Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition)
Autoren: Kenneth Oppel
Vom Netzwerk:
Geschwindigkeit, er wollte anhalten. Er wollte absteigen.
    Sie flogen senkrecht nach oben. Mit Daumen und Krallen und allem anderen klammerte er sich an seinen Vater und Luna und Java, alles gleichzeitig. Die Kälte im Fell seines Vaters, die Wärme in Lunas. Sie würden in Stücke gestoßen werden, verbrannt, zu Staub zermahlen.
    Vor ihnen sah er ein rundes Flammenportal und dahinter ein umfangreiches Netzwerk von Gängen, und er verstand, dass dies das Labyrinth der Äste sein musste, das der BAUM über den Himmel spannte.
    „Papi“, sagte er mit seinem wackligen Mund. „Papi?“ „Ich bin hier“, kam die Antwort nahe an seinem Ohr. Sie schossen empor durch das Gewebe der Äste, und irgendetwas zerrte kräftig an Greif, und er wurde von Javas Rücken gerissen. Er spürte, wie ihm das Fell seines Vaters durch die Daumen rutschte. Greif schaute hin und sein Vater war verschwunden.
    „Papi!“
    Er versuchte zu bremsen, um zu sehen, wo er hingekommen war, aber es gab kein Anhalten, keinen Richtungswechsel. Er wurde von der Kraft eines Hurrikans vorangetrieben, und alles, was er tun konnte, war, seinen eigenen Körper zusammenzuhalten.
    „Luna!“, jammerte er, denn er konnte auch sie nicht mehr sehen.
    Er wurde durch einen Ast nach dem anderen geschleudert, hin und her geschoben, geworfen, gedreht, bis er einfach die Augen schloss und die Ohren anlegte, sodass er nicht sehen, nichts hören konnte. Er versuchte, sich an sich selber fest zu halten, er fürchtete, er würde sterben, er fürchtete, er würde nie ...

–22–
Zu Hause
    Zu Hause.
    Goth kreiste über dem Blätterdach des Dschungels, blickte nach unten auf die Ruinen der königlichen Pyramide. Während der langen Monate seit seinem Tod hatte der Regenwald den Haufen verbrannter und zerschmetterter Steine zurückerobert und ihn mit riesigen Farnen eingehüllt, mit Schlingpflanzen, Nebel und Blättern, sodass er beinahe vorbeigeflogen wäre. Dieser Ort war einmal der heilige Tempel von Cama Zotz gewesen und eine Behausung für Millionen von Vampyrum Spectrum.
    Flieg weiter!, flüsterte eine Stimme in seinem Inneren und er flog weiter, nach Süden, tiefer in den Dschungel hinein. Er rastete nur, um aus einem Bach zu trinken und ein Nest voller Ara-Küken zu fressen, und er spürte, wie neue Kraft durch seine Adern strömte. Anfangs, als er in die Oberwelt heraufgebrochen war, hatte er sich schwach wie ein verwundetes Neugeborenes gefühlt. Aber schon der Anblick vertrauter Sternkonstellationen und der Heimat hatte ihn gestärkt.
    Er flog die ganze Nacht durch, und gerade, als die Morgendämmerung heraufzog, erblickte er eine Lücke im nebligen Blätterdach. Er stieß hinab in den Wald und dort befand sich im Schleier des Dschungels eine weitere Pyramide.
    Er musste sich einen Weg durch die Vegetation hacken, um eine Öffnung im oberen Tempel zu finden. Das Innere war ein einziges Nest von Spinnweben. Er hieb sich durch und ließ sich an der Wand nieder. Er sandte Klangstrahlen aus und sah, kaum zu erkennen durch den Staub, gemeißelte Bilder: den Jaguar, die gefiederte Schlange, die Augen, die ihn aus den Ecken der Decke beobachteten.
    Er lenkte sein Echo-Sehen tiefer und dort befand sich auf dem Boden der Kammer eine riesige Steinscheibe. Eilig ließ er sich zu ihr hinabfallen, fegte die vertrockneten Kokons weg, Insektenhüllen und jahrealte Tierkötel, bis die Hieroglyphen vor seinem inneren Auge aufleuchteten. Die Bilder erstreckten sich kreisförmig über die Oberfläche der Scheibe und in Spiralen zu ihrem Mittelpunkt. Sterne, der Mond, Zeichen, die er nicht sofort verstand. Aber er würde sie noch verstehen.
    Er würde den Himmel beobachten, damit er die nächste totale Sonnenfinsternis vorhersagen konnte.
Er würde darauf warten, dass Phönix aus der Unterwelt aufstieg, und sich mit ihr verbinden, um eine neue königliche Familie zu gründen. Und zusammen würden sie schließlich Zotz aus der Unterwelt erheben. Über ihm knarrten Flügel und er drehte sich ruckartig um.
    „Wer ist da?“, brüllte er.
    Eine kleine Gruppe von Vampyrum klammerte sich an eine Ecke der Decke und beobachtete ihn voller Angst. Goth grinste.
    „Wisst ihr, was dies für ein Ort ist?“, fragte er sie. „Nein“, antwortete ein junges Männchen.
    „Dies ist ein Tempel von Cama Zotz und dieser Stein enthält die Zukunft. Habt ihr das gewusst?“
    Sie schüttelten verwirrt den Kopf.
    „Dann hört mir zu“, sagte Goth, „und ich werde euch von eurem Gott erzählen und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher