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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition)
Autoren: Kenneth Oppel
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nicht lange gebraucht“, antwortete Luna. „Eigentlich nur ein paar Augenblicke.“
    „Wir haben Zeit“, sagte Nemo. „Sieht nicht so aus, als ob Zotz uns in der Nähe des BAUMS etwas antun könnte.“
    Greif folgte den Blicken der Fledermaus auf die Bergkette, die das Tal umgab. Ihre steinerne Masse bebte zornig, als wolle etwas aus ihnen hervorbrechen, könne es aber nicht.
    Greif stellte sich darauf ein zu warten. Er merkte, wie der Körper seines Vaters allmählich abkühlte; er schien so still, dass Greif daran zu zweifeln begann, er könne sich je wieder beleben.
    Wie konnte diese kalte Hülle etwas von seinem Vater enthalten?
    Schattens Flügel zuckten und Greif schrie auf. „Papi?“
    Langsam öffnete sein Vater die Augen. Lange starrte er Greif an, ohne etwas zu sagen.
    „Ich bin es, Papi. Greif.“
    Sein Vater nickte. „Gut“, sagte er und blickte ihn und Luna an.
    Greif konnte in den müden Augen seines Vaters den Widerschein des Leuchtens sehen, der an ihnen hing. „Ihr beide. Das ist gut.“
    Schatten rührte sich und versuchte, die zerbrochenen Flügel zusammenzubekommen.
    „Schwer“, sagte er. „Alles fühlt sich unglaublich schwer an.“
    „Nur für eine kleine Weile“, erklärte ihm Greif. Er wollte sich nützlich machen, wollte irgendwie die Dinge in Ordnung bringen, obwohl er wusste, dass er dies hier nie in Ordnung bringen konnte. Der Blick seines Vaters wanderte zu den vier Pilgern, mit denen er durch die Unterwelt gereist war.
    „Ihr solltet aufbrechen.“
    „Wir fliegen zusammen“, sagte Java. „Ich kann dich zum BAUM hochheben.“
    „Ich danke euch“, sagte Schatten. „Dass ihr mir geholfen habt, meinen Sohn zu finden.“
    Greif half dabei, seinen Vater auf Javas Rücken zu heben, und kletterte mit Luna neben ihn. Die Flughündin startete mit einem Ächzen.
    Sie stiegen hoch zum Astloch. Greif kauerte sich nahe an seinen Vater. Er wusste nicht, was er sagen sollte. In wenigen Augenblicken würden sie dort sein.
    „Wann ...“, begann er, aber ihm versagte die Stimme, und er konnte nicht fortfahren. Er räusperte sich und versuchte, die zugeschnürte Kehle frei zu machen.
    „Alles wird gut“, sagte sein Vater. „Du und ich, wir können niemals wirklich getrennt sein. Auf die eine oder andere Art werden wir immer zusammenbleiben.“
    Greif nickte, ohne Trost zu empfinden.
    „Du hast ein ganz schönes Abenteuer erlebt“, sagte sein Vater grinsend. „Ich frage mich langsam, ob das nicht ein Versuch war, mich zu übertreffen.“
    Greif konnte nicht einmal lachen. „Mami wird wütend auf mich sein.“
    „Natürlich nicht.“
    „Es ist meine Schuld. Alles. Wenn ich Luna nicht verletzt hätte, wenn ich nicht hier heruntergezogen worden wäre und dich dazu gebracht hätte, mir zu folgen, sodass jetzt ...“
    „Greif. Es war ein Unfall. Du hast dein Bestes getan, und du hast Luna mit dir gebracht, und du hast es zum BAUM geschafft. Ohne meine Hilfe.“
    „Aber ich war nicht mutig!“, platzte er heraus. Er wusste nicht, warum das gerade jetzt so wichtig war, aber so war es. „Ich bin nicht so wie du. Ich bin ein Feigling.“
    „Nein“, sagte sein Vater.
    „Ich habe immer Angst. Immer.“
    „Das ist richtig“, antwortete ihm sein Vater. „Vor etwas Angst haben und es trotzdem tun. Das bedeutet mutig sein.“
    Greif starrte überrascht auf seinen Vater und der presste die Wange an die seines Sohnes. „Ich bin sehr stolz auf dich“, flüsterte der ihm ins Ohr.
    „Bereit?“, fragte Java und blickte über die Schulter zu ihnen zurück.
    „Bereit“, sagte Luna.
    Schatten nickte.
    „Ich glaube“, sagte Greif.
    Die anderen flogen voran, erst Yorick, dann Nemo, dann Smog; sie stürzten auf das Astloch zu und verschwanden so rasch, dass es kaum zu glauben war, dass sie je da gewesen waren. Greif hielt sich stärker fest, als auch Java von dem Sog des Wirbelwinds ergriffen und schnell hineingezogen wurde. Er sah die Schwärze des Astlochs auf sie zurasen, schimmern und dann ...
    Es war schwierig, den Überblick zu behalten. Geschwindigkeit war das, was ihm am meisten bewusst wurde, die zähneklappernde, Augen blendende Geschwindigkeit, als sie durch den brennenden Stamm emporgerissen wurden.
    Sein Sehvermögen, sein Echo-Sehen waren ein wackliges Durcheinander und er konnte nur verschwommene Bilder wahrnehmen. Java, stellte er fest, schlug nicht einmal mehr mit den Flügeln; tatsächlich hatte sie die Flügel an den Körper angelegt. Er wollte schreien wegen der
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