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Feuerwogen

Feuerwogen

Titel: Feuerwogen
Autoren: Virginia Kantra
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Lila an, das sie an das Innere einer Muschel erinnerte. Regina legte den Kopf in den Nacken und sah zu den Sternen empor. Sie hatte das Gefühl, als würde sich die Erde um sie drehen.
    »Vorsicht.« Die tiefe Männerstimme klang belustigt.
    Regina fuhr zusammen. Der Prosecco in ihrem Glas schwappte über. »Cal?«
    »Nein. Enttäuscht?«
    Der Alkohol war auf ihr Kleid getropft. Mist.
    Reginas Blick flog zum Zelt zurück und wanderte dann auf der Suche nach dem Besitzer dieser Stimme über den Strand.
    Da stand er, barfuß am Rand der Brandung, als wäre er geradewegs dem Meer entstiegen und nicht einfach nur von der Hochzeitsgesellschaft herübergeschlendert.
    Ihr Herz hämmerte. Ihr schwirrte der Kopf von all dem Prosecco.
    Nicht
Caleb. Sie blinzelte. Er war zu groß, zu schlank, zu jung, zu …
    Seine Krawatte war gelockert, die Hose hochgekrempelt. Das graue Licht huschte über sein Gesicht und erhellte die lange, schmale Nase, den geschwungenen Mund und diese Augen, die so dunkel und verschwiegen waren wie die Sünde.
    Regina spürte ein Klopfen, ein Flattern weiblicher Verzauberung, und starrte ihn finster an. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    Er lachte leise und kam näher. »Sie sehen schön zusammen aus – Caleb und Margred.«
    Da erkannte sie ihn. Von der Trauung. »Sie sind sein Bruder. Dylan. Der, der …«
    Weggegangen ist.
    Sie hatte Geschichten darüber gehört. Sie war betrunken, aber sie erinnerte sich trotzdem an das meiste. Daran, dass seine Mutter vor fünfundzwanzig Jahren die Insel sowie ihren Mann und Caleb und ihre kleine Tochter Lucy verlassen und den anderen Sohn mitgenommen hatte. Diesen hier.
    »Ich dachte, Sie wären älter«, sagte sie.
    Er verharrte bewegungslos im Mondlicht. »Sie erinnern sich?«
    Regina schnaubte. »Kaum. Schließlich war ich damals erst vier Jahre alt.« Sie zupfte sich die feuchte Seide von der Brust. Sie würde aufs Festland fahren müssen. Auf der Insel gab es keine chemische Reinigung.
    »Hier.« Ein Blitz wie eine weiße Flagge in der Dunkelheit. Sein Taschentuch. Ein echter Gentleman.
    Und dann lag seine Hand auf ihrer Brust, und seine Finger umfassten das kleine Goldkreuz, das unter ihrem Schlüsselbein auf ihrer Haut ruhte. Dabei presste sein Handballen das Taschentuch zwischen ihrer Brüste. Warm. Vertraulich. Unanständig.
    Regina holte hörbar Luft. Ganz und gar kein Gentleman. Arschloch.
    Sie stieß seine Hand weg. »Ich hab’s schon.«
    Unter dem feuchten Stoff stellten sich ihre Brustwarzen auf. Ob er es im Dunkeln sah? Sie rieb mit dem Taschentuch über das Kleid. »Was machen Sie hier?«
    »Ich bin Ihnen gefolgt.«
    Wenn er sie nicht gerade begrabscht hätte, wäre sie geschmeichelt gewesen. »Ich meinte: auf der Insel.«
    »Ich wollte sehen, ob sie es wirklich tun.«
    »Die Hochzeit?«
    »Ja.« Er schenkte ihr Sekt nach, bis die Flasche leer war, und reichte ihr das Glas.
    Die Geste erinnerte sie schmerzhaft an seinen Bruder. Trotz der Meeresbrise fühlte sich ihr Gesicht heiß an. Ihr war warm. Hastig trank sie einen Schluck. »Sie sind also einfach so wieder aufgetaucht? Nach fünfundzwanzig Jahren?«
    »Es war nicht ganz so lange.«
    Er ließ sich auf dem Felsbrocken neben ihr nieder. Seine Hüfte stieß an ihren Oberschenkel. Seine harte, runde Schulter streifte die ihre. Die Wärme breitete sich nun auch tief unten in ihrer Magengrube aus.
    Sie räusperte sich. »Was ist mit Ihrer Mutter?«
    »Tot.«
    Ups. Autsch.
»Tut mir leid.«
    Lass es gut sein, sagte sie sich. Es führte doch zu nichts, Geschichten über zerrüttete Familien auszutauschen. Nicht, dass sie gewollt hätte, dass das hier zu etwas führte, aber …
    »Es ist seltsam, dass Sie nicht schon vorher zurückgekommen sind«, sagte sie.
    »Das denken Sie nur, weil Sie nie weggegangen sind.«
    Sie war getroffen. »Das bin ich aber. Gleich nach der Highschool. Ich bekam einen Job als Spülerin bei
Perfetto’s
in Boston, bis Puccini mich zur Vorspeisenköchin befördert hat.«
    »
Perfetto’s

    »Alain Puccinis Restaurant. Sie wissen schon. Der aus dem Fernsehen.«
    »Ich nehme an, ich sollte jetzt beeindruckt sein.«
    »Ja, sollten Sie.« Stolz und Ärger kochten in ihr hoch. Sie trank ihr Glas aus. »Er wollte mich zum Souschef machen.«
    »Aber Sie sind zurückgekommen. Warum?«
    Weil Alain – dieser Hurensohn – sie geschwängert hatte. Sie konnte weder Küchendienst mit einem Säugling schieben, noch vom Gehalt einer Abteilungsköchin einen Babysitter bezahlen. Selbst
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