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Finsteres Gold

Finsteres Gold

Titel: Finsteres Gold
Autoren: Carrie Jones
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Blick von ihr ab und starre stattdessen den gefangenen Typen an. Dann mache ich mit dem Draht weiter. Ein Knoten. Aber ich bin gut mit Knoten. Ich weiche mit meiner Backe nicht aus. Ich werde keine Angst zeigen. »Wessen Name? Odins?«
    Endlich löst sich der Knoten. Ich reiße an dem Draht, und der Elfentyp fällt nach vorn. Ich mache einen Satz und fange ihn auf. Mühsam hält er sich aufrecht, indem er sich an meine Seite lehnt. Ich umfasse seinen Oberkörper mit meinen Armen. Der Schnee unter unseren Füßen knirscht, und die Bäume um uns herum schwanken im Wind.
    Die Frau faucht und schnüffelt dann witternd umher. Die Welt ist kalt und grau und ohne Farbe. Sie schaut mich anklagend an. »Du bist kein Mensch.«
    Ich bemühe mich, den Typen aufrecht zu halten. »Natürlich bin ich ein Mensch.«
    Ihre Augen verengen sich ein bisschen. »Nein … nicht ganz.« Ihre Gesichtszüge verziehen sich zu einer Fratze des Ekels. »Du bist ein Mischling.«
    Der Typ erstarrt kurz und fängt an zu zittern. Unsere Füße tappen im Schnee hin und her, während ich versuche, ihn in der Senkrechten zu halten. Ich lehne ihn ein bisschen an die harte, unebene Borke des Baumes.
    »Wie auch immer.« Ich hole tief Luft, versuche die Klauen und die Eckzähne zu ignorieren und denke an das Messer, das in meinem Socken steckt. Wenn ich es herausziehen will, muss ich den Kerl loslassen. Mein Gehirn arbeitet auf Hochtouren, um auf eine Idee zu kommen, wie ich das beiläufig tun könnte. Währenddessen rede ich weiter. »Mir geht es darum, dass du ihn nicht mitnehmen kannst.«
    Sie verschränkt die Arme vor der Brust. »Und warum nicht?«
    Ein Kiefernzapfen kullert durch den Schnee. Seine raue braune Oberfläche passt gar nicht zu all dem langweiligen Weiß. Ich versuche, mir eine Antwort einfallen zu lassen.
    Da fängt der Typ an zu reden: »Weil ich nicht gefallen bin. Ich lebe noch.«
    »Aber nicht mehr lange.« Ein böses Lächeln kriecht über ihr Gesicht. Ihre Zunge schnellt hervor, um eine Schneeflocke aufzufangen. Der Wind pfeift durch die Baumkronen. Wir sind so allein hier draußen.
    »Natürlich noch lange.« Ich funkle sie böse an. »Ich werde ihn medizinisch versorgen lassen, und dann geht es ihm bald wieder gut.«
    »Medizinische Versorgung?« Sie schnaubt, »Du weißt doch, was er ist, Mischling? Schau ihn an.«
    »Nenn mich nicht Mischling.«
    »Du hast keine Kraft.« Mit ihrem Gesichtsausdruck könnte sie es mit einem arroganten Supermodel aufnehmen, das gerade einen Fünf-Millionen-Dollar-Vertrag abgeschlossen hat. »Du kannst ihn ja kaum halten.«
    Sie hat recht. Die Welt wartet schweigend. Ein unerträgliches Weiß hüllt uns ein, während der Schnee von einem wolkenverhangenen Himmel fällt. Ich schniefe. Die Nase läuft mir. Der Elfentyp stöhnt leise. Es klingt so traurig, so schmerzerfüllt, so verzweifelt. Er ist so verletzlich. Elf hin oder her, er braucht mich.
    Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen. »Ich werde ihn nicht aufgeben.«
    Sie hebt eine Augenbraue, als ob sie darüber nachdenken würde, was zum Teufel hier vorgeht. Ich würde auch gern darüber nachdenken, was zum Teufel hier vorgeht, aber ich bin vollauf damit beschäftigt, aufrecht stehen zu bleiben. Die Kälte frisst sich in meine Füße, in meine Knochen.
    »Vielleicht kann er überleben«, sagt sie, »weil du eingegriffen hast.«
    Ich warte.
    »Was wir ihm bieten, ist eine Belohnung, nicht eine Strafe«, meint sie beschwichtigend. »Das gelobe ich. Nach seinem Tod wird er an Odins Seite in der größten aller Schlachten kämpfen.«
    »Ich bin nicht bereit zu sterben. Ich habe hier noch etwas zu tun. Ich. Darf. Nicht. Sterben«, presst er hart und grimmig zwischen den Zähnen hervor.
    Noch ein Kiefernzapfen löst sich von einem Baum und fällt herab. Er trifft mich an der Schulter und purzelt dann weiter zu Boden. Kleine Splitter brechen ab und bleiben auf dem Schnee liegen. Der Wind bläst uns alle heftig an. Mir fällt es schwer, uns beide gerade zu halten, aber die Frau schwankt nicht.
    »Ich verstehe.« Federn sprießen aus ihrem Rücken, und vor lauter Bosheit werden ihre Augen ganz rot. Der Wind fährt in ihre Haare und wirbelt sie auf, aber das sieht nicht schön aus, sondern furchterregend.
    Ich weiche ein wenig zurück. Der Arm des Typen legt sich um meine Taille, und obwohl er sich kaum aufrecht halten kann, ist es ziemlich offensichtlich, dass er mich vor ihr beschützen möchte. Der Wind zerzaust seine blonden Haare.
    »Ich werde dem
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