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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
Autoren: Lev Grossman
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wieder mit hinauf hätte kommen können. Er, Alice und all die anderen. Mehr konnte er nicht für die Verstorbenen tun. Erde oder Fillory, war das überhaupt wichtig? Worin lag das große Rätsel? Überall, wohin man schaute, gab es einen so großen Reichtum, dass man ihn niemals erschöpfen konnte. Gut möglich, dass alles nur ein Spiel war, das am Ende wertlos auf dem Müll landete, aber solange man hier war, war es echt.
    Quentin presste die Stirn auf das Deck, heftig, wie ein bußfertiger Pilger. Er spürte das Schlagen der Wellen, das vom Holz übertragen wurde wie ein Herzschlag, und die Wärme der Sonne. Er roch den säuerlichen Salzgeruch des Meeres und hörte die zögerlichen Schritte erstaunter Leute, die sich um ihn scharten, unsicher, was sie mit ihm anfangen sollten. Quentin hörte auch all die anderen, undefinierbaren Geräusche, die die Realität unverdrossen produzierte, das Quietschen, Schaben, Klopfen, Dröhnen und so weiter, endlos.
    Er atmete tief durch und setzte sich auf. Nach der Wärme der göttlichen Arme zitterte er in der frischen Morgenluft. Doch sogar die Kälte erfreute ihn. Das ist das Leben, wiederholte er unablässig im Inneren. Gestorben sein, lebendig sein. Das eine ist der Tod, das hier ist das Leben. Jetzt kenne ich den Unterschied.
    Dann wurde er auf die Beine gestellt und unter Deck geführt. Er war sich ziemlich sicher, dass er alleine hätte laufen können, aber er ließ sich tragen – sie schienen es gerne tun zu wollen, also warum sollte er sie daran hindern? Dann lag er seitlich auf der Matratze. Er war todmüde, wehrte sich aber dagegen, die Augen zu schließen, weil so viel um ihn herum passierte.
    Einige Zeit später merkte er, wie sich jemand zu ihm auf die Koje setzte. Julia.
    »Danke, Julia«, sagte Quentin nach einer Weile. Seine Lippen und seine Zunge fühlten sich dick und taub an. »Du hast mich gerettet. Du hast alles gerettet. Ich danke dir.«
    »Die Göttin hat uns gerettet.«
    »Auch Ihr bin ich dankbar.«
    »Ich werde es Ihr sagen.«
    »Wie fühlst du dich?«
    »Ich fühle mich vollendet«, sagte sie nur. »Ich fühle mich endlich vollkommen. Meine Entwicklung ist abgeschlossen.«
    »Oh«, sagte er und musste lachen, weil seine Reaktion so dämlich klang. »Ich bin einfach nur froh, dass es dir gutgeht. Geht es dir gut?«
    »Ich war so lange in einem Zwischenstadium gefangen«, sagte Julia, anstatt seine Frage zu beantworten. »Ich konnte nicht mehr zurück, obwohl ich es lange Zeit wollte. Lange Zeit. Ich wollte wieder so werden, wie ich vor den ganzen Ereignissen gewesen war, nämlich menschlich. Doch ich konnte nicht zurück, kam andererseits aber auch nicht weiter. In der Unterwelt ist mir dann plötzlich endgültig klargeworden, dass es kein Zurück mehr gibt. Ich habe mich fallenlassen, und da ist es passiert.«
    Quentin fehlten die Worte. Was sollte man zu einem frischgebackenen übernatürlichen Geschöpf sagen? Am liebsten hätte er sie einfach nur angesehen. Noch nie zuvor war er einem Geist so nahe gewesen.
    »Du hast gesagt, du wärst eine Dryade.«
    »Ja, das bin ich. Wir sind die Töchter der Göttin. Das macht mich zu einer Halbgöttin«, fügte sie erklärend hinzu. »Natürlich bin ich nicht wirklich ihre Tochter, sondern im rein spirituellen Sinne.«
    Julia war dem Wesen nach noch sie selbst, aber ihre Wut und das Gefühl, in einem wichtigen Punkt uneins mit dem Rest der Welt zu sein, waren verschwunden. Sie sprach sogar wieder wie früher.
    »Du sorgst also für die Bäume?«
    »Ja, wir sorgen für die Bäume, und die Göttin sorgt für uns. Zu mir gehört ein besonderer Baum, den ich aber noch nicht kenne. Ich kann ihn aber aus meinem Gefühl heraus finden und gehe zu ihm, sobald wir unsere Aufgabe beendet haben.« Sie lachte. Es war gut, zu wissen, dass sie das noch konnte. »Ich weiß so viel über Eichen, dass ich dich mit meinem Wissen zu Tode langweilen könnte.
    Weißt du, dass ich beinahe meinen Glauben an die Göttin verloren hätte? Doch ich wusste, dass ich eine Entwicklung durchmachen musste. Ich musste aus dem, was mir geschenkt worden war, etwas machen und es dazu benutzen, zu der zu werden, die ich sein wollte. Ich wollte so werden, wie ich jetzt bin. Und die Göttin ist gekommen, als ich sie gerufen habe.
    Ich fühle mich so voller Kraft, Quentin! Es ist, als trüge ich eine Sonne in mir oder einen Stern, der für immer brennt.«
    »Bedeutet das, dass du unsterblich bist?«
    »Ich weiß es nicht.« Ein Schatten huschte
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