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Finsternis über Gan (German Edition)

Finsternis über Gan (German Edition)

Titel: Finsternis über Gan (German Edition)
Autoren: Uwe Buß
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Zutritt zu unserem Land erleichtern sollte. Ich wusste sofort um die Gefahren, die dieses Gesetz mitbrächte, aber das Verlangen nach Fortschritt und mehr Macht ließ meinen Widerstand schnell dahinschmelzen. Ich ließ mich verführen. Das, was Harah für sich und seine Schwarzalben als Ziel sah, machte Jonathan mir schmackhaft. Ich willigte in die Pläne ein. Ich selbst habe mich aus lauter Gier und Geltungssucht an das Böse verkauft.« Er überlegte kurz und schloss dann mit kräftiger Stimme ab: »Ich bitte Äbrah und den Schöpfer der Lebensströme jede Minute um Vergebung und vertraue darauf, dass sie sie mir gewähren, aber ich kann ganz gewiss kein König sein.«
    Finn flüsterte Chika zu: »Schade. Er fängt gerade an, mir wieder sympathisch zu werden.«
    »Ich denke, er hat recht«, entgegnete Chika.
    »Aber wer sollte es sonst werden?«, schaltete sich Joe in das Gespräch ein. »Ich wüsste keinen.«
    Die Menge dachte offensichtlich ähnlich, denn aufgeregtes Gemurmel war überall zu hören. Die Mitglieder des Rates und sogar der Bergmännchenkönig und Elhadar schauten sich ratlos um.
    Da geschah das Unerwartete. Ketuba, der greise Lichtalb, tratnach vorne. Er stützte sich mit beiden Händen auf seinen schwarzen, knorrigen Stab.
    »Verzeiht, dass ich ungefragt das Wort an Euch richte, verehrte Versammlung, aber vielleicht verleiht mir mein Alter das Recht dazu.« Er blinzelte in die Menge. »Die Geschichte der Länder an den vier Enden der Erde zeigt uns, dass es gute und schlechte Könige gibt. Keiner weiß, ob es ein König schafft, seine ehrenwerten Ziele ein Leben lang zu verfolgen, oder ob er den Versuchungen der Macht erliegt.« Er schaute mit traurigen Augen zu Farlon, der ganz in sich gekehrt zu sein schien. »Niemand, sei er nun ein Mensch, ein Bergmännchen, ein sprechendes Tier, ein Baumgeist oder ein Lichtalb, ist vor dieser Versuchung gefeit. Wir können niemals so gut sein wie Äbrah, der silberne Pelikan. Er allein ist unser wahrer König.«
    Pendo klatschte begeistert in die Hände. Sie spürte tief in ihrem Herzen, wie recht Ketuba hatte.
    »Deshalb«, fuhr der Alte fort, »schlage ich vor, überhaupt keinen König mehr zu wählen. Vertrauen wir lieber darauf, dass Äbrah eines Tages wiederkehrt und als unser wahrer König sein Amt antritt.«
    »Aber wie sollen wir dann regiert werden?«, rief Emilia mit schriller Stimme. »Früher hatten wir wenigstens Nebijah, zu der wir immer gehen konnten.«
    Ketuba überlegte einen Moment und sagte dann: »Natürlich vermissen wir in diesen Tagen die weise Nebijah sehr. Wie dankbar wären wir jetzt für ihren Rat, den wir im letzten Jahr nicht hören wollten. Solange sie aber nicht unter uns weilt, müssen wir andere Wege finden. Wir sollten einen Rat wählen, in dem Bergmännchen, Menschen, Tiere, Baumgeister und Lichtalben zu gleichen Teilen vertreten sind. Dieser soll sich jede Woche bei der Quelle treffen, daraus trinken und dann über die wichtigen Belange unseres Landes beraten.« Energisch schaute Ketuba nun in die Menge und pochte mit seinem Stock auf den Boden. Trotz seines hohen Alters war seine Stimme schneidend klar: »Kein König mehr, keinSchloss mehr, in dem sich Schwarzalben verstecken können, keine Regierung ohne die Kraft der Quelle des Lebens. Wir sind nicht ein Land der vier Enden der Erde. Wir sind Gan – einer der Gärten Gottes.«
    Jubelnder Applaus war die Antwort auf den Vorschlag Ketubas. Es brauchte keine weitere Diskussion darüber. Allen war klar, dass der Alte recht hatte.
    Aber Ketuba hatte noch nicht zu Ende gesprochen: »Nicht nur König Farlon hat sich verführen lassen. Wir alle haben uns verführen lassen. Das dürfen wir niemals vergessen. Als wir nicht mehr regelmäßig zur Quelle gingen, hätten wir aufmerken müssen. Als ein Gesetz erlassen werden sollte, das unsere Grenzen gefährdet, hätten es einen Aufschrei im Land geben sollen. Aber wir haben nichts getan. Wir schwiegen. Nur eine kleine Gruppe hat Widerstand geleistet und die vier Träger der Amulette hierhergerufen. Alfrigg, Alon, Daniel und Elbachur sind an die vier Enden der Erde gereist, um sie zu holen.« Erneut klatschte die Menge Beifall. »Davina und das Einhorn Nathanus nahmen die Träger der Amulette in Empfang und leisteten ihnen Beistand. Nathanus hat beim Besuch des wohl finstersten Ortes in unserem Land, der Hütte des Bösen im Zauberwald, fast sein Leben verloren. Er hat wahren Heldenmut bewiesen, um unser Land vor den Kräften des
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