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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
Autoren: Taavi Soininvaara
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Sirene auf.

2
     
    Sheila Franklin wischte sich den Schweiß vom milchschokoladenfarbenen Gesicht, bückte sich und ging unter dem Plastikband mit dem Text CRIME SCENE – DO NOT CROSS hindurch in den abgesperrten Bereich zu der Leiche. Nur in einem solchen Augenblick verabscheute sie Miami. Die Drogen aus Lateinamerika überschwemmten das Land, dadurch kam es ständig zu brutalen Zwischenfällen. Zum Glück war wenigstens die Zeit der Hinrichtungen mit der Motorsäge vorbei.
    Die Ermittlerin betrachtete das Bündel, das auf der Terrasse des Marriott-Hotels lag, und spürte einen Kloß im Hals. An den Anblick übel zugerichteter Leichen gewöhnte man sich nie. Leute vom Notarzt-Team, Kriminaltechniker und ein Fotograf waren mit dem Toten und dessen Umgebung beschäftigt. Ein Hotelangestellter hatte Gennadi Protaschenko identifiziert.
    In der drückenden Hitze stank es widerwärtig nach Exkrementen. In der Todesangst hatte sich der Darm des herabstürzenden Mannes entleert. Zehn Jahre als Ermittlerin in der Mordkommission der Polizei von Miami hatten Sheila Franklin gelehrt, dass dies oft geschah, wenn das Opfer noch begriff, dass es sterben würde. Die gleiche Schweinerei musste nachjeder Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl oder in der Gaskammer beseitigt werden. Kaum ein Mord war so grausam, kaltblütig und durchdacht wie ein vom Staat erlassenes Todesurteil und seine Vollstreckung. Protaschenko hatte bei dem Sturz nur einige Sekunden auf seinen Tod warten müssen, aber in einer Todeszelle konnten Jahre vergehen.
    Sheila Franklin bemerkte, dass der Tote nur einen Schuh trug. Der sah riesig aus, noch eine Nummer größer, und man hätte ihn als Kanu verkaufen können. Der andere Schuh war in Protaschenkos Hotelzimmer gefunden worden. Ein Selbstmörder würde sich nicht so gepflegt kleiden und dann nur mit einem Schuh springen. Außerdem war der Balkontisch zerbrochen. Dafür konnte es eine natürliche Erklärung geben: Vielleicht war der Mann auf den Glastisch gestiegen und über das Geländer gestürzt. Wieso fanden sich dann aber überall auf dem Balkon Blutspuren? Die Ermittlerin war sicher, dass es sich nicht um einen Selbstmord handelte.
    Warum musste das ausgerechnet heute passieren, wo sie das erste Mal in diesem Jahr einen Kater hatte? Warum hatte sie im »Rusty Pelican« bis in die frühen Morgenstunden so heftig mit diesem Arzt geflirtet? Die Realität ist das einzige Hindernis auf dem Weg zur Glückseligkeit, sagte sich Sheila Franklin, zog die dünnen Gummihandschuhe an und beugte sich über den zerschmetterten Mann. »Darf man den Toten berühren?«, fragte sie die Kriminaltechniker und den Fotografen. Der Arzt war schon gegangen, nachdem er Protaschenkos Tod festgestellt hatte. Genauere gerichtsmedizinische Untersuchungen würden später vorgenommen.
    In dem blutbefleckten Seidenjackett steckte innen eine dicke lederne Brieftasche. Die Angaben im Pass bestätigten, dass es sich um Gennadi Protaschenko handelte, und eine Visitenkarte in Englisch verriet, dass er von Beruf Sicherheitsberater war.Der Adresse entnahm Sheila Franklin, dass Protaschenko in der Stadt Helsinki in einem Land namens Finnland wohnte. Sie erinnerte sich nicht, wo Finnland lag, tippte aber schließlich auf Europa. Beim Durchsuchen der sonstigen Taschen des Mannes entdeckte sie nichts Interessantes. Dann fiel ihr Blick auf einen Streifen nackter Haut in der Nabelgegend. Dort klebte irgendetwas Graues. Langsam hob sie den Saum des Hemdes an und sah auf dem Unterleib einen breiten Streifen Panzerband. Sie zog das Band vorsichtig von der Haut ab und fand darunter in Plastikfolie eingewickelte Unterlagen.
    »DataNorth. Global software solutions from Finland«
las sie im Logo auf dem ersten Blatt. Der Firmenname war Sheila Franklin bekannt: In der letzten Zeit hatten die Analysten den Kauf der Aktien von DataNorth empfohlen. Auf das zweite Blatt hatte jemand mit Bleistift etwas geschrieben, womit sie nichts anfangen konnte, es sah asiatisch aus. War Finnland doch einer der kleinen Wirtschaftstiger aus dem Fernen Osten? Plötzlich spürte sie, dass sie sich übergeben musste. Rasch hob sie das gelbe Absperrband hoch, rannte ein paar Meter bis zum Anlegesteg des Bootshafens und schnappte gierig nach Luft, bis ihr schließlich besser wurde. Es war heiß wie in einem Beduinenzelt. Sie hätte sogar ihren Platz im Himmel für eine eisgekühlte Flasche Dr. Pepper hergegeben.
    Zum Glück war sie den Fall bald los. Sie würde das FBI über den
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