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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition)
Autoren: Kenneth Oppel
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freundlich.
    „Es ist heiß, fühlst du das nicht? Es wird uns verbrennen!“
    Ihre Angst war so greifbar, dass sie wie ein drittes geflügeltes Tier wirkte, das um sie herumflatterte.
    „Es wird uns nicht verbrennen“, versicherte er ihr. „Es ist der Ort, zu dem wir hinsollen.“
    „Dann flieg du!“
    „Hör zu“, sagte er und zwang sie, ihm direkt in die Augen zu schauen. „Was ist das Schlimmste, das passieren kann?“
    Sie schnaubte ärgerlich. „Wie fliegen nahe heran und verbrennen zu Asche. Wir sterben und sind tot, nicht wie ich es jetzt bin, sondern noch schlimmer. So tot, dass wir nicht mehr sehen oder hören oder reden können. Nur Schmerz empfinden. Immer und ewig.“
    „Das wäre schlimm“, gab er zu. „Aber weißt du was? Ich glaube nicht, dass es so sein wird. Ich wette, es wird ... das Beste sein, was passieren kann!“
    Er wusste nicht, wie er das sagen konnte, noch nicht einmal, ob er selbst daran glaubte. Aber er glaubte, dass er das sagen musste, dass er es laut aussprechen und hoffen musste, dass allein die Worte etwas in Gang setzen würden.
    „Schau es nicht an“, sagte er. „Schließ einfach die Augen.“
    „Ich sehe es trotzdem in meinem Inneren.“
    „Dann schließ auch deine Ohren. Leg sie flach an. Sorge nur dafür, dass deine Flügelspitzen meine berühren, und ich führe dich hin, ja?“
    Nach einem Augenblick nickte sie. „Ich werde es versuchen. Tu du es einfach für mich, ja, Greifchen? Bring mich hin.“
    Er spürte, wie Schmerzen und Müdigkeit durch seinen Körper fegten. Aber kaum Angst. Überrascht wurde ihm das klar. Luna hatte so viel größere Angst als er, dass irgendwie seine eigene Furcht geschrumpft war, vernachlässigt und vergessen, während er sie zu trösten versuchte.
    „Es ist jetzt nicht mehr weit“, sagte er zu ihr. Schwerfällig flog er in das tiefe Tal hinab auf den Baum zu; mit den Flügelspitzen führte er Luna und drängelte sie weiter, wenn sie zögerte.
    Ein heftiger Gegenwind erhob sich, und Schatten konnte kaum verhindern, dass er von ihm zurückgeblasen wurde. Java und den anderen ging es nicht besser. Die Luft pfiff in seinen Ohren. Sie enthielt eine Spur spöttischen Gelächters. Zotz – er stahl ihm die Zeit, machte, dass er sich verspätete. Verzweifelt kletterte und tauchte Schatten und versuchte, eine weniger turbulente Passage zu finden. Er musste an Marina denken, wie sie ihm gezeigt hatte, wie man einen günstigen Luftstrom fand, als sie von ihrer Insel zurück zum Festland geflogen waren. Vor einer Lebensspanne. Jetzt aber wehte der Wind ihm gnadenlos ins Gesicht, wo immer Schatten es versuchte.
    Es war jedoch gar kein Wind, merkte er plötzlich, nur Klangwellen, die von Zotz aufgepeitscht worden waren. Wenn er Steine aus Klang zerbrechen konnte und den Hals eines Gottes, dann sollte er doch auch durch den Wind einen Tunnel graben können.
    „Haltet euch hinter mir!“, rief er den anderen zu, „und bleibt in einer Linie!“
    Er horchte auf den Wind, beobachtete ihn mit seinem inneren Auge; dann brachte er vor sich einen scharfen Keil aus Klang hervor. Die Vorderkante schnitt in den Sturm hinein, sodass dieser über und unter ihn sprühte und vor ihm einen Tunnel aus ruhiger Luft erzeugte. Schatten schoss voran auf dem Sog, der sich so ergab, und pflügte im Flug den Gegenwind von sich weg.
    Ein Freudenschrei kam von Java. „Was du auch getan hast, es gefällt mir!“
    Schatten flitzte über die Landschaft auf eine Hügelkette zu, die von hinten durch das intensive Glühen des BAUMS erleuchtet wurde. Nicht mehr viel weiter, sagte er sich, kaum noch eine wirkliche Entfernung, nur noch ein paar tausend Flügelschläge.
    Er fühlte das Rumpeln genauso, wie er es hörte, und blickte nach unten. Da sah er, wie sich die Erde zu einer gewaltigen Woge aufbäumte und mit ihnen Schritt hielt, während sie oberhalb von ihr weitersegelten. Ein Schädel mit einer Fellkrone brach durch die Oberfläche und schnitt eine massive Furche aus Stein und Dreck.
    „Ist er das?“, kreischte Yorick von hinten.
    Jawohl, dachte Schatten, aber seine ganze Kraft war noch darauf gerichtet, Klang nach vorne zu drücken. Unten überholte sie Zotz, zog an ihnen vorbei in die Hügelkette, wo seine massive Gestalt plötzlich verschwand. Für einen Augenblick herrschte Ruhe. Das Beben in der Luft legte sich. Schatten zählte die Sekunden. Sie näherten sich jetzt dem Fuß der Hügelkette und änderten ihre Flugbahn nach oben auf die Kuppe zu.
    Unter
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