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Finns Welt - 01 - Finn released

Finns Welt - 01 - Finn released

Titel: Finns Welt - 01 - Finn released
Autoren: Oliver Uschmann
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Und wenn man sie so betrachtet, ist alles in ihr eine Kulisse, mit der man so einiges anstellen kann.
    »Hey, was ist denn das!?«, rufe ich daher und Lukas und Flo drehen sich um. Ich gehe vorsichtig auf einen großen, verwucherten Busch zu und schaue stumm und suchend in das Blattwerk. Ich sage nichts und werde immer starrer, als säße in dem Gebüsch ein lispelndes Wesen mit glühenden Augen, das mich hypnotisiert. Ich kann so was gut. Mein Vater sagt immer, an mir sei ein Schauspieler verloren gegangen. Meine Mutter sagt, er solle mich nicht auch noch ermutigen. Flo und Lukas fragen: »Was ist da?« Ich flüstere dramatisch: »Ich weiß nicht.« In einem Film würden sie jetzt gruselige Musik einspielen, die aus dem Hintergrund kommt und sehr sacht lauter wird. Flo und Lukas sind gebannt, so ernst nehmen sie es. Ich bekomme fast selber Angst, denn das ist der Trick, wenn man glaubhaft schauspielern möchte. Man muss es fühlen. Man muss sich selbst einreden, es wäre echt. »Ich glaube, da drin steckt eine Leiche«, flüstere ich. Meine Freunde halten den Atem an. Flo haucht: »Komm da weg.« Ich stecke den Kopf tiefer in den Busch, greife mit der Hand zwischen die Zweige und stoße mich dann ruckartig selbst rein, als würde mich etwas von den Füßen ziehen. Ich krächze mit erstickter Stimme: »Nein, tu mir nichts!«, dann schreie ich wie am Spieß, als hätte mich ein hundert Jahre alter Zombie, der schon mit dem Busch verwachsen ist, in seine Höhle gezogen. Ich stelle mir vor, wie der Buschzombie mir die Gurgel zudrückt, und fange an zu würgen, was ziemlich realistisch rüberkommt, weil mir gerade eine Spinne in den Mundwinkel krabbelt. »Scheiße, zieht mich raus!«, kreische ich und Lukas und Flo kommen brüllend zum Busch gelaufen und zerren an meinem Hosenbund. Dann lasse ich mich nach hinten fallen und wir plumpsen alle auf den Weg.
    Ich spucke die Spinne weg, die Lukas und Flo nicht mal bemerken. Ihre Gesichter sind bleich. Ich lache Tränen. Ich halte mir den Bauch und kriege mich nicht mehr ein. Sie kapieren, dass ich sie mal wieder drangekriegt habe. Lukas steht auf, schüttelt den Kopf und sieht über das Feld in die Ferne. Flo hat rote Wangen. Er sitzt auf dem Boden wie ein Kaninchen, das eben noch gejagt wurde.
    »Na, hab ich’s wieder mal geschafft?«, presse ich hervor und kämpfe noch immer gegen meinen Lachanfall an.
    »Ich hab bloß gedacht, du hättest dich da irgendwie verfangen«, murmelt Lukas.
    »Ja, sicher.« Ich muss noch immer lachen.
    Flo kratzt sich am Kopf. »Ich dachte wirklich, da steckt einer …«
    »Ja, klar«, unterbricht ihn Lukas und macht einen auf cool, »da wartet ein Untoter bei uns am Dorfrand im Gebüsch und lockt Finn mit seiner Zauberstimme an, um ihn dann mit spitzen Zähnen zu fressen. Ist klar, dass du Magie-Honk das glaubst!«
    »Gib’s schon zu, du hast doch auch gedacht, da zerrt jemand an Finn rum.«
    »Nein, nicht jemand. Nur Dornen und Zweige.«
    »Ach komm, laber nicht!«
    Ist das herrlich! Meine Freunde.
    Flo guckt auf die Uhr, um von ihrer Schmach abzulenken, und kriegt große Augen. »Leute, wir kommen zu spät. Und wenn wir den Bus noch kriegen wollen, können wir nicht mehr außen rumgehen.«
    »Dann gehen wir eben quer über den Acker!«, schlägt Lukas vor.
    Ich stehe auf und nicke. Ich will auf keinen Fall zu spät kommen und es spart Zeit, quer über den Acker zu gehen, auch wenn der Bauer das nicht gern sieht. In den ersten beiden Stunden haben wir Frau Kobol und von der will keiner eine Predigt hören. Frau Kobol hat Hamsterbacken und Knopfaugen und sie kann sich nicht durchsetzen. Vor Dustin hat sie sogar Angst. Dustin ist unser Klassenclown. Einmal hat er sich freiwillig ganz nach vorn gesetzt, Frau Kobol aufmerksam angesehen, alles mitgeschrieben und darauf gewartet, dass der dicke lange Tausendfüßler, den er sich absichtlich in seine Haare gesetzt hatte, ihm auf die Stirn krabbelte. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was da los war. Frau Kobol mag Tiere, aber nur, wenn sie Fell oder Flügel haben. Wenn sie sich aufregt, kriegt ihre Stimme diesen hohen Ton. Es klingt, als hätte man eine hysterische Möwe, eine schnatternde Ente und eine Opernsängerin gekreuzt. Es ist auch lustig irgendwie, aber man wird wahnsinnig davon. Man kann sich das nicht häufig antun – und schon gar nicht nur für doofes Zuspätkommen.
    Lukas läuft auf den Acker und Flo folgt ihm. Der Boden ist mit groben Furchen durchzogen und der Morgentau liegt auf den
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