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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
Autoren: Lev Grossman
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weiteren gedämpften Jagdhornklängen. Es war eine Freude, wie die Pferdehufe über den festen Lehm des Waldbodens donnerten. Alles Süßliche des Lebens bei Hofe, die Sicherheit und die gnadenlose Bequemlichkeit, verflogen für den Moment. Baumstämme und Dickicht, Gräben und altes Mauerwerk flogen verschwommen vorbei. Sie tauchten abwechselnd in heißes Sonnenlicht und kühle Waldluft, so schnell, dass die fallenden gelben Blätter in der Luft zu schweben schienen. Quentin wartete die passende Gelegenheit ab, und als sie ein offenes Wiesenstück erreichten, schloss er von rechts auf. Eine Weile ritten sie Seite an Seite, lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
    Dann fiel Janet plötzlich zurück. So schnell er konnte, brachte Quentin sein Ross zum Stehen und wendete keuchend. Hoffentlich lahmte Janets Pferd nicht! Er musste ein ganzes Ende zurückreiten, ehe er sie fand.
    Reglos und aufrecht saß sie im Sattel und spähte in die Mittagsschatten des Waldes. Das Jagdhorn war verstummt.
    »Was ist?«, fragte Quentin.
    »Ich dachte, ich hätte etwas gesehen«, antwortete sie.
    Quentin hielt ebenfalls Ausschau. Da war etwas. Schemenhafte Gestalten.
    »Ist das Eliot?«
    »Was machen die denn da?«, fragte Janet.
    Quentin ließ sich aus dem Sattel rutschen, nahm den Bogen wieder von der Schulter und legte einen Pfeil ein. Er ging vorneweg, Janet führte die Pferde. Er hörte, wie sie einen leichten Verteidigungszauber aufwarf, einen dünnen Schutzschild, nur für alle Fälle. Er spürte das vertraute statische Kribbeln.
    »Scheiße«, stieß er unterdrückt hervor.
    Er ließ den Bogen fallen und rannte los. Julia kauerte auf einem Knie, presste eine Hand an die Brust und keuchte oder schluchzte, er konnte es nicht genau ausmachen. Eliot beugte sich über sie und redete ihr beruhigend zu. Seine Jacke aus Goldstoff war ihm halb von der Schulter geglitten.
    »Alles gut«, sagte er, als er Quentins aschfahles Gesicht sah. »Diese Scheißkatze hat gebuckelt und sie abgeworfen. Ich habe versucht, das Vieh festzuhalten, aber es hat sich losgerissen. Ihr ist nichts passiert, nur ein bisschen die Luft weggeblieben.«
    »Alles gut.« Wieder dieser Ausdruck. Quentin rieb Julia über den Rücken, während sie rasselnd nach Atem rang. »Alles in Ordnung. Habe ich dir nicht schon immer gesagt, du solltest dir mal ein richtiges Pferd anschaffen? Ich konnte das Biest noch nie leiden.«
    »Beruht auf Gegenseitigkeit«, brachte sie hervor.
    »Schaut mal.« Eliot zeigte ins Dämmerlicht. »Deswegen hat sie sich erschreckt. Der Hase ist reingelaufen.«
    Einige Meter entfernt lag eine runde Lichtung, eine idyllische Rasenrotunde im Herzen des Waldes. Die Bäume wuchsen bis an den Rand und nicht weiter, als hätte jemand die Fläche gerodet und sauber abgegrenzt, wie mit einem Zirkel. Quentin arbeitete sich durch das Unterholz zu ihr vor. Üppiges, leuchtend smaragdgrünes Gras wuchs auf krümeliger schwarzer Erde. In der Mitte der Lichtung ragte eine einzelne, riesige Eiche empor, in deren Stamm eine große runde Uhr eingelassen war.
    Die Uhrenbäume waren das Erbe der Wächterin, der legendären – aber durchaus realen – zeitreisenden Hexe von Fillory. Diese Bäume waren ein magischer Aberwitz, gutmütig, soweit bekannt, und auf surrealistische Weise malerisch. Es gab keinen Grund, sie zu zerstören, sofern das überhaupt möglich gewesen wäre, und auch wenn sie sonst keinen Nutzen hatten, so zeigten sie wenigstens stets die genaue Uhrzeit an.
    Ein solches Exemplar hatte Quentin jedoch noch nie gesehen. Die Eiche erhob sich an die dreißig Meter hoch, und der Stammumfang am unteren Ende betrug gewiss fünfzehn Meter. Die Uhr war gewaltig, das Ziffernblatt höher, als Quentin groß war. Der Stamm wurzelte im grünen Gras und verzweigte sich oben in ein Gestrüpp knorriger Äste, wie ein aus Holz geschnitzter Krake.
    Der Baum bewegte sich. Seine schwarzen, fast blattlosen Äste wanden sich und peitschen den grauen Himmel. Er schien von einem Sturm gebeutelt zu werden, obwohl Quentin keinen Windhauch spürte. Der Tag – jedenfalls der, den er mit seinen fünf Sinnen wahrnehmen konnte – war ruhig. Es schien ein geheimer Sturm zu sein, nicht sichtbar, nicht spürbar. In seiner Agonie hatte der Baum seine Uhr erwürgt. Das Holz hatte sich so fest um sie geklammert, dass sich die Lünette schließlich verbogen hatte und das Glas zerbrochen war. Das Messinguhrwerk quoll durch das geborstene Ziffernblatt bis hinunter aufs Gras.
    »Mein
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