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Finns Welt - 01 - Finn released

Finns Welt - 01 - Finn released

Titel: Finns Welt - 01 - Finn released
Autoren: Oliver Uschmann
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albern.« Er runzelt wieder die Stirn und überlegt. Er schaut sich im Raum um, geht in den Flur, stemmt die Arme in die Hüften. »Wenn ich eine oder zwei nehme, dann müsste ich schauen, wie ich das mit den Teppichen mache.«
    »Es sind alles Geschwister, Herr Schäfer. Alle vier aus einem Wurf. Vierlinge. Wollen Sie die wirklich auseinanderreißen? Leibliche Geschwisterkinder?«
    Lukas schaut mich an, als wolle er sagen, ich solle es nicht auf die Spitze treiben. Aber ich weiß, was ich tue. Herr Schäfer presst die Zunge zwischen die Lippen. Man sieht, wie seine Kiefermuskeln arbeiten.
    »Es sind Freigänger«, erkläre ich, »Sie müssen sie nicht ins Haus zwängen. Obwohl die sich sicher wohlfühlen zwischen den Bildern hier.« Ich lächle.
    Herr Schäfer sieht uns eine halbe Minute lang an. Eine halbe Ewigkeit. In der Ferne, weit draußen, röhrt ein Moped. Dann sagt er: »Gut. Was soll’s? Tue ich mal wieder was Spontanes. Das würde dem Floss gefallen. Ich nehme sie. Alle!«
    »Danke, Herr Schäfer«, sage ich, reiche ihm die Hand und drücke so fest zu, wie ich es als Dreizehnjähriger kann. Ein Geschäftsabschluss unter Männern.
    »Verrückt! Da kriege ich die Katzen von Otto Floss.«
    »Von seinen Nachfahren«, korrigiere ich ihn.
    Herr Floss geht zur Tür und wir folgen ihm hinaus. »Wir bringen sie heute Abend vorbei, ja?«
    »Ja«, sagt er, »ich treffe schon mal ein paar Vorbereitungen.« Ich halte fragend die Mezzo-Flasche hoch. »Könnt ihr mitnehmen«, meint er nur.
    Wir gehen zur Straße. Ich schweige, spüre aber das Staunen meiner Freunde im Nacken. Lässig zeige ich über die Schulter nach hinten. »Ich wette, er steht gerade in seiner Garage auf den Zehenspitzen und kramt im obersten Regalfach herum, oder?«
    Lukas und Flo drehen sich um.
    »Gerade fällt ihm ein altes Gummiboot auf den Kopf«, sagt Flo.
    »Und warum?«, frage ich.
    »Weil er …«, Flo zögert kurz, »weil er ein altes Katzenklo vom Regal runterholt. Sag mal, kannst du eigentlich hellsehen?«
    Ich grinse und drehe mich zu meinen Freunden um. »Gut beobachten, die Menschen einschätzen und dann ein bisschen was erfinden«, sage ich stolz.
    »Du meinst wohl lügen?«, sagt Lukas. »Lügen ohne Ende.«
    Ich schüttle den Kopf. »Das alte Katzenklo habe ich schon vorhin bemerkt. Er hatte also früher Katzen. Er ist ein Kulturmensch und Kulturmenschen mögen Katzen meistens lieber als Hunde. Er besitzt nur Bilder von einem einzigen Maler, also verehrt er ihn total. Er hat eigene Enkel, mindestens drei, Mädchen und Jungs, das siehst du an den Rädern in der Garage. Also nimmt er alle Katzen, weil er Geschwister nicht guten Gewissens trennen kann.«
    »Das hast du dir alles in dem Moment ausgedacht …«, sagt Flo und ich führe seinen Satz zu Ende: »… als ich die Garage und das Wohnzimmer sah, ja.«
    »Trotzdem: alles gelogen!«, bleibt Lukas stur.
    »Wenn du eine Schwalbe machst, dann ist das auch gelogen.«
    »Ich mache keine Schwalben!«
    »Schon wieder gelogen«, freut sich Flo.
    »Leute!«, sage ich. »Lüge, Wahrheit – darauf kommt es überhaupt nicht an. Vier Katzen überleben und ich bin mir sicher, dass dieser Herr Schäfer sich gut um sie kümmern wird. Und er freut sich, weil er allen erzählen kann, es seien die Nachfahren seines Lieblingsmalers. Alles ist gut. Darauf kommt es an.«
    Lukas und Flo schweigen und nuckeln an ihren Pullen. »Und jetzt lasst uns kurz Pause machen und dann die Katzen holen.«
     
    Das Gesicht von Bauer Brockmeyer war geradezu filmreif, als wir die Katzen mitnahmen. Wie eine Kartoffel mit Knopfaugen. Das Gesicht von Herrn Schäfer war herzerweichend. Wie ein Junge, der ein Weihnachtsgeschenk auspackt.
    fetzt ist es früher Abend und ich stiefle in die Druckerei meines Vaters hinunter. Er sitzt unter seiner kleinen Schreibtischlampe und kritzelt mit seiner Feder in die alte Lederkladde mit seinem Romanmanuskript.
    »Hallo, Papa«, sage ich.
    »Hallo, Finn«, sagt er und klappt die Kladde zu.
    Ich nehme eine Flasche Lösungsmittel in die Hand und lese das Etikett.
    »Was ist los?«, fragt er.
    Ich blinzle ihn an wie ein Mädchen, das um Verzeihung bittet. Dann räuspere ich mich laut. »Also, 1975 hast du einen Tag lang bei dem Maler Otto Floss studiert. Einer seiner ehemaligen Assistenten ist heute Kunde deiner Druckerei. Er hat damals Otto Floss’ Katze übernommen. Und die Enkel von dieser Katze, vier Stück, die hatte er übrig und die hat nun Herr Schäfer aus dem Papenweg.«
    Mein
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