuskoeffizient unter den Wert 4,8 abfiel, dann würde der starke Energiezuwachs eine Heliumkernfusion verursachen und in ihrer Folge die augenblickliche globale Verbrennung der Atmosphäre. Dieses Ergebnis war es gewesen, das Apathos zu seinem wissenschaftlich gesicherten Diktum veranlaßt hatte: »Wwwummm! Das war’s dann, Freunde!« In den wenigen Gebieten, die zunächst noch der lückenlosen Verbrennung entgehen konnten [1] , würde bald darauf der Sauerstoffentzug einen tödlichen Preis fordern. Mit Schaudern dachte er an das alles verschlingende Flammenmeer und ließ die Zündhölzer fallen. Zhorrothustra fuhr den schlotternden Thaumaturgen an: »Machst du dir etwa immer noch Sorgen wegen des Sophismuskoeffizienten? Wir sind die Sache doch was-weiß-ich-wie-oft durchgegangen! Die Zahlen stimmen, das Pentagon hat die richtige Größe! Glaub mir: es kann nichts schiefgehen!« Er feixte so vertrauenerweckend wie eine Giftnatter. »Zünd endlich die Kerzen an. Wir verschwenden bloß Zeit.«
    Apathos grinste matt, strich sich die Haare aus den Augen und riß ein Streichholz an. Und in diesem Moment, so exakt auf die Sekunde genau, daß es sich nur um einen Zufall handeln konnte, entlud sich direkt über ihm – begleitet von einem alle Sinne betäubenden Duett aus blendendhellem blauweißen Licht und ohrenbetäubendem Donner – eine drei Millionen Volt starke statische elektrische Spannung. Diese Spannung und der tödliche Schreck verursachten, daß sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Apathos schrie und ließ das Streichholz fallen. Zhorrothustra verdrehte die Augen und fluchte leise.
    Schlotternd nahm Apathos ein neues Streichholz aus der Schachtel und setzte es mit heftig bebenden Händen an die Reibfläche. Er schloß die Augen, konzentrierte sich intensiv und – wieder schüttelte es ihn, und wieder zerbrach ein Zündholz. Wütend und fluchend warf er es in die Ecke, biß sich auf die Lippen, hechelte und keuchte und nahm das nächste aus der Schachtel. Er haßte Feuer. Praxx konnte es nicht mehr länger mit ansehen. Sacht nahm er Apathos die Streichholzschachtel aus den zitternden Händen, und nur wenig später flammten fünf Talgkerzen auf und harrten trübe blakend der Dinge, die da kommen sollten.
    Alles stand bereit. Die Kerzen warfen fünf zittrig flackernde gelbe Lichtkreise auf den kalten Steinboden, die thaumaturgischen Physiker standen im Karree um das Pentagon, drei von ihnen warteten ängstlich auf das Kommando des vierten. In wenigen Minuten war es soweit. Zhorrothustra fieberte diesem Augenblick entgegen, erwartungsvoll krümmte und streckte er in einem fort die langen Finger. Ihm war zumute wie einem Klippenspringer, der in der Haltung eines Gekreuzigten am äußersten Rand eines steilen und ungeheuer tief abfallenden Küstenfelsens stand und eines ganz genau wußte: nur ein Schritt noch, dann gab es kein Zurück mehr. Es konnte durchaus sein, daß er mit diesem Schritt einen Schritt zu weit gegangen war… falls sich
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