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Fia die Betoerende

Titel: Fia die Betoerende
Autoren: Connie Brockway
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Junge. Tunbridge hätte ihn längst vergessen, wenn er nur den Mund gehalten hätte.
    „Eh?“ Tunbridge wandte sich ihm halb zu und ließ seinen unsteten Blick über Thomas' freundlich lächelndes Gesicht und seinen kraftvollen Körper gleiten. „Was? Eine Entschuldigung? Aber natürlich. Verzeihen Sie, es war nicht so gemeint. . .“
    Pip runzelte die Stirn. „Nun, für mich hörte es sich aber. . .“
    „Danke, Ihre Entschuldigung ist akzeptiert“, mischte sich Thomas ein. Er fasste Pip mit eisernem Griff, der die Lässigkeit der Geste Lügen strafte, am Arm. „Ich denke, wir alle sagen schon einmal Sachen nur so vor uns hin, die uns später Leid tun. Nicht wahr?“
    Die zusammengepressten Lippen des Jungen entspannten sich. „Ganz recht. Männer machen sich gerne lächerlich, wenn es um Frauen geht, die sie keines Blickes würdigen.“
    Diese Spitze verfehlte ihr Ziel, denn Tunbridge hatte sich schon von ihnen entfernt. Vermutlich, um Carr das Vorgefallene mitzuteilen. Tunbridge war schon immer Carrs Handlanger gewesen.
    Pip versuchte sich Thomas zu entwinden, aber der weigerte sich, ihn gehen zu lassen, und die anderen Gentlemen, die nicht wollten, dass der Junge sein Leben so sinnlos wegwarf, handelten sogleich und stellten sich zwischen Pip und den fort eilenden Tunbridge.
    „Verflucht“, sagte Robbie und versetzte Pip einen freundschaftlichen Schlag auf die Schulter, „wenn ich über jede gedankenlose Bemerkung, die ich gemacht habe, Buch führen müsste, hätte ich Monate damit zu tun!“
    Johnston hatte eine noch bessere Idee, wie man den aufgebrachten Jungen ablenken konnte. „Schaut nur! Inzwischen drängen sich noch mehr Besucher in Comptons Loge. Himmel! Die sollten besser aufpassen, sonst bricht die Empore am Ende noch von der Wand und kracht in das Parkett!“
    Thomas folgte Johnstons belustigtem Blick. Er kniff die Augen zusammen, als er die vergoldete Loge betrachtete. „Reich mir doch einmal das Opernglas, Robbie“, sagte er stirnrunzelnd.
    Er nahm das elfenbeinverzierte Gerät, hob es vor sein Gesicht und blickte hindurch. Als hätte ihm das Schicksal die Hand geführt, schaute er ihr geradewegs in die Augen.
    In Fia Merricks Augen.
    Ein Irrtum war ausgeschlossen. Sie hatte jahrelang wie eine wunderschöne Erscheinung am Rande seines Bewusstseins geflackert, ein Phänomen, das er sich nie näher zu untersuchen gestattet hatte. Aber jetzt. . . Ihm stockte der Atem.
    Sie war - und war es immer schon gewesen - das schönste Geschöpf, das er je gesehen hatte. Und nun war sie sogar noch schöner als früher.
    Die Jahre hatten ihre strahlende, unwirkliche Schönheit verfeinert. Exotisch hohe Wangenknochen, eine reine, klare Stirn, das anmutige Kinn ... die Zeit hatte sie nur stärker betont und deutlicher ausgeformt.
    Die sahnig weiße Haut umschloss entschiedener die zarten
    Knochen darunter. Ihre Augen, die immer schon kristallklar gewesen waren, blickten intensiver blau und härter als Edelsteine. Ihr Mund war sowohl voller als auch weicher. Anders als es die Mode vorschrieb, trug sie ihr Haar offen und ungepudert, glänzend schwarze Locken, deren Farbe sich dramatisch von ihren weißen Schultern über dem gewagt tiefen Ausschnitt abhob, auf die sie sich ergossen.
    „Fia“, murmelte Thomas.
    „Du kennst sie?“
    „Fia Merrick?“ Thomas senkte das Opernglas. Pip hatte keine Chance, wenn jemand von ihrem Schlag ihn in den Klauen hielt. „Aye.“
    „Nicht mehr Merrick, alter Junge“, verbesserte ihn Johnston. „MacFarlane ist es jetzt.“
    Sie hatte also geheiratet. Das war keine Überraschung. Carr hatte sie von frühster Jugend an dazu erzogen, den Arm eines Mächtigen zu zieren. Doch der Name MacFarlane sagte ihm nichts.
    „Welcher ist ihr Ehemann?“ Thomas konnte nicht begreifen, warum er das fragte - außer dass er wissen wollte, wie der Mann aussah, der sich Fia Merrick leisten konnte.
    „Keiner“, antwortete Robbie. „Ach! Ich vergesse immer, dass du so lange fort warst. Weißt du, Lady Fia hat keinen Ehemann. Das heißt, sie hatte einen, keine Frage, aber sie ist Witwe. Er ist gestorben . . . Ich würde meinen, es ist inzwischen mehr als ein Jahr her. Aber andererseits, wenn es so lange her ist, dann hätte sie doch längst die Trauerkleidung abgelegt, oder?“
    „Warum sollte sie?“ erkundigte sich Johnston mit gedämpfter Stimme, ohne den Blick von Fia abzuwenden. „Wo ihr Schwarz doch mindestens ebenso gut steht wie der Nacht selbst?“
    Robbie lachte leise.
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