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Feuergipfel

Titel: Feuergipfel
Autoren: Elizabeth Lowell
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abzuwenden, hauchte Hunter einen Kuß auf ihren Scheitel. Er war so zart, so flüchtig, daß sie sich nicht sicher war, ob er überhaupt stattgefunden hatte.
    »Indianer im Anmarsch auf die Pyramidenpappeln!« rief Case aus dem Obergeschoß.
    Hunter drehte den Kopf von Elyssa weg.
    »Nicht schießen!« brüllte er. »Wenn sie Culpeppers umlegen wollen, dann werde ich sie garantiert nicht daran hindern.«
    Sporadisches Feuer ertönte von den Pappeln her, dann schrille Schlachtrufe, gefolgt von einer Stille, die sich langsam in dem Nachmittag ausdehnte.
    »Bewegt euch, Jungs«, rief Hunter. »Sie können jeden Moment hier anlangen.«
    Elyssa wartete angstvoll, und allmählich ging der Nachmittag in Abenddämmerung über.
    Nichts rührte sich, nicht einmal die Vögel, die um diese Tageszeit gewöhnlich in Schwärmen zum Sumpf hinüberflogen, um dort die Nacht zu verbringen.
    Gerade als Elyssa zu dem Schluß kam, daß die Indianer wieder abgezogen waren und die Ladder S verschont hatten, rief Case erneut von oben.
    »Indianer! Fünf Mann!« Dann fügte er ungläubig hinzu: »Einer trägt eine weiße Fahne!«
    »Nicht schießen!« rief Hunter.
    Er konnte kaum glauben, was er da sah, als er beobachtete, wie vier Indianer auf gescheckten Ponies am Rande der Pyramidenpappeln anhielten. Der Mann mit der Verhandlungsfahne ritt weiter auf den Ranchhof zu.
    »Vom Stamm der Ute«, sagte Elyssa. »Sie tragen Kriegsbemalung, nicht die Bemalung für Waffenstillstandsverhandlungen.«
    Hunter ging zur Haustür, wo Morgan wartete.
    Elyssa folgte ihm auf den Fersen.
    »Geh wieder zurück«, drängte Hunter sie. »Es könnte eine Falle sein.«
    »Nein. Wenn du gehst, dann gehe ich auch.«
    »Morgan.«
    Mehr sagte Hunter nicht.
    Als sich die Haustür öffnete, blieb Elyssa drinnen, aus dem simplen Grund, weil Morgan sie mit drahtiger Kraft zurückdrängte. Sie wehrte sich einen Moment in erbittertem Schweigen gegen seinen Griff und gab dann mit einem Ausdruck der Erschöpfung nach, der Hunter wie ein Messer ins Herz schnitt.
    Die Vordertür schloß sich hinter ihm und ließ ihn allein in einem Hof voll verkohlten Grases und aufgewühlter Erde. Auf ein Gewehr hatte er verzichtet, aber in seinem Gürtel steckte ein sechsschüssiger Revolver.
    Die Krieger, die bei den Pappeln warteten, waren schlank und sehnig und in körperlicher Hochform. Das gleiche galt für ihre Ponys. Aber es war der Ute mit der ausgefransten weißen Fahne, dem Hunters ganze Aufmerksamkeit galt.
    Mit raschen fließenden Handbewegungen erklärte der Mann Hunter, was dieser nicht zu glauben gewagt hatte - die Ute hatten nicht die Absicht, Krieg gegen die Ladder S zu führen. Sie waren gekommen, um eine Schuld zu begleichen.
    Bei Elyssa.
    Und nur bei ihr.
    »Elyssa«, rief Hunter, ohne seinen Blick von den Indianern abzuwenden. »Komm heraus.«
    Einen Moment später schwang die Haustür auf, und Elyssa eilte an Hunters Seite.
    Der Ute begann erneut, in Zeichensprache zu sprechen. Seine Hände waren elegant und kraftvoll zugleich, als er mit Gebärden Begriffe darstellte, die sowohl der Sprache der Weißen als auch der der amerikanischen Ureinwohner entstammten.
    »Er sagt, daß ihr Häuptling dir zu großem Dank verpflichtet ist«, übersetzte Hunter für Elyssa.
    »Aber ...«
    »Warte«, unterbrach er sie.
    Ernsthaft verfolgte er die Gebärden, dann begann er erneut zu übersetzen.
    »Seine Ehefrau und sein Sohn wurden von weißen Männern geraubt«, sagte Hunter. »Dank der Hilfe von einem der Männer gelang es ihr zu fliehen, nur um von den anderen gejagt zu werden wie ein Kaninchen von einem Rudel Kojoten. Dann kam eine tapfere Kriegerin auf einem gescheckten Pferd daher.«
    Verblüfft starrte Elyssa Hunter an, aber er konzentrierte sich weiterhin auf die Hände des Ute.
    »Obwohl sie selbst eine Weiße war«, übersetzte Hunter, »erschoß sie den weißen Mann, nahm den kleinen Sohn in die Arme und machte der Ehefrau Platz auf ihrem Pferd. Die weiße Frau nahm die Ehefrau und den Sohn in ihren eigenen Wigwam mit und kümmerte sich so liebevoll wie eine Mutter um sie.
    Der Ute legte eine Pause ein und blickte Elyssa einen Moment lang eindringlich an, bevor er in Zeichensprache zu sprechen fortfuhr.
    »Er-Der-Als-Erster-Am-Feuer-Spricht dankt der weißen Frau«, übersetzte Hunter. »Auf daß Frieden zwischen unseren Wigwams herrschen möge.«
    »Wie schön«, sagte Elyssa spontan.
    Der Ute verstand. Er machte eine weitausholende Bewegung mit dem Arm.
    Fünf weitere
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