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Feuerscherben

Feuerscherben

Titel: Feuerscherben
Autoren: Jasmine Cresswell
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Claire sprach, wie sie ging und welche typischen Bewegungen sie machte? Du bist ihr vielleicht sehr ähnlich, Dianna, aber du kannst unmöglich wie sie sprechen.«
    »Darüber brauchen wir uns keine Sorgen zu machen«, antwortete sie. »Ich behaupte einfach, meine Stimmbänder wären von dem Rauch für immer geschädigt worden. Und was das andere betrifft: Du hast selbst erzählt, dass Claires Eltern sich zuletzt nicht mehr viel um ihre Tochter gekümmert haben. Woher sollen sie wissen, ob ich so laufe wie sie oder dieselben Gesten mache?«
    »Das stimmt. Allerdings haben Claire und ihr Vater eine Menge gemeinsam unternommen, als sie noch ein Kind war. Zumindest behaupten das alle.« Hal ließ sich in den einzigen Sessel des Zimmers fallen und legte die Füße auf den senfgelben Bettüberwurf. »Wir müssen unbedingt noch einmal alle Daten durchgehen, um sicher zu sein, dass du den Campbells am nächsten Wochenende gewachsen bist. Wir können uns keine Fehler leisten, Di. Ein größerer Irrtum, und alles ist vorbei.«
    »Du hast mir seit sechs Wochen die Familiengeschichte der Campbells eingepaukt, Hal.« Dianna schob den Stuhl von der Kommode zurück und stand auf. »Mein Kopf dröhnt derart von den Einzelheiten über die Familie, dass ich manchmal morgens aufwache und glaube, dass ich tatsächlich Claire Camp bell bin.«
    »Sehr gut«, sagte Hal und war erleichterter, als er zugeben wollte. Manchmal hatte er den Eindruck, dass Dianna Mason sein sorgfältig ausgearbeitetes Täuschungsmanöver als einen boshaften privaten Spaß betrachtete. »So muss es auch sein, Di. Denk, iss, schlaf und atme wie Claire Campbell.« Er fuhr herum. »Wo bist du zur Schule gegangen?«, fragte er grob.
    Sie gab ihm die Antwort, die er hören wollte. »In Linden Hall, nordwestliches Connecticut.«
    »College?«
    »Dartmouth, Hauptfach Kunstgeschichte. Aber ich war erst ein paar Monate dort, als das Feuer ausbrach.«
    Hal nickte anerkennend. Dianna machte niemals sachliche Fehler, wenn sie die Daten aus Claires Vergangenheit wiederholten. Aber es hatte Wochen gedauert, bis sie nicht mehr in der dritten Person von dem Mädchen sprach. »Was passierte in der Nacht des Feuers?«
    »Darüber mag ich nicht reden«, flüsterte sie und senkte den Kopf.
    Hal schnalzte ungeduldig mit der Zunge. »Nein, so geht das nicht, Di. Das habe ich dir schon einmal gesagt. Du darfst die Antwort auf Fragen nach dem Brand nicht verweigern.«
    »Weshalb nicht? Wahrscheinlich möchte die richtige Claire auch nicht darüber sprechen, was in jener Nacht vorgefallen ist.«
    »Hier geht es nicht darum, was psychologisch richtig ist«, schimpfte er. »Wir brauchen eine überzeugende Geschichte für Andrew Campbell. Oder für Ben Maxwell, falls wir nicht gleich an Andrew herankommen.«
    »Dieser Ben Maxwell arbeitet erst seit sechs Jahren bei Campbell Industries. Also hat er Claire nie zu Gesicht bekommen. Weshalb klingst du immer so besorgt, wenn du seinen Namen erwähnst? Wie sollte er zu einer Bedrohung für uns werden?«
    »Warte, bis du ihn kennengelernt hast«, sagte Hal grimmig. »Dann stell mir die Frage erneut – falls es noch nötig ist. Und jetzt zurück zum Geschäft. Was geschah in der Nacht des Feuers? Wer war mit dir in dem Blockhaus? Was habt ihr dort gemacht?«
    »Ich hatte gerade Geburtstag gehabt«, antwortete Dianna seufzend. »Und ich hatte Jon Kaplan eingeladen, das Wochenende mit mir zu verbringen. Wir waren gute Freunde, und wir machten gern Skilanglauf.«
    Hal schniefte verächtlich. »Das kannst du deiner Großmutter erzählen, Schätzchen. Die beiden sind zu dem Blockhaus gefahren, weil sie miteinander schlafen wollten. Kein Mensch wird etwas anderes glauben. Verstanden?«
    »Woher willst du wissen, weshalb sie da oben waren?«, fragte Dianna leise. »Warst du dabei?«
    »Nun werde nicht komisch, Dianna. Fünf Jahre habe ich sämtliche Frauen verhört, die behaupteten, Claire Campbell zu sein. Das gehörte zu meinen Aufgaben in der Firma. Ich habe mit jedem gesprochen, der irgendetwas darüber wissen konnte, was in jener Nacht passiert war. Jon Kaplan hatte mehrere hundert Dollar darauf gewettet, dass er Claire Campbell ins Bett locken würde, bevor das Wochenende vorüber war. Claire mag naiv gewesen sein. Aber sie war bestimmt nicht so dumm, einen Studenten in eine einsame Berghütte einzuladen und anzunehmen, dass sie den ganzen Abend über Shakespeares Sonette diskutieren würden.«
    »Meinetwegen«, sagte Dianna unbekümmert. »Wie
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