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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende
Autoren: Eve Silver
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dem Funken sprühenden Licht, in diesem Feuermantel, den er aus der Unterwelt mitgebracht hatte, nachdem es ihm gelungen war, die zwölf Pforten zu passieren.
    Er spürte das Feuer im ganzen Körper, in den Knochen, in seinen inneren Organen, auf der Haut, in jeder einzelnen Zelle. Weder konnte er es kontrollieren noch unterdrücken. Wie eine Fackel stand er da.
    „Ich soll anfangen?“, fragte Lokan. Seine Stimme klang gepresst. Es war fast nur ein Flüstern. „Womit soll ich denn deiner Meinung nach anfangen? Damit, deine Schandtaten aufzuzählen? Die Litanei deiner Sünden herunterzubeten?“
    Sutekh blickte ihn starr an. Wie immer blieben seine Augen dabei kalt und seelenlos. „War das nicht eines der ersten Dinge, die ich dir beigebracht habe, Lokan? Was du hier Sünde nennst, ist ein Verdienst.“
    „Verdienst? Verdienst setzt eine ehrenwerte Gesinnung voraus.“ Lokan atmete einmal tief durch und zwang sich dazu, Ruhe zu bewahren. Er gönnte Sutekh das Vergnügen nicht, sich an seiner Wut oder seinem Schmerz zu laben. Er wusste, dass sich sein Vater von diesen Dingen nährte. Nur …
    Nur jetzt sah er nicht danach aus, als wäre ihm die Konfrontation mit Lokan angenehm. Er schien aus dem, was Lokan ihm bot, keine Kraft saugen zu können. Das war ungewöhnlich, beinahe unmöglich. Die Einzigen, an deren negativen Emotionen Sutekh seinen Hunger nicht stillen konnte, waren …
    Lokan erstarrte und drehte sich zu Isis um, indem er seinem Vater den Rücken zudrehte. Dann wanderte sein Blick weiter zu Osiris, der ihn teilnahmslos beobachtete. Mit fünf langen Schritten stand Lokan vor ihm.
    „Was war das noch, was du mir sagtest, als ich gegen Ma-ats Feder aufgewogen wurde?“, fragte er.
    „Ich habe vieles gesagt, Lokan Krayl.“
    „In der Tat. Aber ich meine etwas ganz Bestimmtes. Du sagtest etwas darüber, was ich sein würde, wenn ich die zwölf Pforten hinter mir gelassen hätte.“
    Osiris beugte den Kopf vor und antwortete feierlich: „Ich sagte, du wirst dein früheres Selbst nie wiedererlangen, Lokan Krayl.“ Genau das waren seine Worte gewesen. Nur hatten sie jetzt eine neue Bedeutung bekommen.
    Lokan spürte im Rücken, dass die ganze Versammlung hinter ihm ihn gespannt ansah, aber er drehte sich nicht zu den anderen um.
    Stattdessen streckte er Osiris die Hand entgegen und fragte: „Darf ich?“
    Wieder neigte Osiris das Haupt. Dann nahm er Lokans Hand. Derselbe elektrische Schock durchfuhr ihn wie schon zuvor beiden anderen Gottheiten. Nur war er dieses Mal noch sehr viel stärker. Bei jedem Mal, da seine Hand eine von ihnen berührt hatte, war dieses Gefühl stärker geworden. Jetzt war der Stromschlag so stark, dass es Lokans Hand aus der von Osiris riss und Lokan zwei Schritte fortschleuderte.
    Er schaute zu seinen Brüdern hinüber. Was hier geschah, war verrückt. Die Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen, waren genauso verrückt.
    Schließlich wandte er sich zurück an Osiris. „Der Waffenstillstand, den die Götter untereinander geschlossen haben, erlaubt es nicht, dass sie das Territorium eines anderen betreten. Bewirkt er auch, dass sie sich körperlich gegenseitig abstoßen – wie gleichpolige Magneten?“
    „So war es zu Beginn. Wir mussten lernen, dieses Phänomen zu beherrschen. Inzwischen können wir einander so weit aushalten, dass wir uns auch die Hand geben können, wenn es sein muss.“
    Aufgeregt wandte Lokan sich nun an Dagan. „Die Prophezeiung. Die, über die wir gesprochen haben. Über die Vermischung des Bluts. Wie lautete die noch?“ Die Worte kamen fast überstürzt, denn wenn er die Frage jetzt nicht stellte, würde er es nie mehr tun. Was ihm durch den Kopf ging, war zu irre, undenkbar. Und doch ließ ihn dieser Gedanke nicht mehr los.
    „Das Blut der Isis“, antwortete Dagan, „das Blut Sutekhs …“ Lokan sah seinen Vater an, während Dagan weitersprach. „Und der Gott wird die zwölf Pforten durchschreiten und wieder auf Erden wandeln.“
    „Du hast gedacht, du bist gemeint.“ Lokans Ton war scharf, als er sich an Sutekh wandte. „Du hast dir vorgestellt, du könntest mich töten, mir meinen Körper stehlen und dann selbst das Sonnenlicht wiedersehen.“
    Alle drei Brüder stellten sich jetzt zu Lokan, um ihm den Rücken zu stärken. Sie riskierten eine Menge, indem sie die Konfrontation mit ihrem Vater suchten.
    „Irrtum“, fuhr Lokan fort. „In der Prophezeiung war nicht von dir die Rede, sondern von mir.“ Er hob die Hand, und die blauen
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