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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem
Autoren: Taavi Soininvaara
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automatisch der Schließmechanismus der Türen ausgelöst. Außerdem ging in jedem Ausstellungsraum eine Aufsicht umher, die an ihrer dunklen Kleidung und einem Namensschild zu erkennen war. Wenn die Angestellten etwas Verdächtiges bemerkten, informierten sie sofort die Sicherheitsbeamten, die Ausstellungsräume wurden dann augenblicklich geschlossen.
    Die Führerin redete pausenlos, und die Journalisten folgten der Frau wie Entenküken ihrer Mutter. Der Serbe lief unmittelbar hinter ihr, Pastor hielt sich am Ende der Gruppe, den Blick auf Kommissar Reinhart und den SUPO-Beamten geheftet. Er hörte, wie Reinharts Begleiterin deutsch sprach. Vor Abscheu überlief ihn ein Schauer, als er Reinharts selbstgefälliges Lächeln sah. Der deutsche Kommissar verkörperte all das, was Pastor haßte.
    Endlich betraten sie den Hauptausstellungssaal der Sammlung des Atheneums. Pastor blieb einen Augenblick stehen: Das Gemälde »Kullervo zieht in den Krieg« von Gallen-Kallela beeindruckte ihn immer wieder. Plötzlich schob ihn jemand zur Seite, Pastor wich aus und trat ein paar Schritte zurück. In der Mitte des Saales warf er einen Blick auf die Überwachungskameras an der Decke und wünschte sich, sie würden ihn aufzeichnen und nicht den Journalisten, dessen Rolle er spielte. Die Welt sollte erfahren, wie ein Held aussah. Schon bald würden alle Nachrichtensendungen die Bilder von den Ereignissen im Atheneum zeigen.
    Kommissar Reinhart schien sich für das Aino-Triptychon von Gallen-Kallela zu interessieren, dann betrachtete er den »Verwundeten Engel« von Simberg. Der entscheidende Augenblick rückte näher. Pastor und der Serbe bezogen ihre Positionen zu beiden Seiten der Panzerglastür, die zum Treppenhaus führte. Pastor stand vor der »Mutter Lemminkäinens« und der Serbe neben dem »Oktobertag auf den Åland-Inseln«von Victor Westerholm. Erneut kontrollierte Pastor die Telefonverbindung. Wenn sie unterbrochen wurde, war dies das Zeichen für den Koordinator, der dann zwei Motorräder zum Atheneum beordern würde. Pastor überlegte, ob auch die anderen die Bedeutung dieses Augenblicks erkannten.
    Reinhart wandte sich der Tür zu. Pastor fühlte, wie ihm das Adrenalin ins Blut schoß. Die Panzerglastüren öffneten sich zischend, Pastor verließ den Ausstellungssaal und ging rasch hinunter in die Eingangshalle. Die Schritte auf den Steinstufen hallten im Treppenhaus wider. Man spürte den Atem der Geschichte.
    Die Eingangshalle des Museums war nicht so gesichert wie die Ausstellungsräume, denn hier gab es nichts zu stehlen. Nur eine der drei hölzernen Doppeltüren zur Kaivokatu wurde durch eine Drehtür aus Panzerglas geschützt.
    Pastor stellte sich unten in die Nähe des Sicherheitsbeamten und schaute hinauf. Der Kommissar und der SUPO-Mitarbeiter warteten oben an der Treppe, der Serbe stand hinter ihnen. Reinhart unterhielt sich angeregt mit der Führerin. Doch Pastor hörte ihre Stimmen nicht mehr. Er sah nur noch den Kommissar, der nun die Treppe herunterkam. Die Zeit schien stillzustehen, sein Puls schlug schneller.
    Als Reinhart die Mitte der Treppe erreicht hatte, schob Pastor seine Hand in die Brusttasche, unterbrach die Telefonverbindung, gab seinem serbischen Partner ein Zeichen und zählte: Eins, zwei … sein Herz hämmerte … drei … jetzt beginnt die Rache … vier …
    … fünf. Pastor schlug dem Sicherheitsbeamten mit der Handkante hinters Ohr, während im gleichen Moment der Serbe einen Betäubungspfeil auf den SUPO-Mitarbeiter abschoß. Pastor zog seine Waffe aus dem Hosenbund und war mit einem Satz bei Reinhart. Er schaute in die vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen und feuerte zwei Schüsse aufReinharts Kopf und drei auf seine Brust ab. Blut spritzte, ein rötlicher Schleier schwebte durch die Luft. Der Kommissar fiel auf die Stufen, und ein Blutrinnsal floß die Treppe hinab.
    Ein Sturm des Entsetzens brach los. Die Reporter und die Führerinnen schrien laut, jemand rannte die Treppe hinauf, und einige Journalistinnen sanken schluchzend zu Boden. Alles schien wie in Zeitlupe abzulaufen.
    Die Scheiben der mittleren Eingangstüren zerbarsten klirrend: Die Motorräder waren eingetroffen. Pastor und der Serbe stiegen behend durch die zerbrochenen Scheiben und schwangen sich hinter den Fahrern auf die Maschinen. Ganz in der Nähe heulten die Sirenen los.
    »Das war der erste«, sagte Pastor.

2
    Arto Ratamos glutrotes Gesicht war schmerzverzerrt. Seine Oberschenkel brannten wie Feuer, das Kreuz
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