Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

seufzte im Halbschlaf, und Ratamo wollte sie schonkitzeln, um da weiterzumachen, wo sie nachts aufgehört hatten, doch in dem Augenblick begann Nelli ihre Geige zu stimmen. Seine Tochter glaubte nicht an das Morgenmotto, das er immer wieder verkündete: »Der Vogel schnappt sich den frühen Wurm, also sollte man ausschlafen.«
    »Nelli ist genauso eifrig wie ihr Vater«, sagte Riitta und bekam einen langen Kuss. Sie räkelten sich und zogen sich gemächlich an, um Frühstück zu machen.
    Nelli war schnell wieder versöhnt gewesen, nachdem ihr Vater abends nicht mehr wegmusste. Zu seiner Erleichterung hatte sie Riitta rasch akzeptiert. Die Musik verband beide: Riitta spielte Klavier. Sie war die erste Frau, die nach Kaisas Tod bei ihnen übernachtete, und Ratamo hatte befürchtet, dass Nelli keine Konkurrentin dulden würde.
    Nelli kam in die Küche gerannt, als Riitta Kuurma Brotscheiben in den Toaster steckte. Das Mädchen hatte eine Überraschung. Sie wollte ihr erstes Konzert geben, und die beiden Erwachsenen durften das Publikum sein.
    Ratamo zog Nelli an sich, hob sie mit ausgestreckten Armen hoch und drehte sich mit ihr. Nelli lachte laut, ihr war ganz drehig im Kopf, sie hüpfte und schwankte wie ein Luftballon. Als sie sich wieder beruhigt hatte, gingen sie ins Wohnzimmer, und das Publikum nahm festlich gestimmt auf dem Sofa Platz.
    Nelli bereitete sich sorgfältig vor. Sie stimmte ihre Geige, überprüfte eine Weile die Noten und verkündete dann, sie werde das »Morgenlied« spielen.
    Ratamo war unheimlich stolz, als die ersten Töne erklangen. Er konnte nicht beurteilen, ob Nelli gut oder schlecht spielte, aber das interessierte ihn auch gar nicht. Das Kind war glücklich und spielte – das genügte.
    Das Konzert dauerte nicht sehr lange. Ratamo fiel es schwer,sich mit Worten zu bedanken: Er hatte einen Kloß im Hals. Also drückte er dem Mädchen einen Kuss auf die Wange und überließ es Riitta, die Darbietung zu loben.
    Ratamo fand, dass die Zukunft trotz allem vielversprechend aussah.

Informationen zum Buch
    Heiße Jagd im finnischen Eis
    Ein Mann stürzt aus dem 28. Stockwerk seines Hotels. Bei seiner Leiche: hochbrisantes Material über den Computercode "Inferno" - der größte Bankraub der Geschichte droht. Medienmanipulation, russische Geheimagenten, die Wirtschaftsmacht China - nicht zuletzt kämpft Ermittler Arto Ratamo mit einem skrupellosen Verräter in den eigenen Reihen.
    "Ganz und gar nichts für schwache Nerven" Westdeutsche Zeitung

Informationen zum Autor
    TAAVI SOININVAARA, geb. 1966, studierte Jura und arbeitete als Chefanwalt für bedeutende finnische Unternehmen. 2001 ließ er sich von allen beruflichen Verpflichtungen befreien, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Seine Romane um den scharfsinnigen und sympathischen Ermittler Arto Ratamo stehen ganz oben auf den Bestsellerlisten, sie wurden verfilmt und vielfach ausgezeichnet. In der Aufbau Verlagsgruppe liegen außerdem
Finnisches Blut
,
Finnisches Requiem
,
Finnisches Roulette
,
Finnisches Quartett
und
Finnischer Tango
vor.

Fußnoten
26
     
1
tönö (finn.): Hütte, Häuschen (Anm. d. Ü.)
     

55
     
1
kusi (finn.): Pisse (Anm. d. Ü.)