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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe
Autoren: Colin Dexter
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hatte Wilks so im Mittelpunkt des Interesses gestanden, und nie wieder (wie er richtig erkannte) würde er voraussichtlich so herzliche Glückwünsche entgegennehmen.
    Ganz besonders von Morse.

Kapitel achtundsechzig

    Das Licht der Lichter
    Sieht immer auf das Motiv, nicht die Tat,
    Der Schatten der Schatten auf die Tat allein

    (W. B. Yeats, The Countess Cathleen)

    «Ganz einfach, Morse! Ganz einfach! Ich will nicht wissen, was für ein cleverer Bursche Sie sind. Nur ein einfacher — kurzer! — Bericht. Wenn Sie das schaffen.»
    Nach den letzten Enthüllungen hatte man David Michaels und Karin Eriksson erneut vernommen, und als er jetzt, am nächsten Morgen, in Stranges Büro saß, konnte Morse in fast jedem Punkt das Muster der Ereignisse bestätigen, das er im White Hart vor Lewis entworfen hatte.
    Daley war schon einige Male im Büro am Wytham-Wald gewesen, und für Montag, den 3. August, hatten die beiden Männer sich für 9.45 Uhr verabredet. Zu der Zeit würde, wenn sie Glück hatten, praktisch niemand in der Nähe sein, aber nur, wenn wirklich niemand in der Nähe war, würde die Tat begangen werden. Und die Tat wurde begangen. Als Daley aus dem Lieferwagen stieg, erschoß Michaels ihn mit seinem .243-Gewehr, das er später am Singing Way vergrub. Für Michaels selbst hatte der Knall schrecklich laut geklungen, aber danach hatte sich wieder eine merkwürdig unheimliche Stille ausgebreitet, und niemand war auf das umzäunte Grundstück gelaufen gekommen und hatte eine Erklärung verlangt, nach Ursachen geforscht. Nichts. Ein jetzt wieder stiller, klarer Morgen Anfang August. Und eine Leiche, die Michaels schnell in schwarze Plastikfolie wickelte und hinten in Daleys eigenen Lieferwagen schob. Nur zwei oder drei Minuten nach dem Mord wurde ebendieser Lieferwagen durch Wolvercote über die A3 400 in Richtung Woodstock gefahren, dann bei Bladon nach links und durch Long Hanborough — und schließlich zur Combe Lodge an der Westseite des Blenheim-Besitzes. Die Schlüssel zum Tor befanden sich zweifellos irgendwo bei der Leiche, aber der Fahrer des Lieferwagens wartete eine Weile und wurde sehr schnell belohnt, als das Tor für einen Traktor mit Anhänger geöffnet wurde, und der Lieferwagenfahrer zog sich Daleys khakigrünen Hut über das kurze schwarze Haar, folgte dem Anhänger und hob die Hand grüßend, falls jemand beobachten sollte, wie sie durch das Tor fuhr. Nach wenigen hundert Metern entdeckte sie einen idealen Platz für Lieferwagen, Leiche und Hut. Daley war nicht sehr schwer, und sie war eine kräftige junge Frau, doch sie hatte es nicht geschafft, die Leiche anzuheben; sie konnte sie nur über die Ladeklappe zerren, von wo sie mit einem dumpfen Aufschlag auf den harten Boden fiel. Die Plastikfolie war klebrig vor Blut; sie nahm die Folie mit, als sie über die Straße zur Spitze des Sees lief, wo sie das Blut von ihren Händen wusch und die Folie zwischen Schilfgras stopfte. Dann joggte sie, dem vorgesehenen Plan folgend, den ganzen Weg zurück, aber nicht, behauptete sie, durch Combe Lodge, wie Morse vermutet hatte (und Williams hätte schwören können) — sondern hinunter am westlichen Ufer des Sees, über die schmale Brücke, die den Glyme unterhalb der Grand Cascade überspannt, und bei der Eagle Lodge aus dem Park hinaus.
    «Verdammt langer Weg, welche Route sie auch nahm», murmelte Strange.
    «Einige Leute sind fitter als andere, Sir.»
    «Sie denken doch nicht an sich selbst, oder?»
    «Nein!»
    «Aber ein bißchen Glück war schon dabei — daß der Bursche an der Pforte sich an den Lieferwagen erinnerte.»
    «Bei allem Respekt, Sir, ich glaube nicht, daß das stimmt. Sicher, es führte dazu, daß wir alle annahmen, Daley sei bis nach zehn Uhr noch am Leben gewesen — als David Michaels mit seinen RSPB-Freunden Meilen entfernt bei den Vogelkästen war. Aber Michaels hätte es an dem Morgen nie allein tun können — nicht ganz allein. Es gab keine Möglichkeit für ihn, allein nach Blenheim zu fahren und irgendwie — irgendwie — zurück nach Wytham zu kommen.»
    «Aber seine Frau konnte es. Das wollen Sie doch sagen.»
    «Seine Frau konnte es.»
    «Sie war ein mutiges Mädchen.»
    «Sie ist ein mutiges Mädchen, Sir.»
    «Wissen Sie, wenn sie nur von Anfang an die Wahrheit gesagt hätten — beide — , wären sie vielleicht mit Totschlag, Selbstverteidigung oder was Sie wollen davongekommen.»
    «Vielleicht.»
    «Das klingt nicht sehr überzeugt.»
    «Ich glaube, sie ist eine
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