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Fieber

Titel: Fieber
Autoren: Robin Cook
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machten, nahm sie das Gewehr fest in beide Hände. Als die Männer die Tür einen Spaltbreit aufgedrückt hatten, schnitten sie das Sicherungsseil durch und stießen die Tür endgültig auf. Die Kartoffelsäcke schwangen gefährlich durch den Türrahmen, doch diesmal ducktensich die Männer einfach unter ihnen weg. Dann packte Wally Crab die beiden Säcke, so daß Brezo in die Küche stürmen konnte.
    Cathryn hielt den Gewehrlauf schräg auf den Boden und drückte ab. Die Schrotkugeln schlugen in den Linoleumbelag und spritzten wieder hoch. Im nächsten Moment stand Brezo in einem Hagel von Querschlägern. Brezo warf sich sofort herum und floh mit Wally über die Veranda. Cathryn hatte inzwischen eine zweite Patrone in den Gewehrlauf geschoben und schoß durch die leere Türöffnung.
    So plötzlich, wie der Aufruhr begonnen hatte, war er auch wieder vorüber. Jean Paul lief in die Küche und fand Cathryn starr vor Schreck. Er schloß die Tür und sicherte sie wieder. Dann nahm er seiner Mutter das Gewehr aus ihren zitternden Händen. Chuck stürmte die Treppe in den ersten Stock hinauf, um zu sehen, ob Charles etwas passiert war. Zu seiner Überraschung sah er, wie sein Vater sich über einen bewußtlosen Mann beugte, der im Gesicht und an den Händen Brandverletzungen hatte.
    Mit Chucks Hilfe brachte Charles den Mann nach unten und band ihn auf einen Stuhl im Wohnzimmer. Dann kamen Cathryn und Jean Paul aus der Küche, und jeder versuchte den anderen nach dem nervenzermürbenden Erlebnis zu beruhigen. An Schlaf dachte von ihnen keiner mehr. Nur Michelle war nicht einmal von dem lauten Getöse, das für Minuten das Haus erfüllt hatte, aufgewacht. Nach ein paar Minuten stiegen die Jungen freiwillig wieder in den ersten Stock hinauf, um Wache zu halten. Cathryn ging in die Küche und brühte für alle einen starken Kaffee.
    Charles setzte sich wieder in sein provisorisches Labor. Sein Herz schlug immer noch heftig. Über die intravenöse Kanüle gab er Michelle eine weitere Dosis von der Lösung mit dem Übertragungsfaktor. Auch dieses Mal zeigte ihr Körper keine Gegenreaktion. Charles war jetzt überzeugt, daß das Molekül nicht giftig sein konnte. Er füllte auch noch den Rest der Lösung in die halbleere Infusionsflasche und stellte das Kanülenventil so ein, daß die Lösung während der nächsten fünf Stunden in Michelles Blutkreislauf einfloß.
    Nachdem er damit fertig war, ging Charles zu seinem Gefangenen, der inzwischen wieder zu sich gekommen war. Trotz der leichten Brandverletzungen konnte man auf den ersten Blick erkennen, daß der Fremde ein gutaussehender Mann war. Er hatte kluge Augen. Mit den Schlägern aus Shaftesbury, die Charles erwartet hatte, war er überhaupt nicht zu vergleichen. Der Mann schien ein Profi zu sein, und das bereitete Charles die meisten Sorgen. Als Charles ihn durchsucht hatte, war das erste, was ihm in die Hände fiel, eine Smith and Wesson gewesen. Eine 38er Spezial. Das war nicht irgendeine beliebige Waffe.
    »Wer sind Sie?« fragte Charles.
    Anthony Ferrullo blieb stumm und unbewegt wie eine Steinskulptur.
    »Was wollten Sie hier?«
    Schweigen.
    Selbstbewußt griff Charles dem Mann in die innere Jackentasche. Er fand eine lederne Brieftasche und zog sie heraus. Mr. Ferrullo bewegte sich nicht. Charles ließ die Brieftasche aufspringen und sah betroffen und erstaunt zugleich auf ein Bündel von Hundert-Dollar-Noten. Dann fand er ein paar Kreditkarten und einen Führerschein. Charles zog die eingeschweißte Plastikkarte heraus und hielt sie gegen das Licht. Anthony L. Ferrullo, Leonia, New Jersey. New Jersey? Er durchsuchte die anderen Fächer der Brieftasche und fand eine Visitenkarte. Anthony L. Ferrullo, Breur Chemical, Sicherheitsabteilung. – Breur Chemical!
    Charles fühlte ein Zittern durch seinen Körper laufen. Bis zu diesem Moment hatte er geglaubt, daß jede Gefahr, die er bei seinem Kampf gegen die medizinischen und industriellen Interessenverbände auf sich genommen hatte, von einem ordentlichen Gericht gebannt werden konnte. Mr. Anthony Ferrullos Anwesenheit ließ ihn einsehen, daß sein Wagnis auch eine tödliche Gefahr enthalten hatte. Und am meisten erschreckte Charles, daß diese Gefahr für seine ganze Familie bestand. In Mr. Ferrullos Beruf war ›Sicherheit‹ anscheinend eine Umschreibung für Zwang und Gewaltanwendung. Für einen Moment wurde Ferrullo in Charles’ Augen zu einem Symbol alles Bösen, und er mußte sich beherrschen, nicht in blinder Wut
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